Auch auf dem Gebiet der Einkünfte aus Kapitalvermögen kommt steuerliche Liebhaberei vor. So sind Schuldzinsen, die z. B. für einen Kredit zur Anschaffung von Wertpapieren gezahlt werden, keine Werbungskosten, wenn bei der Anschaffung oder beim Halten der Kapitalanlage nicht die Absicht zur Erzielung eines Gesamtüberschusses besteht.

Ob der Steuerpflichtige in Bezug auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen eine Überschusserzielungsabsicht besitzt, die für jede einzelne Kapitalanlage gesondert zu beurteilen ist,[1] hängt von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-) Prognose über

  • die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, d. h. die mutmaßliche Zeitspanne des Haltens der (konkreten) Kapitalanlage,
  • die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und
  • die in dieser Zeitspanne voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen

ab.[2]

In den Fällen erzwungener Kapitalüberlassungen kommt es letztlich nicht auf die Feststellung der subjektiven Einkünfteerzielungsabsicht an. Maßgebend ist allein die objektive Steigerung der finanziellen Leistungsfähigkeit, d. h. die Frage, ob die Erstattungszinsen nach Abzug des als Werbungskosten zu berücksichtigenden Zinsaufwands bei objektiver (nachträglicher) Betrachtung zu einem Totalüberschuss führen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Darlehenszinsen für eine Finanzierung der Einkommensteuerzahlung 

Schuldzinsen für ein Darlehen, das zur Finanzierung einer Einkommensteuernachzahlung aufgenommen worden ist, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig sein, wenn die Einkommensteuer später wieder herabgesetzt und hierfür steuerpflichtige Erstattungszinsen i. S. d. § 233a AO i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG gezahlt werden. Insoweit liegt ein Fall erzwungener Kapitalüberlassung vor, bei dem es zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Kreditaufnahme und späteren Zinseinnahmen ausreicht, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, eine (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen.[4]

5.1 Überschusserzielungsabsicht

Die bei Verträgen unter fremden Dritten bestehende Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ist im Fall der Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils, für den der Zuwendende hohe Anschaffungskosten getragen hat, nicht alleine wegen eines Freundschaftsverhältnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger als widerlegt anzusehen.[1] In die (Gesamt-)Berechnung dürfen dabei nur Kapitalerträge und Werbungskosten einbezogen werden, nicht aber steuerfreie Veräußerungsgewinne, wie z. B. Spekulationsgewinne, die von § 23 EStG nicht erfasst werden.[2]

Eine Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen liegt danach nicht vor, wenn die Kapitalanlage zwar mit Gewinn veräußert wird, aber die Schuldzinsen nicht durch laufende Erträge gedeckt werden könnten.[3] Dies gilt insbesondere für Finanzierungsaufwendungen von Darlehen, die zinslos an Angehörige vergeben werden.[4] Ob ein Gesamtüberschuss entsteht, muss nicht in dem Jahr feststehen, in dem die Werbungskosten anfallen. Werden in den ersten Jahren der Kapitalanlage ständig Verluste erwirtschaftet, können sie gleichwohl abgezogen werden, wenn die Absicht des Steuerpflichtigen feststeht, insgesamt einen Überschuss zu erzielen. Dies ist nach äußerlich erkennbaren Merkmalen zu beurteilen.[5]

Die Überschusserzielungsabsicht kann auch dann bejaht werden, wenn der Steuerpflichtige neben der Absicht, auf Dauer gesehen einen Überschuss zu erzielen, zugleich die Erwartung oder Hoffnung hat, mit der Kapitalanlage steuerfreie Vermögensvorteile zu erzielen. Dabei ist nicht erforderlich, dass der beabsichtigte Einnahmeüberschuss den voraussichtlichen steuerfreien Vermögensvorteil betragsmäßig übersteigt.[6]

 
Praxis-Beispiel

Fremdfinanzierter Aktienkauf

Keine Überschusserzielungsabsicht liegt vor, wenn absehbar über einen Zeitraum von 12 Jahren erhebliche Verluste entstanden sind und der Steuerpflichtige die Wertpapiere angesichts der Höhe der dabei erzielten Einnahmen über Jahrzehnte hätte halten müssen, um einen Überschuss zu erreichen.[7]

Die Überschusserzielungsabsicht bei einem fremdfinanzierten Aktienkauf ist zu verneinen, wenn die Schuldzinsen die voraussichtliche Rendite der Aktien deutlich übersteigen. Weder eine vom Steuerpflichtigen erwartete Zuwendung aus einem Vermächtnis noch die bloße Erwartung künftiger Renditeerhöhungen stellen konkrete, wirtschaftlich nachvollziehbare Anhaltspunkte dar, die auf Dauer gesehen einen Gesamtüberschuss erwarten lassen.[8]

Werden Devisen mit Kredit angeschafft, können die Schuldzinsen ab dem Zeitpunkt Werbungskosten sein, ab dem der Schuldner den Entschluss zur Erzielung von Kapitalerträgen gefasst hat....

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