In der Praxis finden sich immer wieder Beispiele steigender Leerkosten, die durch Fehlplanungen bedingt sind. Die Kapazität wird erweitert, der Umsatz bleibt aus. Diese Situation ist in ihren Auswirkungen identisch mit den anderen Formen der Entstehung von Leerkosten. Die Auswirkungen sind zwar unerwünscht, aber bekannt. Eine andere Form vergleichbarer Kosten entsteht in vielen Produktionsunternehmen schleichend, ohne dass sie erkannt werden. Aufgrund fehlender Flexibilität kommt es zu Kosten, die zwar nicht mit der klassischen Definition von Leerkosten erklärbar sind, sich wirtschaftlich jedoch identisch verhalten.

Vor allem in der Konsumgüterindustrie splittet sich die Nachfrage in viele kleine Mengen mit individuellen Merkmalen ansonsten identischer Produkte auf. Die gesamte Wertschöpfungskette verlangt kleine Mengen, um die jeweils eigenen Lagerbestände so gering wie möglich zu halten. Kann die Produktion nicht flexibel darauf reagieren, entstehen Aufwendungen, die eine Erhöhung der Gemeinkosten mit sich bringen.

 
Praxis-Beispiel

Mit der Produktion kleiner Mengen steigen die Rüstkosten, die pro hergestelltes Stück anfallen. Fallen pro Umrüstung 1000,00 EUR an Kosten an, verteilten sich diese früher vielleicht auf 1.000 Stück, die in einem Los gefertigt wurden. Zwingt die Nachfrage das Unternehmen dazu, anstelle von 1.000 gleichen Produkten 10 verschiedene mit jeweils 100 Stück anzubieten, steigen die Rüstkosten pro Stück von 1,00 EUR auf 10,00 EUR.

Bei der Produktion kleinerer Mengen kommt es in bestimmten Produktionsprozessen dazu, dass wegen des Ausschusses in der Anlaufzeit höhere Materialkosten entstehen. Diese werden oft unter den direkten Kosten als Ausschussfaktor in der Kalkulation berücksichtigt. Bei Veränderung der Nachfragesituation steigen diese damit ähnlich wie die klassischen Leerkosten. In vielen Fällen erkennt der Kostenrechner den Zusammenhang nicht, weil die Entwicklung schleichend vor sich geht.

Um diesen Problemen zu entgehen, werden trotz kleinerer Nachfrage die gleichen Losgrößen produziert. Dadurch steigen automatisch die Lagerkosten, da die zu viel gefertigten Stücke zur Zwischenlagerung gelangen. Auch dieses Verhalten ist dem der Leerkosten vergleichbar.

Dieser Typ von Leerkosten findet sich in den Gemeinkosten wieder, die bezüglich der Losgrößen in der Produktion fix sind. Für die Kalkulation haben sie identische Auswirkungen wie die definitionsgemäßen Leerkosten. Die Vorschriften zur bilanziellen Bewertung nennen diese Leerkosten nicht explizit und berücksichtigen sie daher in der Regel auch nicht.

 

Erkennen der Leerkosten notwendig

Dem wirtschaftlichen Umfeld kann sich ein Unternehmen nicht entziehen. Nur wenigen kleinen und mittleren Unternehmen gelingt es, sich von der allgemeinen Marktentwicklung abzukoppeln. Gegen den Trend Umsatzzahlen zu halten oder gar auszubauen ist eine großartige Leistung des Managements. Der Normalfall ist jedoch, dass Umsatzrückgänge und Bestellverhalten der Kunden sich auch im Unternehmen wiederfinden. Damit sind viele Kostenrechner in fast allen Branchen mit der Notwendigkeit konfrontiert, Leerkosten zu entdecken und diese korrekt zu behandeln. Nur bekannte Leerkosten können auch effektiv und rechtzeitig bekämpft werden.

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