Rz. 63

Grundsätzlich erfolgt die Identifikation von Leasing über folgendes Schema aus IFRS 16.B31:

Es gibt lediglich Ausnahmen nach IFRS 16.5 ff. für kurzfristige Leasingverhältnisse (maximale Laufzeiten von 12 Monaten gelten, sofern keine Kaufoption vereinbart wurde, IFRS 16.A) oder solche über geringwertige Vermögenswerte. Diese sind nicht in der Bilanz anzusetzen sondern es wird lediglich eine lineare Verteilung der Leasingzahlungen über die Laufzeit gefordert. Geringwertigkeit wird in IFRS 16.B3-B9 an Voraussetzungen geknüpft. Der Gegenstand muss einzeln oder in Verbindung mit bereits verfügbaren Ressourcen genutzt werden und es darf keine Abhängigkeit oder Verknüpfung mit anderen Vermögenswerten vorliegen (etwa Komponente einer Serveranlage). Es ist auf den absoluten Wert des Gegenstandes im Neuzustand abzustellen, unabhängig vom tatsächlichen Alter zu Beginn der Laufzeit. Die Bedeutung für die Geschäftstätigkeit des Leasingnehmers ist ebenso irrelevant für die Beurteilung wie die Größe des Unternehmens, die Art der Geschäftstätigkeit sowie die vorliegenden Umstände des Einzelfalls. Ziel ist damit die Definition von Gegenständen, die gemeinhin als geringwertig angesehen werden, wie etwa Telefone, PCs, Tablets oder Schreibtischstühle. Vom IASB und in der Literatur werden 5.000 $ als Neuwertgrenze der Geringfügigkeit genannt.[1]

Auch Untervermietungen sind nach IFRS 16 zu behandeln. Positiv formuliert kommen als Vermögenswerte, die Gegenstand einer Leasingvereinbarung sind und auf die IFRS 16 anzuwenden ist, vornehmlich Sachanlagen wie Maschinen und Fahrzeuge, bebaute und unbebaute Grundstücke sowie zum Teil auch immaterielle Vermögenswerte in Betracht.

 

Rz. 63a

Die Leasing-Definition betrifft nur direkte Nutzungsüberlassungen. Darüber hinaus sind in der Praxis auch Vertragsgestaltungen anzutreffen, die aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise (substance over form) als Einräumung eines indirekten Nutzungsrechts (verdecktes Leasing) anzusehen sind. Dabei wird formal keine gesicherte Rechtsposition an einer Maschine o. Ä. eingeräumt, sondern stattdessen lediglich ein Vertrag über die Abnahme des Outputs geschlossen. Wirtschaftlich ist dies dem Leasing vergleichbar, wenn der an den Abnehmer gelieferte Output den (überwiegenden) Einsatz bestimmter Maschinen o. Ä. voraussetzt. Es handelt sich hierbei häufig um folgende Maßnahmen:

  • Outsourcing, z. B. von EDV, zur Qualitätssicherung oder Exklusivitätswahrung, z. B. in der Automobilindustrie , oder
  • Bereitstellung von Infrastruktur (Versorgung mit Energie, Wasser etc.), bei denen langfristige Liefer- und Leistungsverträge (sog. pay-on-production oder Take-Or-Pay-Vereinbarungen) mit dem Abnehmer bzw. Käufer geschlossen werden.

Ob derartige Verträge Leasing darstellen, ist ebenfalls Gegenstand von IFRS 16. Die Frage, ob der Vermögenswert explizit oder implizit spezifiziert ist, entscheidet hier über eine Behandlung als Leasing.

[1] Vgl. z. B. Bauer/Gallert, WPg 2016, S. 324.

5.3.1 Identifizierter Vermögenswert

 

Rz. 64

Ein Vermögenswert gilt gem. IFRS 16.B13 als identifiziert, wenn er konkret im Vertrag spezifiziert, also benannt ist, oder aber faktisch durch Zurverfügungstellung durch den Leasinggeber. Ein Zeitraum lässt sich durch kalendarische Konkretisierung, aber auch im Hinblick auf den Nutzungsumfang des Vermögenswerts beschreiben. Eine Option des Leasinggebers zum jederzeitigen und bedingungslosen Austausch des Vermögenswertes ist schädlich für die Charakterisierung als spezifischer Vermögenswert und damit für die Qualifizierung als Leasingverhältnis. Eine schädlich Option liegt vor, wenn die Möglichkeit zum Austausch praktikabel und wirtschaftlich vorteilhaft für den Leasinggeber ist (IFRS 16.B14). Ein kurzfristiger Austausch zwecks Wartung, Reparatur oder Verbesserung ist unschädlich (IFRS 16.B18). Anteile an Vermögenswerten können gem. IFRS 16.B20 nur dann als Leasingobjekt klassifiziert werden, wenn sie physisch getrennte Teile des Gesamten sind, z. B. Etage eines Gebäudes, oder wenn es sich um den wesentlichen Anteil an der Kapazität des Objektes handelt, z. B. Server.

5.3.2 Recht zur Nutzenziehung und Kontrolle

 

Rz. 65

Als Recht zur Nutzenziehung wird das Recht des Leasingnehmers definiert, den Vermögenswert über die Vertragslaufzeit zu kontrollieren und im Wesentlichen komplett zu nutzen. Der Kontrollaspekt setzt voraus, dass der Leasingnehmer über die Art und den Zweck der Nutzung des Vermögenswertes bestimmen kann (Dispositionsfreiheit) und ihm so gut wie alle wirtschaftlichen Vorteile aus dem Vermögenswert zustehen (ökonomischer Nutzen; IFRS 16.B9). Im Rahmen der Dispositionsfreiheit kann etwa über Einsatzzweck, Einsatzzeitpunkt, Einsatzort sowie die abgerufene Menge grundsätzlich frei entschieden werden (IFRS 16.B 25 ff.). Die freie Entscheidung kann aber vertraglich vom Leasinggeber begrenzt sein (IFRS 16.B30). Damit wird dann lediglich der Umfang des Nutzungsrechts definiert und dies gilt nicht als relevante Einschränkung. Das konzeptionelle Grundkonzept für die Identifikation eines Leasingverhältnisses bildet somit das Control-Prinzip...

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