1 Grundlagen des Lageberichts

 

Rz. 1

Der Lagebericht ist ein Instrument der Rechnungslegung, das nach § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB neben dem Jahresabschluss besteht. Er ist eine Ergänzung des Jahresabschlusses, stellt jedoch keinen Bestandteil des Jahresabschlusses dar.

1.1 Generalnorm und Zweck der Lageberichterstattung

 

Rz. 2

Im Lagebericht sollen nach § 289 Abs. 1 HGB der "Geschäftsverlauf, einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft"[1] so dargestellt werden, "dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird".[2] Diese Forderung wird auch als Generalnorm der Lageberichterstattung bezeichnet. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Lagebericht neben dem Rechenschaftszweck zudem Angaben mit Zukunftsbezug enthalten soll, woraus sich der generelle Zweck des Lageberichts, die Informationsvermittlung, ableiten lässt.[3]

[3]

Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 16. Aufl. 2021, S. 760 f.; Lechtape/Krumbholz, BBK Nr. 2 2001, S. 6460. S. "Konzernrechnungslegung (Konzernlagebericht)"; Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 13. Aufl. 2019, S. 587 ff.

1.2 Funktionen des Lageberichts

 

Rz. 3

Trotz der formalen Trennung von Jahresabschluss und Lagebericht besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiden Rechnungslegungsinstrumenten, der durch die beiden Funktionen des Lageberichts verdeutlicht wird:[1]

 

Rz. 4

Zum einen erfüllt der Lagebericht die sogenannte Verdichtungsfunktion. Dabei fasst der Lagebericht die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zur (Gesamt-)Lage des Unternehmens explizit zusammen.

Zum anderen wird durch den Lagebericht die sogenannte Ergänzungsfunktion erfüllt. Diese lässt sich in zeitliche und sachliche Ergänzungsfunktionen aufteilen. Im Rahmen der Erfüllung der zeitlichen Ergänzungsfunktion wird der primär vergangenheitsorientierte Jahresabschluss in Form von zukunftsorientierten Angaben wie beispielsweise Prognosen ergänzt, um ein vollständiges Bild der Gesamtlage des Unternehmens vermitteln zu können. Zur Erfüllung der sachlichen Ergänzungsfunktion beinhaltet der Lagebericht Ergänzungen des Lageberichts um Erfolgsfaktoren des Unternehmens, die nicht im Jahresabschluss, respektive in der Bilanz berücksichtigt werden. Dieses sind beispielsweise Erfolgsfaktoren, die nicht bilanzierungsfähig sind oder die einem Bilanzierungsverbot unterliegen. Beispiele solcher Faktoren sind selbst generierte Marken, schwebende Geschäfte, Komponenten des Firmenwerts sowie Humankapital, Organisationsstruktur oder die Absatzlage. Darüber hinaus erfolgt eine Ergänzung der Berichterstattung um eine Darstellung der wesentlichen Chancen und Risiken des Unternehmens.

[1] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 16. Aufl. 2021, S. 760 ff.; Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 13. Aufl. 2019, S. 587 ff.; Lechtape/Krumbholz, BBK Nr. 2 2001, S. 6460; Kawlath, in Fischer/Hömberg, Monographie Jahresabschluß und Jahresabschlußprüfung, Probleme, Perspektiven, internationale Einflüsse. Festschrift zum 60. Geburtstag für Jörg Baetge, Lagebericht, 1997, S. 202.

2 Grundsätze der Lageberichterstattung

 

Rz. 5

Die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung (GoL) stellen allgemein gültige Anforderungen an den Lagebericht dar, die aufgrund der unbestimmten Rechtsbegriffe in den §§ 289 ff. HGB mögliche Gestaltungsspielräume einschränken sollen und unterstützend für die Konkretisierung der Vorschrift eingesetzt werden. Insbesondere im Deutschen Rechnungslegungsstandard (DRS 20) des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), der erstmalig am 4.12.2012 veröffentlicht und letztmalig am 9.4.2020 überarbeitet wurde, erfolgte eine umfassende Erläuterung der einzelnen Grundsätze:[1]

Die Bezeichnung der einzelnen Grundsätze weicht dabei leicht voneinander ab. Inhaltlich bestehen jedoch weitestgehend Überschneidungen. Den Grundsätzen des DRSC werden nach § 342 Abs. 2 HGB die Rechtsqualität von Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung bezüglich der Konzernrechnungslegung zugesprochen, sobald diese vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz veröffentlicht wurden. Eine ausnahmsweise mögliche Abweichung des Unternehmens von diesen Grundsätzen führt dazu, dass bei einer Pflicht zur Abschlussprüfung der Abschlussprüfer über diese Abweichung im Prüfungsbericht berichten muss. Die Anwendung wird für den Einzelabschluss darüber hinaus empfohlen.

  • Grundsatz der Verlässlichkeit bzw. Richtigkeit, einschließlich Willkürfreiheit und Objektivität,
  • Grundsatz der Vollständigkeit,
  • Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit,
  • Grundsatz der Stetigkeit bzw. Vergleichbarkeit,
  • Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bzw. Wesentlichkeit,
  • Grundsatz der Informationsabstufung nach Art und Größe des Unternehmens,
  • Grundsatz der Ausgewogenheit sowie der
  • Grundsatz der Vermittlung der Sicht der Leitung des Unternehmens.
[1] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 16. Aufl. 2021, S. 762; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss, 26. Aufl. 2021, S. 965 ff.; Lechtape/Krumbholz, Lageberichterstattung, BBK Nr. 2 2001, S. 6460; Müller/Stawinoga, in Müller/Stute/Withus, Handbuch Lagebericht, 2013, S. 32 ff. Die aufgeführte...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge