Rz. 34

In Abhängigkeit der Art der Erfüllung der einzelnen Leistungsverpflichtungen kommen nach IFRS 15 für die Erlösrealisierung 2 alternative Modelle zur Anwendung: die zeitpunkt- und die zeitraumbezogene Umsatzrealisierung. Gem. IFRS 15.38 Satz 1 prüft ein Unternehmen zunächst die Voraussetzungen für eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung, da andernfalls eine zeitpunktbezogene Umsatzrealisierung vorzunehmen ist.

 

Rz. 35

Eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung ist vorzunehmen, wenn eines der in IFRS 15.35 aufgeführten, nachstehend genannten Kriterien zutrifft:

  • der Kunde empfängt und konsumiert fortlaufend die vom Unternehmen geschaffenen Leistungen (z. B. Reinigungsleistungen[1]),
  • das Unternehmen schafft oder erweitert einen Vermögenswert, der sich während des Herstellungs- bzw. Bearbeitungsprozesses bereits in der Verfügungsmacht des Kunden befindet (z. B. Errichtung eines Gebäudes auf einem im Eigentum des Kunden stehenden Grundstück[2]) oder
  • das Unternehmen erstellt einen Vermögenswert ohne alternative Nutzungsmöglichkeit und hat gleichzeitig ein einklagbares Recht auf Zahlung der zum jeweiligen Stichtag erbrachten Leistungen (z. B. speziell auf ein Unternehmen ausgerichtete Consulting-Leistung). Hinsichtlich des Bestehens alternativer Nutzungsmöglichkeiten sind vertragliche und technische Restriktionen zu beachten.[3] Das Recht auf Zahlung der zum jeweiligen Stichtag erbrachten Leistungen umfasst neben dem Kostenersatz entweder eine anteilige Gewinnmarge oder eine angemessene Kapitalverzinsung.[4]
 

Rz. 36

Wie aus der unter Rz. 35 dargestellten Auflistung der Kriterien, die zu einer zeitraumbezogenen Umsatzrealisierung führen, ersichtlich ist, erfüllen Fertigungsaufträge häufig die Voraussetzungen für eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung. Insbesondere auch das unter IFRS 15.35 c) aufgeführte Kriterium der fehlenden alternativen Nutzungsmöglichkeit ist bei spezifischen Kundenwünschen oder auch vertraglichen Ausschlussregelungen einer alternativen Verwendung zumeist erfüllt (vgl. auch Rz. 40). Jedoch muss zu diesem Teilkriterium der fehlenden alternativen Nutzungsmöglichkeit stets auch das Recht auf Zahlung der bis zum jeweiligen Stichtag erbrachten Leistungen vorliegen, um eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung durchführen zu dürfen.

 

Rz. 37

Liegt mindestens eines der in IFRS 15.35 genannten Kriterien vor (insbes. bei Fertigungsaufträgen kann es zu Überschneidungen zwischen dem Kriterium des IFRS 15.35 b) und c) kommen) und kann zugleich der Leistungsfortschritt über den Zeitraum der Erfüllung der Leistungsverpflichtung verlässlich ermittelt werden[5], dann hat das Unternehmen gem. IFRS 15.39 entsprechend dem Fortschritt in der Erfüllung der Leistungsverpflichtung den Umsatz über den Zeitraum bis zur vollständigen Erbringung der Leistungsverpflichtung zu erfassen. Eine bestimmte Methode zur Messung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung gibt IFRS 15 nicht vor. Vielmehr können nach IFRS 15.39 ff. sowohl output- (z. B. Feststellung des Erfüllungsgrads durch externe Gutachter) als auch input-orientierte Methoden (z. B. die in Abhängigkeit der Aufwendungen erfolgende Umsatzrealisierung nach der Cost-to-Cost-Methode) zur Messung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung herangezogen werden.[6] Auf vergleichbare Leistungsverpflichtungen ist unter ähnlichen (Bewertungs-)Umständen dieselbe Methode stetig anzuwenden.[7]

 

Rz. 38

Ist zu einem Bewertungsstichtag eine verlässliche Schätzung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung nicht möglich (z. B. aufgrund des Fehlens notwendiger Informationen zur Schätzung des Leistungsfortschritts in einer frühen Vertragsphase), dann ist die Umsatzrealisierung auf die Höhe der angefallenen (und voraussichtlich wieder erlangbaren) Kosten zu begrenzen.[8] Falls zu einem späteren Zeitpunkt eine verlässliche Schätzung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung möglich ist, ergibt sich zu diesem Zeitpunkt ein Nachholeffekt der Umsatzrealisierung, da dann der dem Erfüllungsgrad der Leistungsverpflichtung zu diesem Zeitpunkt entsprechende kumulative Umsatzbetrag abzüglich der bislang als Umsatzerlöse ausgewiesenen Beträge zu erfassen ist.[9]

 

Rz. 39

Falls keines der unter IFRS 15.35 aufgeführten Kriterien vorliegt und dementsprechend die Leistungsverpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt wird[10], dann findet die Umsatzrealisierung zu dem Zeitpunkt statt, zu dem die Verfügungsmacht über die Güter auf den Kunden übergeht oder das Unternehmen die Dienstleistung erbracht hat.[11] Trotz dieses klaren Bezugs auf das Control-Kriterium und damit die Definition des Vermögenswerts (vgl. auch Rz. 2) ist dieser Zeitpunkt häufig nicht eindeutig festgelegt. Vielmehr soll das Unternehmen u. a. (d. h. nicht abschließend) die in IFRS 15.38 a)–e) aufgeführten Indikatoren bei der Festlegung des Erlösrealisierungszeitpunkts heranziehen[12]:

  • rechtlicher Anspruch auf Erhalt der Zahlung für den Vermögenswert bzw. die Dienstleistung,
  • Übergang des rechtlichen Eigentums auf den...

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