Leitsatz

1. Der Geschäftswert ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit diese nicht auf einzelnen Wirtschaftsgütern oder der Person des Unternehmers beruhen, sondern auf dem Betrieb eines lebenden Unternehmens. Eine Bindung von Kunden an die Person des Unternehmers statt an das Unternehmen kommt auch bei Handelsunternehmen in Betracht, wenn überwiegend der Unternehmer nach außen in Erscheinung tritt und die Mitarbeiter, die Betriebsorganisation oder die Lage des Betriebs für den Erfolg unbedeutend sind.

2. Werden "Kundenstamm und Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" vom Einzelunternehmen an eine neu gegründete, die Geschäfte fortführende GmbH verpachtet, so kann dies steuerlich anzuerkennen sein, wenn es sich beim Kundenstamm und Know-how nicht um den Geschäftswert handelt, sondern um ein oder mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens, die selbstständig übertragen werden können.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 S. 5, § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Das FA ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, dass der Kläger den Geschäftswert seines Landhandels verdeckt in die GmbH eingelegt habe und der Nutzungsüberlassungsvertrag nicht anerkannt werden könne. Es erhöhte daher den Aufgabegewinn des Einzelunternehmens um 400 000 DM.

Das FG wies die Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.05.2006, 12 K 135/02, Haufe-Index 2079130). Der originäre Firmenwert, welcher die einzige wesentliche Betriebsgrundlage bilde, habe nicht von den auf die GmbH übertragenen Wirtschaftsgütern getrennt werden können.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen aufgehoben. Da es sich bei den auf die GmbH übertragenen Wirtschaftsgütern um die Büroeinrichtung, einen Lkw, einen Anhänger sowie einen Pkw und den bei Dritten lagernden Warenbestand handelte, war z.B. schon nicht klar, wie diesen ein Geschäftswert anhaften sollte. Im zweiten Rechtsgang ist zu ermitteln, ob das Einzelunternehmen über einen Geschäftswert verfügte, welchen Wert dieser hatte und ob ggf. durch die "Verpachtung" immaterieller Wirtschaftsgüter eine Betriebsaufspaltung begründet wurde.

 

Hinweis

1. Werden die geschäftswertbildenden Faktoren eines Unternehmens zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis an eine GmbH verkauft, so wird der Geschäftswert dem Unternehmen entnommen, ganz oder teilweise unentgeltlich übertragen und verdeckt in die GmbH eingelegt. Der laufende bzw. der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn des Unternehmens erhöht sich entsprechend.

2. Vorliegend hatte der Kläger das materielle Anlage- und Umlaufvermögen seines Einzelunternehmens an eine von ihm gegründete GmbH veräußert, deren alleiniger Gesellschafter er wurde, und die von da an die Geschäfte führte. Die "Nutzung des Kundenstamms und das Know-how im Hinblick auf die Lieferanten" war der GmbH durch einen "Nutzungsüberlassungsvertrag" für 15 Jahre gegen eine Pacht von ca. 70 000 DM jährlich gestattet. Danach hatte sie den "Vertragsgegenstand" zurückzugeben.

3. Der Geschäftswert ist mit dem Betrieb verwoben, kann grundsätzlich weder separat veräußert noch verpachtet werden und folgt, von Sonderfällen wie der Begründung einer Betriebsaufspaltung oder der Realteilung abgesehen, dem übertragenen Betrieb. Betraf der (zwischen Nahestehenden geschlossene!) "Nutzungsüberlassungsvertrag" also den Geschäftswert, so war er steuerlich nicht anzuerkennen.

4. Ob ein Geschäftswert überhaupt vorhanden war und welcher Wert ihm zukam, bedurfte tatsächlicher Feststellungen. Da diese fehlten, war zunächst zweifelhaft, ob es sich beim "Kundenstamm und ... Know-how" nicht um persönliche Eigenschaften des Klägers handelte: So war nicht ersichtlich, dass ein für die Kundenbeziehungen bedeutsames Geschäftslokal unterhalten wurde oder die Kunden Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen z.B. wegen dessen Firma oder seiner Historie unterhielten. Relativ geringe Aufwendungen für Löhne und Gehälter stellten infrage, ob der Erfolg des Einzelunternehmens nicht nur auf den Kenntnissen des Steuerpflichtigen und seinen persönlichen Beziehungen zu den Kunden beruhte. Eine derartige Bindung von Kunden an die Person des Unternehmers statt an das Unternehmen kommt zwar eher bei personengebundenen Leistungen in Betracht, ist aber auch bei Handelsunternehmen nicht ausgeschlossen.

5. Beim "Kundenstamm und Know-how" konnte es sich (teilweise) auch um ein oder mehrere immaterielle Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens handeln, die – wie z.B. eine Kunden- oder Lieferantenliste (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.1996, I R 128-129/95, Haufe-Index 66143, BStBl II 1997, 546, betreffend Mandantenstamm eines Steuerberaters) – im Gegensatz zu einem Geschäftswert als Gegenstand eines selbstständigen Übertragungsgeschäfts in Betracht kamen und daher auch an die GmbH verpachtet werden konnten.

6. Waren "Kundenstamm und Know-how" (z.T.) selbstständig übertragbar und zugleich wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH, so hätte das – ansonsten inaktiv gewordene – Einzelunternehmen als Besitzun...

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