Rz. 47

Die einfachste outputorientierte Methode ist die direkte Schätzung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung, entweder durch interne oder externe Gutachter. Gerade die interne Schätzung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung durch die unmittelbar Projektverantwortlichen hat sich insbesondere deshalb als kritisch herausgestellt, da zum einen eine solche globale Schätzung die Projektverantwortlichen überfordert und zum anderen bei einer Vielzahl von Projekten das 90 %-Syndrom auftrat, bei dem über weite Teile der Laufzeit des Projekts dieses als bereits "zu 90 % fertig gestellt" klassifiziert wurde.[1]

 

Rz. 48

 

Beispiel 7[2]

In Abwandlung zu Beispiel 5 gelten für die einzelnen Perioden nunmehr folgende Daten:

Zum Ende des Jahres 3 wird durch externe Begutachtung festgestellt, dass sich der Erfüllungsgrad der Leistungsverpflichtung auf 45 % und die Restkosten zur vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung auf 477 Mio. EUR belaufen. Im Jahr 4 fallen zur Erfüllung der Leistungsverpflichtung zurechenbare Kosten i. H. v. 238,5 Mio. EUR an. Zum Ende des Jahres 4 werden ein Erfüllungsgrad der Leistungsverpflichtung von 72,5 % und Restkosten zur vollständigen Erfüllung der Leistungsverpflichtung i. H. v. 238,5 Mio. EUR ermittelt. Im Jahr 5 fallen tatsächlich Kosten i. H. v. 160 Mio. EUR für die vollständige Erfüllung der betreffenden Leistungsverpflichtung an.

 
Bilanz Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5
Vertragsvermögenswert 160 320 360 580  
Forderungen aus LuL         800
Aktive latente Steuern     26,8 26,8  
Passive latente Steuern 12 24      
Steuerverbindlichkeiten         4,6
sonstige Rückstellungen     37,0 18,5  
Gewinnrücklagen 18 36 – 40,2 – 40,2 6,9
GuV          
Umsatzerlöse 160 160 40 220 220
Herstellungskosten 130 130 130 238,5 160
sonstige betriebliche Erträge       18,5 18,5
sonstige betriebliche Aufwendungen     37    
Ergebnis vor Steuern 30 30 – 127 0 78,5
Ertragsteuern 12 12 – 50,8 0 31,4
Periodenergebnis 18 18 – 76,2 0 47,1

Tab. 5: Zeitraumbezogene Erlösrealisierung eines Fertigungsauftrags unter Anwendung der direkten Schätzung des Erfüllungsgrads der Leistungsverpflichtung (Beispiel 7)

Abweichungen zwischen Beispiel 5 und 7 treten erst ab dem Jahr 3 auf. Das Unternehmen erfasst die Differenz zwischen dem kumuliert zum 31.12.03 realisierten Umsatzvolumen (360 Mio. EUR) und dem kumuliert zum Ende des Vorjahres erfassten Umsatzvolumen (320 Mio. EUR) als Umsatz des Jahres 3. Dem Umsatz des Jahres 3 werden die Auftragskosten gegenübergestellt. Zum 31.12.03 ist – im Unterschied zu den vorausgegangenen Abschlussstichtagen – der Kundenvertrag jedoch belastend geworden. Zum 31.12.03 betragen die geschätzten ausstehenden Kosten zur vollständigen Erfüllung des Vertrags 477 Mio. EUR. Demgegenüber ermittelt sich der erwartete wirtschaftliche Nutzen dieses Kundenvertrags aus der Differenz zwischen dem Absatzpreis (800 Mio. EUR) und dem bis zum 31.12.03 bereits realisierten kumulierten Umsatzvolumen i. H. v. 360 Mio. EUR. Zum 31.12.03 ergibt sich damit ein erwarteter zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen i. H. v. 440 Mio. EUR.

IFRS 15 enthält keine besonderen Regelungen für Verträge, die entweder bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder zu einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich zu einem Verlust führen. Hier finden die in IAS 37.66 – 37.69 enthaltenen Regelungen zu den belastenden Verträgen Anwendung (vgl. zum Anwendungsbereich IAS 37.5 g). Sofern Kundenverträge entweder vom Vertragsabschluss an oder zu einem späteren Zeitpunkt belastend bzw. belastend geworden sind, ist eine Rückstellung in Höhe des Differenzbetrags zwischen den unvermeidbaren Kosten des Vertrags und dem erwarteten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vertrag zu bilden.[3] Zum 31.12.03 wird über die Restlaufzeit des Fertigungsauftrags ein Verlust aus dem belastend gewordenen Vertrag i. H. v. 37 Mio. EUR erwartet, der über eine sonstige Rückstellung bilanziell abzubilden ist.

Weiterhin sind die für die Jahre 1 und 2 gebildeten passiven latenten Steuern aufzulösen. Sofern das Steuerrecht eine absatzmarktorientierte Bewertung der Kundenverträge zulässt, ermittelt sich ein vom Absatzmarkt retrograd abgeleiteter Wertansatz per 31.12.03 i. H. v. 323 Mio. EUR (= 800 Mio. EUR Absatzpreis – 477 Mio. EUR noch ausstehende Kosten), der die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Auftragskosten i. H. v. 390 Mio. EUR unterschreitet. Der steuerliche Verlust i. H. v. 67 Mio. EUR kann entweder mit Gewinnen aus anderen Projekten im selben Jahr ausgeglichen werden (horizontaler Verlustausgleich) oder geht in einen steuerlichen Verlustvortrag ein, der dem Grunde nach gem. IAS 12.34 in der IFRS-Bilanz anzusetzen ist.

Zum 31.12.04 ist zunächst die Differenz zwischen dem kumuliert bis zu diesem Zeitpunkt realisierten Umsatzvolumen (580 Mio. EUR = 72,5 % von 800 Mio. EUR) und dem kumuliert bis zum Ende des vorausgegangenen Jahres realisierten Umsatzvolumen (360 Mio. EUR) als Umsatz des Jahres 4 auszuweisen und den korrespondierenden Auftragskost...

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