Rz. 29

Auf der 4. Stufe des Erlösrealisierungsmodells ist der auf der vorherigen Stufe ermittelte Transaktionspreis im Falle des Vorhandenseins mehrerer Leistungsverpflichtungen in einem Vertrag auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen nach Maßgabe des Betrags aufzuteilen, zu dem das Unternehmen im Gegenzug für die Übertragung der im Vertrag versprochenen Güter und Dienstleistungen erwartet berechtigt zu sein.[1]

Praktische Bedeutung hat diese Aufteilung jedoch nur dann, wenn die Erlösrealisierungszeitpunkte der Leistungsverpflichtungen voneinander abweichen und in verschiedene Berichtsperioden fallen.[2] Beispielsweise hat bei einem Hotel die Aufteilung eines Preises für ein All-inclusive-Angebot auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen, wie insbes. Übernachtung, Frühstück, Mittagessen, Abendessen, Getränke(pakete) keine Bedeutung für die Erlösrealisierung nach IFRS 15, da der Erlösrealisierungszeitpunkt der Einzelleistungen am gleichen Tag stattfindet.

 

Rz. 30

Grundsätzlich ist der Transaktionspreis nach dem Verhältnis der relativen Einzelveräußerungspreise der im Vertrag enthaltenen Güter und Dienstleistungen aufzuteilen.[3] Sofern beobachtbar, sind die in separaten Verträgen über die einzelnen Güter bzw. Dienstleistungen tatsächlich erzielten Einzelveräußerungspreise (im Einzelfall sind jedoch auch veröffentlichte Listenpreise in dem Umfang anzupassen, wie eine Einzelveräußerung dieser Güter unter vergleichbaren Umständen an vergleichbare Kunden erfolgt wäre)[4]) zu verwenden.[5]

Falls jedoch vom Unternehmen die im Vertrag enthaltenen Güter und Dienstleistungen nicht separat verkauft werden, so sind die relativen Einzelveräußerungspreise gem. IFRS 15.78 zu schätzen. IFRS 15.79 nennt die folgenden möglichen (Schätz-)Methoden:

  • angepasste Marktpreisbewertung: Schätzung der Einzelveräußerungspreise für die Güter und Dienstleistungen, ggf. unter Verwendung der Preise von Konkurrenten für ähnliche Produkte und unter Berücksichtigung der Kostensituation und Margen des Unternehmens,
  • erwartete Kosten zuzüglich einer Gewinnmarge oder
  • Residualmethode: Vom Transaktionspreis werden die beobachtbaren Einzelveräußerungspreise der anderen im Vertrag enthaltenen Güter und Dienstleistungen abgezogen und somit der Transaktionspreis für die verbliebene Leistungsverpflichtung retrograd ermittelt. Diese Methode darf nur bei einer großen Schwankungsbreite der Einzelveräußerungspreise in vergangenen Markttransaktionen oder bei einer hohen Unsicherheit bezüglich der Höhe des Einzelveräußerungspreises (insbesondere fehlende Einzelveräußerungspreise aufgrund der Neuheit des Produktes) angewendet werden.[6]
 

Rz. 31

 

Beispiel 4[7]

Ein Unternehmen bietet den Kunden bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages über 18 Monate (für Telefonie und Internet) zu einer monatlichen Pauschale von 40 EUR den Erwerb eines Smartphones zu 50 EUR an. Der Einzelveräußerungspreis des Smartphones soll 450 EUR betragen; ein vergleichbarer Mobilfunkvertrag, ohne Erwerb des Smartphones, wird zu einer monatlichen Pauschale i. H. von 20 EUR angeboten.

 
  Einzelveräußerungspreise vertraglich vereinbarte Preise Umsatzerlöse
Smartphone 450,00 EUR 50,00 EUR 427,78 EUR
Mobilfunkpauschale (über Laufzeit) 360,00 EUR 720,00 EUR 342,22 EUR
Summe 810,00 EUR 770,00 EUR 770,00 EUR

Tab. 2: Ermittlung der Umsatzerlöse bei einem Mehrkomponentenvertrag

Da die Einzelveräußerungspreise beider im Mehrkomponentenvertrag enthaltenen Güter bzw. Dienstleistungen beobachtbar sind, ist das aus diesem Vertrag insgesamt vom Kunden erhaltene Entgelt (770 EUR) nach Maßgabe der Einzelveräußerungspreise auf die Komponenten aufzuteilen. Dementsprechend ermittelt sich z. B. der auf die Übertragung des Smartphone zu erfassende Umsatz als Produkt aus dem Einzelveräußerungspreis (450 EUR) und dem Quotienten des Transaktionspreises für den Mehrkomponentenvertrag zu der Summe der Einzelveräußerungspreise seiner Komponenten (770 EUR/810 EUR = 0,95062) und somit zu 427,78 EUR.[8]

Unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen mit einem Kunden am 1.10.01 einen kombinierten Vertrag über den Verkauf eines Smartphones mit einem solchen Mobilfunkvertrag über 18 Monate abschließt, ergeben sich bei planmäßiger Zahlung der vereinbarten Entgelte durch den Kunden für die Jahre 01–03 folgende Buchungen:

Buchung bei Verkauf des Smartphones am 1.10.01:

Bank

50,00 EUR

Vertragsvermögenswert

377,78 EUR

an Umsatzerlöse

427,78 EUR

In den folgenden 18 Monaten erfasst das Unternehmen jeweils folgende Buchung:

Bank

40,00 EUR

an Umsatzerlöse

19,01 EUR

an Vertragsvermögenswert

20,99 EUR

Zum Ende des Jahres 01 weist das Unternehmen aus diesem Kundenvertrag einen Vertragsvermögenswert i. H. v. 314,81 EUR aus. Zum 31.12.02 geht der Vertragsvermögenswert auf 62,93 EUR zurück. Zum Vertragsende (31.3.03) ist der Vertragsvermögenswert dann Null.

 

Rz. 32

Überschreitet die Summe der Einzelveräußerungspreise der in einem Mehrkomponentenvertrag enthaltenen Güter und Dienstleistungen den Gesamtpreis, so ist die Differenz grundsätzlich wertprop...

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