Rz. 105

Die Veräußerung eines ohne Vorsteuerabzugsrecht erworbenen, dem Unternehmen zugeordneten Kfz ist umsatzsteuerpflichtig.[1] Dies gilt hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils auch bei Beschränkung der Zuordnungsentscheidung auf diesen Teil, denn der Umstand, dass der Steuerpflichtige das Kfz für Zwecke seines Unternehmens (gebraucht) von einem Nicht-Steuerpflichtigen (Privatperson) erworben hat und daher nicht die auf ihm lastende (restliche) Vorsteuer abziehen konnte, ist für die Steuerpflicht der Veräußerung ohne Bedeutung.[2]

Die Entnahme eines nicht mit Vorsteuer belasteten Kfz führt dagegen nicht zur Besteuerung nach dem Eigenverbrauch.[3] Nur für den Fall, dass in das Fahrzeug Bestandteile unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs eingegangen sind, unterliegen bei einer Entnahme des Kfz nur diese Bestandteile insgesamt der Umsatzsteuer.[4] In Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 27.6.1989[5] wird das Besteuerungsverbot nicht berührt von Aufwendungen für den Gebrauch und die Erhaltung des Kfz, die der Unternehmer mit Berechtigung zum Vorsteuerabzug beansprucht hat, denn solche Aufwendungen berühren weder das Kfz selbst noch führen sie zur Anschaffung/Herstellung eines Bestandteils.

 

Rz. 106

Zur Frage, was sich hinter dem Begriff des Bestandteils verbirgt, was bei Vorliegen eines Bestandteils als Entnahme aus dem Unternehmen der Besteuerung unterliegt und ob gegebenenfalls der Vorsteuerabzug für die in Anspruch genommenen nicht verbrauchten Gegenstände zu berichtigen ist, hatte der BFH 2 Vorlagebeschlüsse[6] an den EuGH gerichtet.

Der EuGH hat auf die Vorlagefragen des BFH mit Urteil vom 17.5.2001[7] zur Besteuerung des Restwerts von Bestandteilen eines zu Privatzwecken entnommenen vorsteuerbelasteten Pkw mit vorsteuerentlasteten Bestandteilen wie folgt entschieden: Ein Steuerpflichtiger, der einen ohne Vorsteuerabzug erworbenen Pkw, der nach seiner Anschaffung Gegenstand von Arbeiten war, für die die Mehrwertsteuer abgezogen wurde, zu unternehmensfremden Zwecken entnimmt, hat die geschuldete Mehrwertsteuer nur für die vorsteuerentlasteten Bestandteile zu entrichten. Im Falle einer nach Art. 16 MwStSystRL steuerpflichtigen Entnahme eines ohne Vorsteuerabzug erworbenen Pkw, an dem Arbeiten ausgeführt worden sind, die zum Vorsteuerabzug berechtigt und zum Einbau von Bestandteilen geführt haben, ist die Bemessungsgrundlage unter Bezugnahme auf den im Entnahmezeitpunkt geltenden Preis (Restwert) für diejenigen in den Pkw eingegangenen Gegenstände zu bestimmen, die Bestandteile des entnommenen Fahrzeuges i.  S.  v. Art. 16 MwStSystRL sind. Der aufgrund von vorsteuerentlasteten Arbeiten nach der Anschaffung beanspruchte Vorsteuerabzug ist Gegenstand einer Berichtigung, wenn die Arbeiten nicht zur Mehrwertsteuerpflicht bei der Entnahme des Pkw geführt haben und ihr Wert nicht im Rahmen der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen vor der Überführung des Pkw in sein Privatvermögen verbraucht worden ist.

In Abschn. 3.3 Abs. 2 Satz 3 UStAE wird dargelegt, was unter Bestandteilen i.  S.  d. o. g. EuGH-Urteils zu verstehen ist: Es sind Gegenstände, die aufgrund ihres Einbaus ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verlieren und zu einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung (des Kfz) führen. Nicht dazu gehören sonstige Leistungen einschließlich derjenigen, für die zusätzlich kleinere Lieferungen von Gegenständen erforderlich sind. Der BFH geht nur dann von einer dauerhaften, im Zeitpunkt der Entnahme nicht vollständig verbrauchten Werterhöhung aus, wenn der Einbau eines Bestandteils nicht lediglich zur Werterhaltung des Gegenstands beigetragen hat.[8] Wenn die Aufwendungen für den Einbau von Bestandteilen unter 20 % der Anschaffungskosten (des Kfz) oder unter 1.000 EUR liegen (= Bagatellgrenze), kann auf eine Besteuerung der Bestandteile bei der Entnahme gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 UStG verzichtet werden, da in diesem Fall keine dauerhafte Werterhöhung angenommen wird.[9] Werden in einen Vermögensgegenstand mehrere Bestandteile in einem zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang eingebaut, ist für jeden einzelnen Einbau die Bagatellgrenze zu prüfen. Bei Überschreiten der Bagatellgrenzen soll die Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtige Entnahme (= Einkaufspreis im Zeitpunkt der Entnahme[10]) unter Heranziehung anerkannter Marktübersichten (z.  B. sogenannte "Schwacke-Liste" oder vergleichbare Übersichten von Automobilclubs) ermittelt werden. In der Praxis lässt sich bei gebrauchten Fahrzeugen i.  d.  R. kein derartiger Restwert für (nachträglich) eingebaute Bestandteile feststellen. Eine Besteuerung wird daher regelmäßig unterbleiben.

[1] FG Köln, Urteil v. 14.4.1999, 11 K 5399/95. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG kommt nicht in Betracht, wenn der Unternehmer steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze erzielt hat und der Pkw daher einer gemischten Tätigkeit diente.

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