Rz. 21

Eine erste abschlusspolitische Stellschraube bei der Bestimmung des Konsolidierungskreises resultiert aus der Frage, wann ein Tochterunternehmen vorliegt. Sowohl nach IFRS als auch nach HGB wurden hier Verschärfungen dahingehend vorgenommen, dass nun auch einzig auf eine wirtschaftliche Betrachtung abzustellen ist, um etwa Zweckgesellschaften einbeziehen zu müssen.[1] Dennoch sind weiterhin viele Konzernverbindungen nicht erfasst, wie etwa Gleichordnungskonzerne oder Personalunionen. Hier ist ein regelrechtes Hase- und Igel-Spiel zu beobachten. Kaum hatte der deutsche Gesetzgeber die Definition von Zweckgesellschaften aus SIC 12 ins HGB übernommen, entstanden in der Praxis gestufte Zweckgesellschaften, die die Kriterien damit wieder aufweichten, dass in einer Gesellschaft mehrere "Zwecke" verschiedener Unternehmen zusammengefasst wurden. Daraufhin hat das IASB mit dem aktuellen IFRS 10 reagiert, indem nun auch sog. Silos, d. h. abgrenzbare Vermögenswerte und Schulden auch ohne rechtliche Hülle, als Tochterunternehmen zu konsolidieren sind. Dies verdeutlicht, dass hier erhebliche Spielräume sind, die von den Rechnungslegungssystemen aber immer wieder durch Anpassung der Vorschriften eingeengt werden. Gleichwohl bleiben viele Beurteilungen, ob eine Beherrschungsmöglichkeit besteht und damit ein Tochterunternehmen vorliegt, ermessensbehaftet.

 

Rz. 22

Gemäß § 294 HGB und IFRS 10.19 bzw. IFRS 10.B86 sind grundsätzlich alle Unternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen (Weltabschlussprinzip). Allerdings existieren nach § 296 HGB Wahlrechte zur Einbeziehung bei

  • Einschränkungen der Beherrschungsmöglichkeit (§ 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB), was nach IFRS zu einem Bilanzierungsverbot führt,
  • unverhältnismäßig hohen Kosten und Verzögerungen der notwendigen Datenbeschaffung (§ 296 Abs. 1 Nr. 2 HGB), was nach IFRS höchstens im Rahmen der Kriterien nach RK.2.39–43 denkbar wäre und dann ebenfalls zu einem Konsolidierungsverbot führt,
  • Weiterveräußerungsabsicht (§ 296 Abs. 1 Nr. 3 HGB), was nach IFRS zu einer Klassifikation nach IFRS 5 und einer speziellen Einbeziehung führen würde,
  • in Summe unwesentlichen Tochterunternehmen (§ 296 Abs. 2 HGB), was nach IFRS ebenfalls mit den Kriterien des RK.2.39–43 übereinstimmt sowie nach IAS 1.29–31 und IAS 8.8 möglich ist.

Werden die Wahlrechte in Anspruch genommen, ist dies im Konzernanhang zu begründen (§ 296 Abs. 3 HGB).

 

Rz. 23

Hinzu kommen Wahlrechte bezüglich der Art der Einbeziehung von Gemeinschaftsunternehmen, quotal gem. § 310 HGB oder als assoziiertes Unternehmen gem. § 311 HGB und damit "at equity".[2] Nach IFRS wurde dieses ebenfalls in IAS 31 verankerte Wahlrecht mit dem ab den Geschäftsjahren 2014 anzuwendenden IFRS 11 abgeschafft, da Gemeinschaftsunternehmen nun nur noch nach der Equity-Methode abzubilden sind.[3]

 

Rz. 24

Durch Ausnutzung der Wahlrechte zum Konsolidierungskreis kann zum einen auf die Höhe einzelner Positionen in der Konzernbilanz und der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung Einfluss genommen werden, die damit Auswirkungen auf Bilanzkennzahlen haben. Zum anderen können im Extremfall die Größenkriterien nach § 293 HGB unterschritten werden, sodass ein Unternehmen überhaupt nicht konzernrechnungslegungspflichtig wird, was theoretisch auch für den IFRS-Konzernabschluss deutscher Unternehmen zutrifft, da die grundsätzliche Pflicht zur Konzernbilanzierung für diese Unternehmen stets aus dem HGB abzuleiten ist.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge