Rz. 19

Zentral ist bei der Identifikation eines Tochterunternehmens die Konkretisierung der Beherrschung (Control-Konzept), die nach IFRS 10 zu erfolgen hat und für die Bestimmung des Konsolidierungskreises von entscheidender Bedeutung ist. Die Regelung fasst das Konzept für Tochterunternehmen und das spezielle Konzept für Zweckgesellschaften in SIC 12 zusammen, wobei die Komplexität der Darstellung aus dem Umstand resultiert, dass auch viele denkbaren Sonderfälle mit einbezogen wurden. Damit erscheint die Definition nach IFRS 10 Anhang A "Ein Investor beherrscht ein Beteiligungsunternehmen, wenn er schwankenden Renditen aus seinem Engagement in dem Beteiligungsunternehmen ausgesetzt ist bzw. Anrechte auf diese besitzt und die Fähigkeit hat, diese Renditen mittels seiner Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen zu beeinflussen" für die vielen Normalfälle als sehr sperrig. Daher ist die Frage der Beherrschungsmöglichkeit ("Control ") nach IFRS 10 anhand folgender 3 Kriterien zu klären:

  • Entscheidungsgewalt eines Unternehmens aufgrund einer Rechtsposition auf die relevanten Aktivitäten einer untergeordneten Einheit, in die investiert wird (investee, Beteiligungsunternehmen; Power),
  • Anspruch auf Ergebnisbestandteile (Ergebnisvariabilität) und
  • Gewinn-/Verlustbeteiligungsmöglichkeit (Verbindung von Entscheidungsgewalt und Ergebnisanspruch).
 

Rz. 20

Die Entscheidungsgewalt impliziert weiterhin nur die Möglichkeit, diese auszuüben. Die Beherrschungsmöglichkeit ist somit für die Einbeziehung in den Konsolidierungskreis ausreichend. Besteht keine Möglichkeit der Beherrschung bzw. ist diese eingeschränkt, etwa in Fällen, in denen nach § 296 Abs. 1 Nr. 1 HGB ein Einbeziehungswahlrecht bestehen würde, ergibt sich nach IFRS ein Einbeziehungsverbot.

 

Rz. 21

Mit dem Begriff des Beteiligungsunternehmens sind einerseits Gesellschaften als rechtliche Einheiten gemeint, andererseits sollen aber auch "Silo-Strukturen" hierunter fallen (IFRS 10.B76).[1] Silos sind abgrenzbare, verselbständigte Teile einer rechtlichen Einheit, z. B. Zweckgesellschaften. Konkret könnte es sich etwa um Leasingobjektgesellschaften handeln, die unter einer rechtlichen Hülle mehrere Leasingobjekte zusammenfasst, die jeweils getrennt finanziert werden, vertraglich Zugriffe anderer Finanziers ausschließen und unterschiedlichen Mutterunternehmen zuzuordnen sind. Der Begriff des Beteiligungsunternehmens ist insofern unglücklich gewählt, als dies einen Anteilserwerb impliziert. Dieser ist aber für die Beherrschung nicht erforderlich, es reicht, dass das Mutterunternehmen in welcher Weise auch immer involviert ist und die Beherrschung ausüben kann bzw. könnte.[2]

 

Rz. 22

Im Weiteren ist der Begriff der relevanten Aktivitäten zu klären, da dieser für die Bestimmung der Entscheidungsgewalt Voraussetzung ist.[3] Nach IFRS 10 Anhang A kann dann von einer relevanten Aktivität ausgegangen werden, wenn sie sich signifikant auf das Ergebnis des Beteiligungsunternehmens auswirkt. Dies betrifft zunächst das breite Spektrum der Aufgaben der Geschäftsführung, z. B. mit der Budgetfestsetzung, sowie die Entscheidungen über Bestellung und Abberufung des Managements. Aber auch die zielgerichtete Gestaltung und Steuerung der für den Bestand und den andauernden Erfolg eines Unternehmens notwendigen Bereiche, wie etwa "Forschung und Entwicklung", "Beschaffung und Lagerhaltung", "Distribution", "Personal" oder "Finanzwesen", sind hierunter zu subsumieren. Nach IFRS 10.B16 erfordern diese Einwirkungen regelmäßig Stimmrechte oder vergleichbare Rechte, wie Organbesetzungsrechte oder Beherrschungsverträge. Denkbar sind in diesem Zusammenhang auch zunächst Franchiseverträge, wobei es bei diesen dann häufig an der Erfüllung der weiteren Voraussetzung mangelt. IFRS 10.B17 schränkt die Entscheidungsgewalt jedoch dahingehend ein, dass primär administrative Dinge, wie etwa die Durchführung der Rechnungslegung, das Management werthaltiger Debitoren usw. bei gleichzeitig bestehender Vorherbestimmung der übrigen Aktivitäten der Gesellschaft durch Verträge, nicht als relevant eingeschätzt werden. In diesen Fällen (i. d. R. Zweckgesellschaften) ist nach IFRS 10.B5-8 auf die Zwecke und Struktur des Beteiligungsunternehmens abzustellen. Somit sind die Beeinflussungsmöglichkeit und die insgesamt mit dem Beteiligungsunternehmen zusammenhängenden Chancen und Risiken zu prüfen. Außerdem wird so sichergestellt, dass nur immer ein Mutterunternehmen für eine Einheit existieren kann. Im Ergebnis bleibt es jedoch bei der mit dem IFRS 10 eigentlich durch die einheitliche Definition nicht mehr relevanten Unterscheidung zwischen normalen Tochterunternehmen und Zweckgesellschaften zumindest bei der Control-Bestimmung.

 

Rz. 23

Während die Rechtsposition für die Entscheidungsmacht bei Beherrschungsverträgen oder Organbesetzungsrechten unstrittig sein dürfte, ergeben sich bezüglich der Stimmrechte immer wieder Probleme. Nach IFRS 10.B36 wird eine substanzielle Stimmrechtsmehrheit gefordert, die nicht vorliegt...

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