Rz. 16

Deutsche Mutterunternehmen sind zur Konzernrechnungslegung verpflichtet, wenn sie die in § 290 Abs. 1 HGB oder § 11 Abs. 1 PublG genannten Bedingungen erfüllen. § 290 HGB bestimmt die grundsätzliche Pflicht zur Konzernrechnungslegung bei Vorliegen der Voraussetzungen zunächst nur für Mutterunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft sowie über Verweis in § 264a HGB u. a. auf den 2. Unterabschnitt mit dem § 290 HGB auch zur Einbeziehung der Personenhandelsgesellschaften ohne persönlich haftende natürliche Person. Sonstige Personengesellschaften sind durch § 290 HGB nicht zur Konzernrechnungslegung verpflichtet.

Allerdings gilt in § 11 PublG die gleichlautende Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn ein Unternehmen mit Sitz im Inland unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann und wenn für 3 aufeinanderfolgende Konzernabschlussstichtage jeweils mindestens 2 der 3 folgenden Merkmale zutreffen:

  • Die Bilanzsumme einer auf den Konzernabschlussstichtag aufgestellten Konzernbilanz übersteigt 65 Mio. EUR.
  • Die Umsatzerlöse einer auf den Konzernabschlussstichtag aufgestellten Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag übersteigen 130 Mio. EUR.
  • Die Konzernunternehmen mit Sitz im Inland haben in den 12 Monaten vor dem Konzernabschlussstichtag insgesamt durchschnittlich mehr als 5.000 Arbeitnehmer beschäftigt.

In § 11 Abs. 6 PublG wird dann direkt auf § 290 Abs. 25 HGB verwiesen, sodass es nunmehr zu einer Angleichung der Vorschriften zur Begründung einer Konzernrechnungslegungspflicht gekommen ist.[1] Über die PersG hinaus gilt der § 11 PublG auch etwa für eingetragene Genossenschaften.

 

Rz. 17

Allen diesen Unternehmen ist gemein, dass sie ihren Sitz im Inland haben müssen, um zur Konzernrechnungslegung verpflichtet werden zu können. Als Sitz ist gem. § 24 BGB im Regelfall der Ort anzunehmen, an dem die Hauptverwaltung geführt wird.

 

Rz. 18

Die in § 290 HGB sowie in § 11 PublG verwendeten Begriffe Mutter- und Tochterunternehmen drücken dabei aus, dass ein hierarchisches Verhältnis zwischen den Unternehmen besteht. Dies hat zur Konsequenz, dass ein Mutterunternehmen, das seinerseits wieder Tochterunternehmen eines anderen Mutterunternehmens ist, grundsätzlich dazu verpflichtet ist, für den ihm untergeordneten Teil einen (Teil-)Konzernabschluss aufzustellen und in diesen die eigenen Tochterunternehmen einzubeziehen, sofern die eingeräumten Befreiungsmöglichkeiten keine Anwendung finden. Ein Mutter-Tochter-Verhältnis leitet sich aus dem Beherrschungskonzept ab (§ 290 Abs. 1 HGB), das dem Control-Konzept weitgehend entspricht. Dabei sieht der Gesetzgeber den Begriff "Kontrolle" vom Begriff "beherrschender Einfluss" umfasst.[2] Mit dieser erweiterten und an den inzwischen durch IFRS 10 geänderten IAS 27.4 (rev. 2008) und SIC 12 angeglichenen Definition des Mutter-Tochter-Verhältnisses wird eine Erweiterung des Konsolidierungskreises auf bestimmte Ausprägungen sog. "Zweckgesellschaften" erreicht.[3] Trotz der Angleichung erfolgt dabei aber keine Übernahme der – inzwischen auch bereits fortentwickelten[4] – Regelungen der international anerkannten Rechnungslegungssysteme. Ausgangspunkt der Betrachtung sind daher der Wortlaut des HGB und die relevante Regelung der EU-Richtlinie über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen – Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013[5] und erst dann kann auf die IFRS zurückgegriffen werden.

 

Rz. 19

Auf eine tatsächliche Ausübung des beherrschenden Einflusses kommt es nicht an, es reicht die Möglichkeit. Nach der Gesetzesbegründung ist ein beherrschender Einfluss dann anzunehmen,

  • wenn ein Unternehmen die Möglichkeit hat, die Finanz- und Geschäftspolitik eines anderen Unternehmens dauerhaft zu bestimmen, und
  • es aus dessen Tätigkeit Nutzen ziehen kann.[6]

Dies setzt nach DRS 19.6 auch die Fähigkeit zur Durchsetzung der wesentlichen Entscheidungen in bedeutenden Unternehmensbereichen (z. B. Produktion, Vertrieb, Investition, F&E, Personal, Finanzierung) bei diesem Unternehmen voraus.

Im Gegensatz zum alten IAS 27.4, in dem diese Definition fast wortgleich zu finden war, zielt der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung auf eine dauerhafte Beherrschungsmöglichkeit ab, obwohl dies weder direkt noch indirekt, etwa als notwendige Bedingung in Form des Vorliegens einer Beteiligung, im Wortlaut des § 290 HGB vorkommt. Als Finanz- und Geschäftspolitik eines Unternehmens können die zielgerichtete Gestaltung und Steuerung der für den Bestand und den andauernden Erfolg eines Unternehmens notwendigen Bereiche, etwa bei "Forschung und Entwicklung", "Beschaffung und Lagerhaltung", "Distribution", "Personal" oder "Finanzwesen", angesehen werden. Das Kriterium der Nutzenziehung ist mangels weiterer gesetzlicher Beschreibung in Anlehnung an IAS 27.4 dual zu verstehen: einerseits bei...

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