Rz. 13

Die pflichtgemäße oder freiwillige Umstellung der Rechnungslegung von HGB auf IFRS stellt einen komplexen Prozess dar, der von Unternehmen nicht unterschätzt werden sollte. Es handelt sich dabei nicht nur um eine Anpassung des Zahlenwerkes, sondern um eine Umstellung des gesamten Rechnungswesens.[1] Bei der Umstellung der Buchführungsmethodik sind grundsätzlich die folgenden 4 Fragen zu beantworten:

  • Soll die originäre Buchführung nach HGB oder IFRS erfolgen?
  • Welche Methode zur Überleitung ist zu wählen?
  • Wird eine extra Kontenklasse oder ein extra Buchungskreis als Möglichkeit der Überleitung genutzt?
  • Welche Anpassungen müssen an den Kontenrahmen vorgenommen werden, um die Anforderungen eines IFRS-Abschlusses zu erfüllen?[2]
[1] Vgl. Dräger, Umstellung auf die Rechnungslegung nach IFRS, 2006, S. 436.
[2] Vgl. Kirsch, Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 2017, S. 375.

4.1 Originäre Finanzbuchführung nach HGB oder IFRS

 

Rz. 14

Da Unternehmen mit Sitz in Deutschland z. B. für Ausschüttungszwecke zurzeit (noch) verpflichtet sind, einen Einzelabschluss nach HGB aufzustellen, müssen bei Einführung der IFRS 2 getrennte Bewertungsbereiche in der Finanzbuchhaltung vorgehalten werden. Mit den heutigen EDV-Programmen sollte die Verwaltung zweier Bewertungsbereiche grundsätzlich kein Problem mehr darstellen.

Das Führen von 2 Bewertungsbereichen bedeutet dabei nicht, dass alle Buchungen doppelt zu erfassen sind. In Kapitel 4.2 werden Methoden der Überleitung von HGB nach IFRS oder von IFRS nach HGB vorgestellt. Zunächst muss jedoch entschieden werden, ob die originäre Erfassung der anfallenden Geschäftsvorfälle im Unternehmen nach HGB oder IFRS zu erfassen sind.[1]

[1] Vgl. Lüdenbach, IAS/IFRS, 2004, S. 368.

4.1.1 Originäre Finanzbuchführung nach HGB

 

Rz. 15

Wird die originäre Finanzbuchführung nach HGB durchgeführt, so erfolgt in einem zweiten Bewertungsbereich, z. B. eigene Kontenklasse oder separater Buchungskreis, die Überleitung nach IFRS. Dieses Vorgehen hat folgende Vorteile:

  • Durch den Aufbau auf einem bestehenden System entsteht ein geringerer Anpassungsbedarf,
  • die Mitarbeiter der Finanzbuchhaltung müssen keine Umstellung ihrer Arbeitsweise vornehmen,
  • nur die Mitarbeiter, die für die Überleitungsrechnung zuständig sind, müssen IFRS-Fachwissen vorweisen,
  • es müssen bei Beginn des Geschäftsjahres, bei dem der erste vollständige Abschluss nach IFRS vorgenommen wird, noch nicht alle Konten definiert sein, da die Überleitungsrechnung i. d. R. erst nach Ablauf des Geschäftsjahres erfolgt und
  • aufgrund der Kopplung von Handelsbilanz und Steuerbilanz entsteht ein geringerer Aufwand.[1]
[1] Vgl. Kirsch, Umstrukturierung der Finanzbuchhaltung, 2002, S. 2219.

4.1.2 Originäre Finanzbuchführung nach IFRS

 

Rz. 16

Erfolgt die originäre Finanzbuchführung nach IFRS, so ist ein an diese Erfordernisse angepasster Kontenplan zu entwickeln. Die anfallenden Geschäftsvorfälle werden in den IFRS-Konten des ersten Bewertungsbereichs gebucht. Über einen zweiten Bewertungsbereich erfolgt die Überleitung nach HGB. Dieses Vorgehen hat folgende Vorteile:

  • Es ist nur einmal am Ende des Geschäftsjahres, aus Gründen der externen Berichterstattung, eine Überleitung auf HGB erforderlich. Bei der primären Buchführung nach deutschem Handelsrecht müssen z. B. börsennotierte Unternehmen quartalsweise eine Überleitung nach IFRS durchführen;
  • bei der primären Buchführung nach IFRS müssen bei der Überleitung nach HGB weniger neue Konten im zweiten Bewertungskreis gebildet werden, da die Informationsanforderungen an die IFRS recht umfassend sind;
  • internationale Konzerne haben die Vorgabe, einen einheitlichen IFRS-Konzernkontenplan zu bilden;
  • besserer internationaler Vergleich von Controlling-Daten.[1]

Deutsche Unternehmen, die international tätig sind, entscheiden sich meistens zugunsten der originären Buchführung nach IFRS.

[1] Vgl. Kirsch, Umstrukturierung der Finanzbuchhaltung, 2002, S. 2219 f.

4.2 Methoden der Überleitung zwischen HGB und IFRS

 

Rz. 17

Für die Überleitung kann zwischen 3 Methoden gewählt werden:

  • Reine Differenzbuchung
  • Buchung von Originalwerten
  • Modifizierte Differenzbuchung
 

Rz. 18

Bei der reinen Differenzbuchung sind 2 Bewertungsbereiche erforderlich. Im ersten wird die Buchführung entweder nach HGB oder IFRS durchgeführt. Im zweiten Bewertungsbereich erfolgt die Buchung der Differenzen zwischen den beiden Rechnungslegungsnormen. Den Jahresabschluss des ersten Bewertungsbereiches erhält man durch das Auslesen von dessen Bilanz und GuV. Durch die Verbindung beider Bewertungsbereiche erhält man den Jahresabschluss des zweiten Bewertungsbereiches. Zu den Vorteilen der reinen Differenzbuchungen zählen die einfache Realisierbarkeit der Überleitung und eine geringe Fehlerauswirkung bei der vollständigen Erfassung der Differenzen. Als Nachteil ist ein erhöhtes Fehlerpotenzial bei der Berechnung der Differenzen zu nennen; weiterhin haben die Differenzen isoliert betrachtet keinen Aussagegehalt.[1]

Abb. 6: Buchungen von reinen Differenzen bei der Erzeugung von HGB- und IFRS-Jahresabschlüssen[2]

 

Rz. 19

Bei der Buchung von Originalwerten werden zuerst die zu buchenden Konten ermittelt, die nach HGB und IFRS unterschiedlic...

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