Leitsatz

Ein das Kindergeld ausschließender Unterhaltsanspruch der aufgrund der Geburt ihres Kindes das Hochschulstudium unterbrechenden Tochter ergibt sich nicht aus § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn sich nach der Geburt ihre Situation nicht ändert, sie weiterhin keiner Erwerbstätigkeit nach geht, ihr Studium fortsetzt und ihren Unterhalt vom BAföG bestreitet. Kindergeld können Eltern eines verheirateten Kindes nur erhalten, wenn sie weiterhin für das Kind aufkommen (sog. Mangelfall). Das ist der Fall, wenn die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners unterhalb des steuerrechtlichen Existenzminimums liegen.

 

Sachverhalt

Die im Jahr 1986 geborene Tochter der Klägerin ist seit Sept. 2010 verheiratet und seit 8.4.2009 Mutter eines Kindes. Sie befand sich seit Sept. 2009 wieder in Ausbildung. Die FK hob die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum von Jan. 2010 bis Okt. 2010 auf, weil der andere Elternteil des Kindes zum Unterhalt verpflichtet sei. Für den Zeitraum Nov. 2010 bis April 2011 hob die FK die Festsetzung ebenfalls auf, da das Studium im Okt. 2010 beendet worden sei. Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Einkommen des Kindsvaters ihres Enkels nicht ausreichend gewesen sei, um die Familie allein zu versorgen, und dass das in der Zeit von Nov. 2010 bis April 2011 absolvierte Praktikum der Tochter als Berufsausbildung anzusehen sei.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG ist die Unterhaltsverpflichtung der Klägerin gegenüber ihrer Tochter nicht entfallen, weil der Kindesvater der Tochter der Klägerin gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet war. Eine Unterhaltsverpflichtung des Kindesvaters nach § 1615 l Abs. 1 BGB für das Streitjahr 2010 bestand nicht. Auch die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB liegen nicht vor, da die Tochter der Klägerin als Kindesmutter nicht infolge der Schwangerschaft außerstande war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ein Unterhaltsanspruch der Tochter der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB, da sie nicht auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verzichtet, sondern ihre Ausbildung fortgesetzt hat.

 

Hinweis

Die von dem FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird unter dem Az. XI R 16/12 beim BFH geführt. In diesem Verfahren muss der BFH entscheiden, ob die Tochter der Klägerin einen Unterhaltsanspruch nach 16151 I Abs. 2 Satz 2 BGB gegen den Vater ihres eigenen Kindes hat, wenn es die Ausbildung wie im Streitfall fortsetzt, und ob dieser Anspruch zum Wegfall des Kindergeldes führt. Weiter muss der BFH in dem Verfahren klären ob ggf. die Einkünfte des im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindesvaters zu berücksichtigen sind. Das FG Niedersachsen hat mit Urteil v. 27.6.2011, 16 K 123/11 die gleiche Entscheidung getroffen. Auch gegen dieses Urteil wurde von der FK Revision eingelegt (Az. V R 42/11).

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 14.03.2012, 2 K 1569/11 (Kg)

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