Leitsatz

Wird während des Zivil- oder Wehrdienstes weiter Kindergeld gezahlt, weil das Kind weiter die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG (Berufsausbildung) erfüllt, kann über das 25. Lebensjahr hinaus kein Kindergeld gewährt werden, da in diesem Fall nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die Ausbildung des Kindes durch den Zivil- oder Wehrdienst verzögert hat.

 

Sachverhalt

Der im April 1984 geborene Sohn des Klägers war während der Zeit des Zivildienstes im Wintersemester 2004/2005 (6 Monate) bei einer Universität eingeschrieben und hat auch an Vorlesungen und Klausuren teilgenommen. Aus diesem Grunde wurde dem Kläger für die gesamte Zeit des Zivildienstes Kindergeld gewährt. Der Kläger erhielt für den Sohn Kindergeld bis einschließlich April 2010. Die Familienkasse (FK) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab Mai 2010 wegen der Vollendung des 25. Lebensjahres des Sohnes auf. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG eingreife. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger für die Zeit des Zivildienstes des Sohnes Kindergeld erhalten habe, weil sich der Sohn auch während des Zivildienstes schon in Berufsausbildung befunden habe. Weil jedoch durch den Zivildienst die Dauer der Berufsausbildung verzögert worden sei, müsse auch Kindergeld über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt werden.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG besteht zwischen den Tatbeständen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a EStG (Berufsausbildung) und des § 32 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG (Verlängerungstatbestand) keine verdrängende Konkurrenz in dem Sinne, dass für Zeiten des Zivildienstes eine Berücksichtigung des Kindes auch dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind zugleich für einen Beruf ausgebildet wird. Es würde jedoch Sinn und Zweck des § 32 Abs. 5 EStG zuwider laufen, wenn sowohl während des Wehr- oder Zivildienstes Kindergeld gewährt, als auch die Höchstdauer des Kindergeldbezugs um die Zeit des Dienstes verlängert wird. Wenn aber während der Zeit des Dienstes zugleich eine Schul- oder Berufsausbildung betrieben wird, kann davon ausgegangen werden, dass sich der Abschluss der Ausbildung gerade nicht verzögert. Im Streitfall ist nach Auffassung des FG der Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 5 EStG nur um die tatsächliche Dauer des Studiums (6 Monate) zu kürzen. Für die restliche Dauer des Zivildienstes (drei Monate) steht dagegen dem Kläger nach dem Sinn und Zweck des § 32 Abs. 5 EStG Kindergeld zu.

 

Hinweis

Über die Frage, ob der Kläger in den Jahren 2004/05 zu Recht oder zu Unrecht für neun Monate Kindergeld bezogen hat, konnte in dem Verfahren nicht entschieden werden, da es hier nur um das Kindergeld ab Mai 2010 ging. Die von dem FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. XI R 12/12 geführt.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 22.12.2011, 12 K 3238/10

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