Die Zeit des Praktikums gehört zur Berufsausbildung[1], wenn dadurch Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufsziels geeignet sind.[2]

Dies gilt unabhängig davon, ob das Praktikum nach der maßgeblichen Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist. Ist das Praktikum weder vorgeschrieben noch empfohlen, kann das Praktikum als Berufsausbildung berücksichtigt werden, in der ein ausreichender Bezug zum Berufsziel glaubhaft gemacht wird, längstens jedoch für 12 Monate. Von einem solchen ausreichenden Bezug kann ausgegangen werden, wenn dem Praktikum ein detaillierter Ausbildungsplan zugrunde liegt, der darauf zielt, unter fachkundiger Anleitung für die Ausübung des angestrebten Berufs wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln.[3]

Der BFH entschied, das Anwaltspraktikum eines Jurastudenten sei Berufsausbildung i. S. d. EStG und führe daher zum Kindergeldanspruch.[4] Im Urteilsfall ließ sich der Sohn für 1 Semester vom Studium beurlauben, um ein 6-monatiges Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei zu absolvieren. Das Praktikum ist weder gesetzlich noch durch die Studienordnung vorgeschrieben. Die Familienkasse ging davon aus, der Sohn habe sich während des Praktikums nicht in Berufsausbildung befunden.

Nach Auffassung des BFH stellt jede Maßnahme zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, Berufsausbildung dar.

Demzufolge fallen auch solche Ausbildungsmaßnahmen unter den Begriff der Berufsausbildung, die

  • weder in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben
  • noch zwingend notwendig sind für den angestrebten Beruf.

Bleibt hingegen offen, welchen Beruf das Kind nach dem Vorpraktikum ergreifen wird, ist das Vorpraktikum nicht Teil der Berufsausbildung. Ein Praktikum ist nur dann Teil der Berufsausbildung, wenn es auf einen bestimmten Beruf hinführt.[5] Eine Tätigkeit kann für die Dauer von bis zu 3 Monaten als Praktikum berücksichtigt werden, wenn sie dazu dient, Einblicke in Inhalte und Anforderungen des jeweiligen Berufsbildes zu bekommen (Berufsorientierung).

Das Praktikum für Kosmetiker, das im Anschluss an den Besuch einer privaten Berufsfachschule für Kosmetik absolviert wird, ist Berufsausbildung. Es kommt nicht darauf an, dass das Praktikum in keiner Ausbildungsvorschrift bestimmt ist. Maßgebend ist vielmehr, dass mit dem Praktikum die Arbeitsplatzchancen verbessert werden.[6]

Eine als ernsthaft anzusehende Vorbereitungsmaßnahme in Form eines Praktikums liegt vor, wenn das Kind dem Praktikum eine Woche monatlich nachgeht. Es bestehen keine festen Mindestgrenzen im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Bildungsmaßnahme.[7]

Das Volontariat in einem Reisebüro, das ein Kind gegen geringe Vergütung absolviert und im Rahmen dessen es zur Reisebürofachkraft ausgebildet wird, ist nach Auffassung des BFH Berufsausbildung.[8] Voraussetzung hierfür ist, dass das Volontariat der Erlangung der ange­strebten beruflichen Qualifikation dient. Unerheblich ist hingegen, dass die Ausbildung zur Reisebürofachkraft nicht im Rahmen eines anerkannten Ausbildungsberufs zum Reiseverkehrskaufmann erfolgte.

Der Ausbildungscharakter muss bei dem Volontariat im Vordergrund stehen. Es darf sich nicht lediglich um ein gering bezahltes Ausbildungsverhältnis handeln. Unter anderem spricht die Tatsache eines detaillierten Ausbildungsplans, der dem Volontariat zugrunde liegt, für den Ausbildungscharakter.[9]

Ein Volontariat im Ausland nach Abschluss der Erzieherausbildung kann auch dann Berufsausbildung sein, wenn das Kind den inländischen Ausbildungsabschluss bereits erreicht hatte und beruflich tätig war.[10]

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