Die Vergleichsrechnung zwischen dem Anspruch auf Kindergeld (in VZ 2020-2022: hierzu gehört auch der Kinderbonus) für den gesamten Veranlagungszeitraum und der ESt-Entlastung durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer von Amts wegen durchzuführen.

Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen zwischen Kindergeld und den Freibeträgen für Kinder besteht nicht. Die Vergleichsrechnung ist jeweils für jedes zu berücksichtigende Kind gesondert durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn eine Zusammenfassung der Freibeträge für 2 und mehr Kinder wegen der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte nach § 34 Abs. 1 EStG (sog. Fünftelregelung) günstiger wäre.[2] Die Vergleichsrechnung erfolgt nach der altersmäßigen Reihenfolge der Kinder, beginnend mit dem ältesten Kind. Ergibt die Vergleichsrechnung, dass der Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum höher ist, wird bei der ESt-Veranlagung kein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG abgezogen, es bleibt bei dem Kindergeldanspruch.

Für die Vergleichsrechnung zwischen dem Anspruch auf Kindergeld und der ESt-Minderung aus dem Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG gilt das Jahresprinzip. D. h., die Vergleichsrechnung ist zusammenfassend für den gesamten Zeitraum vorzunehmen, in dem das Kind im Veranlagungszeitraum steuerlich zu berücksichtigen ist.[3] Soweit das Kindergeld wegen der 6-Monatsfrist, d. h. unter Hinweis auf § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG[4], nicht ausgezahlt wird, wird der Anspruch auf Kindergeld für diese Kalendermonate nicht bei der Vergleichsrechnung berücksichtigt und auch nicht der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet.[5]

In diesen Fällen wird nur das tatsächlich ausgezahlte Kindergeld bei der Vergleichsrechnung angesetzt. Ist nach dem Ergebnis der Vergleichsrechnung der Abzug der Freibeträge für Kinder günstiger als das Kindergeld, wird auch nur das tatsächlich gezahlte Kindergeld der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet.

Bei der Ermittlung des 6-Monatszeitraums ist V 5.2 DA-KG 2023 zu beachten.[6]

In Altfällen, in denen ein Kindergeldanspruch noch aufgrund der Anwendung der Frist des § 66 Abs. 3 EStG a. F. ausgeschlossen wurde, ist der Anspruch in verfassungskonformer Auslegung des § 31 Satz 4 EStG bei der Günstigerprüfung und Hinzurechnung i. H. v. 0 EUR zu berücksichtigen.[7]

Die Vergleichsrechnung nach § 10a Abs. 2 Satz 3 EStG zwischen der Altersvorsorgezulage[8] und dem Abzug der Altersvorsorgebeiträge[9] als Sonderausgaben nach § 10a EStG (sog. "Riester-Rente") ist vor der Vergleichsrechnung dem Anspruch auf Kindergeld und dem Abzug der Freibeträge für Kinder durchzuführen. Bei der Vergleichsrechnung nach § 10a Abs. 2 Satz 3 EStG werden stets Kinderfreibetrag und Bedarfsfreibetrag für jedes zu berücksichtigende Kind abgezogen, unabhängig davon, ob nach dem Ergebnis der nachfolgend durchzuführenden Vergleichsrechnung nach § 31 EStG diese Freibeträge im ESt-Bescheid vom Einkommen abzuziehen sind oder nicht.

Bei der Vergleichsrechnung für das Kindergeld werden nur die tatsächlich im ESt-Bescheid abgezogenen Altersvorsorgebeiträge einschließlich der Altersvorsorgezulage nach § 10a Abs. 1 EStG berücksichtigt.

Für die Ermittlung der Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) werden in jedem Fall fiktiv der Kinderfreibetrag und der Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (= Bedarfsfreibetrag) berücksichtigt. Die nachträgliche Festsetzung von Kindergeld ist kein rückwirkendes Ereignis für den Solidaritätszuschlag in den Fällen, in denen nach dem Ergebnis der Vergleichsrechnung das Kindergeld günstiger ist.[10] Ebenso wenig ist bei nachträglicher Kindergeld-Festsetzung ein bestandskräftiger ESt-Bescheid zum Zweck des Abzugs der Freibeträge für Kinder zu ändern.[11]

Bei nicht verheirateten oder geschiedenen Eltern oder bei Eltern, die als Ehegatten dauernd getrennt leben, wird für jeden Elternteil eine eigene Vergleichsrechnung zwischen seinem Anspruch auf Kindergeld und dem bei ihm zu berücksichtigenden Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG durchgeführt.

Zur Vergleichsrechnung in unterhaltsrechtlichen Mangelfällen ist der Beschluss des BVerfG v. 13.10.2009[12] von Bedeutung. In dem Beschluss entschied das BVerfG, es sei verfassungsmäßig, wenn in einem unterhaltsrechtlichen Mangelfall das halbe Kindergeld der festzusetzenden Einkommensteuer auch dann hinzugerechnet wird, wenn die Unterhaltszahlung für das Kind um weniger als die Hälfte des Kindergelds gemindert worden war.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden ESt-Bescheid waren als Ergebnis der Vergleichsrechnung für 2 Kinder die (halben) Kinderfreibeträge abgezogen und im Gegenzug jeweils das halbe Kindergeld der festzusetzenden Einkommensteuer hinzugerechnet worden.

Der o. g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hat auch Bedeutung in den Fällen, in denen als Ergebnis der Vergleichsrechnung im ESt-Bescheid keine (halben) Freibeträge für Kinder abgezogen werden, weil das stets anzusetzende halbe Kindergeld höher ist...

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