Vor dem Hintergrund, dass sich das Controlling in kleineren Unternehmen oft auf operative Tätigkeiten konzentriert und die Übernahme von strategischen Aufgaben erst mit steigender Unternehmensgröße zunimmt[1], lässt sich häufig beobachten, dass in kleineren Unternehmen die Verzahnung des Kennzahlensystems mit der Unternehmensstrategie verhältnismäßig gering ausgeprägt ist. Die seltenere Nutzung strategischer Controllinginstrumente, wie bspw. der Balanced Scorecard in kleineren Unternehmen[2] untermauert diese Beobachtung. Ein zusammenhängendes Kennzahlensystem, welches Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge abbildet, ist somit in vielen kleineren und mittleren Unternehmen tendenziell seltener anzutreffen als in größeren Unternehmen.

Nachholbedarf bei Prozessstandardisierung und Systemintegration

Die Erfüllung von Controllingaufgaben durch spezialisierte Mitarbeiter ist in kleineren Unternehmen weniger verbreitetet als in Großunternehmen.[3] Sofern eine Controllingabteilung vorhanden ist, sind die Mitarbeiterkapazitäten in kleineren Unternehmen oft begrenzt.[4] Erfahrungsgemäß kann dies dazu führen, dass die mit Controllingaufgaben betrauten Mitarbeiter sehr stark in die Erfüllung des Tagesgeschäfts eingebunden sind. Für eine Professionalisierung der Systeme und Prozesse fehlt dabei oft die Zeit. Übergeordnete Aktivitäten, wie bspw. die Organisation des Reportingprozesses (z. B. Etablierung eines Reportingkalenders, Festlegung klarer Verantwortlichkeiten und Vertretungsregelungen, Dokumentation der Berechnungsvorschriften verwendeter Kennzahlen, usw.), können so oft nicht wahrgenommen werden.

Der Schwerpunkt der Controllertätigkeit liegt somit eher auf der Datenaufbereitung und Informationsbereitstellung. Zum einen kann durch eine alleinige Konzentration auf die Informationsbereitstellung die Rolle des "Business Partners" nicht ausgefüllt werden, zum anderen werden aber auch sogenannten "Governance"-Tätigkeiten eine zu geringe Priorität eingeräumt. Dies kann dazu führen, dass Prozesse nicht standardisiert oder dokumentiert sind. Ein Mangel an Dokumentation und Prozessstandardisierung führt häufig zu Verzögerungen oder Fehlern in der Datenanlieferung, was sich negativ auf die Datenqualität und somit auf das "Vertrauen in die Zahlen" auswirkt.

Vermeidung von Wissensinseln

Je geringer die Standardisierung, desto höher ist erfahrungsgemäß außerdem der Aufbau von "Wissensinseln". Know-how ist auf wenige Mitarbeiter konzentriert, das Management Reporting ist somit in vielen Fällen in hohem Maße personenabhängig. Um effektiv mit Kennzahlen zu steuern ist eine hohe Qualität der genutzten Daten unerlässlich. Dies ist nicht nur ein Prozessthema, sondern auch eine Frage der zu Grunde liegenden Systeme. Gerade hier zeigt sich bei vielen Unternehmen deutlicher Nachholbedarf. Dies betrifft z. B. die Nutzung vieler verschiedener "Datentöpfe" (in vielen Fällen nutzen nicht alle Gesellschaften ein ERP-System) und die fehlende Harmonisierung von Stammdaten, sowie daraus resultierend eine Vielzahl manueller Eingriffe in den Datenverarbeitungsprozess.[5] Die fehlende Etablierung eines institutionalisierten Controllings kann außerdem dazu führen, dass es keine zentrale "Datenhoheit" über die zu berichtenden Inhalte gibt. Dies birgt das Risiko, dass an verschiedenen Stellen im Unternehmen Kennzahlen unterschiedlich definiert werden. Hieraus entstehen neben der Gefahr einer mangelhaften Datenqualität außerdem Reibungsverluste in der Abstimmung und Kommunikation.

[1] vgl. z. B. Becker, Ulrich und Zimmermann 2012.
[2] vgl. bspw. die Zusammenfassungen bei Littkemann, Reinbacher und Baranowski 2012 und Ossadnik, van Lengerich und Niemann 2012.
[3] vgl. bspw. Becker und Ulrich 2009.
[4] vgl. bspw. Weber und Janke 2012.
[5] vgl. bspw. Schön 2016, S. 134 mit Verweis auf Schön und Müller 2010.

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