Fokussierung der wertorientierten Unternehmensführung

Ansätze einer eher zukunftsorientierten Betrachtung analysieren das betriebliche Erfolgspotenzial mittels Prognosen zu betrachtender Wertgrößen oder über Predictive-Analytics-Methoden. Eine eher vergangenheitsorientierte Betrachtung würde sich in diesem Zusammenhang dagegen eher auf eine Kontrolle der Effektivität und Effizienz der Situationsanalyse sowie der strategischen Marketingplanung konzentrieren. Andererseits stehen die Kaufentscheidungen der Nachfrager in einem mehr operativen Zusammenhang. Die Entwicklungen in Wissenschaft und Praxis in den vergangenen Jahren haben durch eine stärkere Fokussierung der wertorientierten Unternehmensführung dem strategischen Beitrag des Marketings eine andere Richtung gegeben. Auf dieser Grundlage haben sich Forschungsansätze zur Kundenstammwertforschung (Customer Equity) und zum Markenwert (Brand Equity) entwickelt.[1]

[1] Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg, 2015, S. 819.

2.1 Strategische Kontrolle mittels RAVE™-Ansatz

Beziehung zwischen Unternehmens- und Kundenwert

Die Verwendung von wertbasierten Modellen erfordert stets einen Blick auf die Möglichkeiten der Quantifizierung, um den Kundenwert griffiger zu formulieren. Dafür müssen die Komponenten, insbesondere bei kontrollorientierten Ansätzen, stärker differenziert werden (s. Abb. 2).

Abb. 2: Horizontale und vertikale Differenzierung des Kundenwertes[1]

In horizontaler Hinsicht erfolgt eine Unterscheidung zwischen Konzepten, die zunächst die Gesamtheit der Kundenbeziehungen betreffen. Damit ist das Customer Equity gemeint. Stärkere granulare Betrachtungsweisen fokussieren einzelne Kundengruppen bzw. -segmente oder sogar den Einzelkunden selbst. Es ist auch möglich, eine Aggregation der zuletzt genannten zwei Ausprägungen zu berechnen, eine Vorgehensweise, die hier nicht näher verfolgt werden soll. Sofern das Kundenwertkonzept im Sinne des Customer Equity weiter betrachtet wird, kann vertikal in ein Wertkapital, ein Markenkapital und ein Bindungskapital unterschieden werden. Eine Möglichkeit, das Kundenkapital bezüglich des intellektuellen Kapitals noch etwas zu konkretisieren, besteht im RAVETM-Ansatz (Real Asset Value Enhancer). Dieser stellt eine Erweiterung von wertbasierten Modellen wie dem EVATM (Economic Value Added)[2] oder dem CVA-Konzept (Cash Value Added)[3] dar. In Abb. 3 wird zwischen WorkonomicsTM, CustonomicsTM und SupplynomicsTM unterschieden, wobei für unsere Zwecke lediglich der CustonomicsTM-Bereich relevant ist.[4]

Die Kennzahlen CVA oder EVA werden ausschließlich mit Metriken berechnet, die für eine Kundenbetrachtung relevant sind. Die Berechnungsformel lautet

CVA (oder EVA) = (VAC – ACC) × C

Der Wertbeitrag berechnet sich über die Differenz zwischen dem Mehrwert pro Kunde (VAC – Value Added per Customer) und den Kosten für den Kundenerwerb sowie dessen Beibehaltung (ACC – Acquisition and retention Cost per Customer), die dann mit der Anzahl der Kunden (C – Number of Customers) multipliziert wird.[5]

Abb. 3:Das RAVE™-Konzept und seine Bestandteile[6]

Vorschlag zur Berechnung des Markenwertes

Die Kennzahlen EVA/CVA ergeben sich aus der Summe der Teilbereiche und könnten noch um weitere Aspekte erweitert werden, wie z. B. um den Markenwert.[7] Analog dazu könnte eine ähnliche Formulierung rechnerisch konstruiert werden. Wir orientieren uns dabei an der bisher verwendeten Methodik und schlagen folgende Formel vor:

CVA (oder EVA) = (VAB – ACB) × B

Zunächst errechnet man die Differenz zwischen dem Wertbeitrag pro Marke (VAB – Value Added per Brand) und den durchschnittlichen Kosten pro Marke (ACB – Average Cost per Brand) und multipliziert das Ergebnis mit der Anzahl an Marken (B – Number of Brands).[8]

Im ersten Schritt wären aber die Komponenten zur Berechnung der Residualgröße durchgängig für interne Zwecke über eine marketingorientierte Kostenrechnung zu standardisieren. Allerdings bringt eine angemessene Quantifizierung Probleme hinsichtlich der Operationalisierung mit sich. Schließlich bestimmt das Unternehmen individuell, welche historischen und prognostischen Zeiträume Anwendung finden.

[1] Eigene Darstellung in Anlehnung an Helm/Günter/Eggert, 2017, S. 6 f.
[2] Die Grundidee des EVA-Konzeptes besteht in der Messung des wirtschaftlichen Wertzuwachses einer Investition. Ein zusätzlicher wirtschaftlicher Wert wird nur dann geschaffen, wenn Geld über die Kapitalkosten für Eigen- und Fremdkapital hinaus verdient wird. Die Kennzahl EVA entspricht dem NOPAT (Net operating profit after tax), der für das operative Geschäftsergebnis nach Steuern steht, abzüglich der gewichteten, Risiko-gerichteten Kapitalkosten für Fremd- und Eigenkapital.
[3] Der Cash Value Added stellt ebenfalls eine Residualgewinngröße auf der Grundlage des Cash-Flow Return on Investment (CFROI) dar und ist eine Variation des EVA-Konzepts.
[4] Vgl. Strack/Villis, 2002, S. 147.
[5] Mathematisch betrachtet erfolgt die Hochrechnung linear und ohne Gewichtung. Das würde bedeuten, dass jeder Kunde aus Sicht des Unternehmens ökonomisch gleich viel wer...

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