Leitsatz

1. Ein Veräußerungsverlust aus einer Kapitalbeteiligung am Arbeitgeber führt nicht allein deshalb zu Werbungskosten oder negativen Einnahmen bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit, weil die Beteiligung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses veräußert wurde.

2. Erforderlich ist vielmehr, dass ein solcher Verlust in einem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis steht und nicht auf der Nutzung der Beteiligung als Kapitalertragsquelle beruht.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 S. 1, § 19 EStG

 

Sachverhalt

Der für C nicht selbstständig tätige K war seit 1993 "Partner" und erwarb mit der Bestellung zum Partner 1995 entgeltlich Aktien an C auf Grundlage des Konsortialvertrags. Danach konnten Aktien nur an bestimmte Erwerbsberechtigte übertragen oder verpfändet werden und mussten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgegeben werden. Der Rücknahmekurs ermittelte sich nach den detaillierten Regelungen des Konsortialvertrags dazu.

K schied aus seinem Beschäftigungsverhältnis als Partner der C aus und verkaufte daher die von ihm gehaltenen Anteile im Nennwert von 62 000 EUR an seinen Arbeitgeber. Der Rücknahmepreis nach dem Konsortialvertrag belief sich auf 195 300 EUR. K machte mit seiner ESt-Erklärung für 2002 bei seinen Lohneinkünften einen Verlust i.H.v. 904 700 EUR geltend, weil er seine Anteile, deren gemeiner Wert 1 100 000 EUR betrage, für 195 300 EUR habe zurückgeben müssen.

Das FA ließ den Verlust ebenso unberücksichtigt wie das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.03.2008, 16 K 4752/05 E, Haufe-Index 2015471, EFG 2008, 1194).

 

Entscheidung

Der BFH ordnete den Veräußerungsverlust, wie unter Praxishinweisen dargestellt, ebenfalls nicht den Lohneinkünften zu und wies daher die Revision des K zurück.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall entspricht gleichsam spiegelbildlich dem drei Monate zuvor ergangenen Senatsurteil (BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 69/06, BFH/NV 2009, 1870, BFH/PR 2009, 460). Dort war zu entscheiden, ob ein Gewinn aus der Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung den Lohneinkünften zuzurechnen ist. Hier war die Frage, ob ein Verlust (Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung unter gemeinem Wert) den Lohneinkünften zuzurechnen ist. Die jeweils zur Entscheidung herangezogenen Grundsätze entsprachen sich.

1. Auch Verluste der privaten Vermögenssphäre sind abziehbar, wenn das (ggf. auch als Einkunftsquelle genutzte) Wirtschaftsgut dem spezifischen Risiko einer beruflichen Erwerbshandlung ausgesetzt war und deshalb der Verlust eintrat (BFH, Beschlüsse vom 10.11.2005, VI B 47/05, BFH/NV 2006, 296, vom 20.08.2008, VI B 17/08, BFH/NV 2009, 13, BFH, Urteil vom 22.06.2006, VI R 5/03, BFH/NV 2006, 1965, BFH/PR 2007, 6).

Im Besprechungsfall verneinte der BFH den einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis. Der von K geltend gemachte Verlust aus der Veräußerung der Anteile war daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Allein, dass K mit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses seinen Partnerstatus bei der C und damit seine Berechtigung, Anteile daran zu halten, verloren hatte, begründete hier so wenig einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis, wie im zuvor entschiedenen Streitfall (BFH, Urteil vom 17.06.2009, VI R 69/06, BFH/NV 2009, 1870, BFH/PR 2009, 459) der aus der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung erwirtschaftete Gewinn allein deshalb den Lohneinkünften zuzurechnen war, weil die Beteiligung nur Arbeitnehmern angeboten worden war.

2. Die entscheidungserhebliche Grundfrage war, ob der Kursverlust im Gesellschafts- oder im Arbeitsverhältnis wurzelt. Hier war der Rechtsgrund des Verlusts das Gesellschaftsverhältnis. Denn der Konsortialkurs (Übernahmepreis) wurde mit dem Konsortialvertrag von den Gesellschaftern festgelegt. Die Gesellschafter wollten durch den veränderten Bewertungsmaßstab einen Kursanstieg vermeiden, um die Teilhabe abwanderungswilliger Gesellschafter an einem Veräußerungsgewinn zu verhindern. Und es lag auch mit der Rückveräußerung der Anteile keine Arbeitslohnrückzahlung vor. Denn K hatte seine gesellschaftsrechtliche Beteiligungsberechtigung entsprechend des Konsortialvertrags verloren und mit der preisgebundenen Rückveräußerung der Aktien seine gesellschaftsvertragliche Verpflichtung erfüllt. Ob der gemeine Wert der Anteile tatsächlich über dem Konsortialkurs lag und ob Einnahmenrückzahlungen negative Einnahmen oder Werbungskosten sind (dazu zuletzt BFH, Urteil vom 07.05.2009, VI R 37/08, BFH/NV 2009, 1513 BFH/PR 2009, 372), ließ der BFH dahinstehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.09.2009 – VI R 24/08

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