Kommentar

1. Schließt ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in deren Namen mit sich selbst ein Rechtsgeschäft (In-sich-Geschäft), unterliegt dieses seit 1981 gemäß § 35 Abs. 4 GmbHG dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB . Eine Befreiung von diesem Verbot bedarf einer Regelung in der Satzung der GmbH und der Eintragung in das Handelsregister ( GmbH ; Gesellschafter-Geschäftsführer ).

2. Solange es an einer solchen ordnungsgemäßen Befreiung fehlt, sind In-sich-Geschäfte des Alleingesellschafter-Geschäftsführers schwebend unwirksam. Zahlungen der GmbH aufgrund eines solchen Rechtsgeschäfts an den beherrschenden Gesellschafter stellen grundsätzlich verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S.v. § 8 Abs. 3 KStG , § 27 KStG dar.

3. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nämlich u. a. dann anzunehmen, wenn die GmbH an den beherrschenden Gesellschafter eine Leistung erbringt, für die es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt oder für die die entsprechende Vereinbarung entweder nicht durchgeführt oder zivilrechtlich unwirksam ist.

4. Eine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurückwirkende Genehmigung eines zunächst schwebend unwirksam In-sich-Geschäfts ist dann anzunehmen, wenn der alleinige oder beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer später in rechtswirksamer Weise von dem Verbot des Selbstkontrahierens befreit worden ist.

5. Es ist steuerlich anzuerkennen, wenn der Schwebezustand im Einklang mit den zivilrechtlichen Vorgaben rückwirkend beendet und das Rechtsgeschäft dadurch wirksam wird. Damit entfällt auch eine an sich zu bejahende verdeckte Gewinnausschüttung, ohne daß das dem steuerlichen Rückwirkungsverbot entgegenstände.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.10.1996, I R 71/95

Anmerkung:

Das vorstehende Urteil verdient in besonderem Maße die Aufmerksamkeit von steuerlichen Beratern. Ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer hatte 1986 mit seiner GmbH einen Anstellungsvertrag für sich abgeschlossen. Erst im Jahre 1991 war eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens in die Satzung der GmbH aufgenommen und in das Handelsregister eingetragen worden. Der BFH hat entgegen der Beurteilung durch das Finanzamt, alle von 1986 bis 1991 gezahlten Geschäftsvergütungen stellten eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH dar, diese aufgrund der nachträglichen, zurückwirkenden rechtswirksamen Genehmigung des zunächst schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts durch die GmbH als Betriebsausgaben anerkannt .

Das vorstehende Urteil gibt die langjährige Rechtsprechung auf, derzufolge einer zivilrechtlich zurückwirkenden Genehmigung keine steuerliche Rückwirkung zukommt. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung aus dem vorstehenden Urteil entsprechende Folgerungen auch für spätere Genehmigungen bei Geschäften unter nahen Angehörigen zieht.

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