Leitsatz

Unzuverlässigen Steuerpflichtigen kann die Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke versagt werden, wenn Anhaltspunkte für eine beabsichtigte betrügerische Verwendung bestehen. Dagegen bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Sachverhalt

Der Antragsteller war in der Vergangenheit u. a. als Software-Entwickler tätig, wobei er dieser Tätigkeit zum Teil als Geschäftsführer von Handelsgesellschaften und zum Teil einzelunternehmerisch nachging. Für das Jahr 2013 hatte er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht keine Umsatzsteuererklärung abgegeben, obwohl die im Schätzungswege festgesetzte Umsatzsteuer um 7.500 Euro zu niedrig war. Die Umsatzsteuer wurde auch nicht beglichen. In der Folgezeit wurden weitere einzelunternehmerische Tätigkeiten an- und wieder abgemeldet, Steuererklärungen teilweise nicht eingereicht und Steuernachforderungen nicht (pünktlich) bezahlt. Am 3.7.2018 reichte der Antragsteller einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung wegen der Aufnahme einer freiberuflichen Tätigkeit beim Finanzamt ein. Darin erklärte er, seit dem 1.3.2018 als Unternehmensberater tätig zu sein, womit er in 2018 Umsätze in Höhe von 10.000 Euro erwarte. Mit Bescheid vom 31.10.2018 versagte das Finanzamt dem Antragsteller eine Steuernummer für umsatzsteuerliche Zwecke. Zu diesem Zeitpunkt waren fällige Abgabenforderungen in Höhe von rund 50.000 Euro offen, die ausschließlich aus Einkommensteuer, Maßstabsteuern und Nebenleistungen dazu resultierten.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des Gerichts entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Steuerpflichtige, die ernsthaft erklären, ein selbständiges gewerbliches oder berufliches Tätigkeitwerden zu beabsichtigen, mittelbar aus § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG einen Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke haben. Das gilt allerdings nicht, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Steuerpflichtige eine ihm zugeteilte Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke in betrügerischer Weise verwenden wird. Nach den Feststellungen des Gerichts hat der Antragsteller seine steuerlichen Pflichten in erheblichem Maße in der Vergangenheit verletzt. Die Pflichtverletzungen haben auch ein Ausmaß erreicht, das geeignet wäre, im Falle einer gewerblichen Tätigkeit die Erteilung einer Gewerbeuntersagung gemäß § 35 GewO zu rechtfertigen. Dem Finanzamt stehen nach Ansicht des Finanzgerichts auch keine anderen, ggf. milderen Mittel zur Verfügung, um den Ausfall von Umsatzsteuerforderungen zu verhindern. Da die vom Antragsteller angestrebte Tätigkeit kein Gewerbe im Sinne des § 1 GewO darstellt, kann das Finanzamt kein Gewerbeuntersagungsverfahren mit Aussicht auf Erfolg anregen. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung gemäß § 18f UStG käme nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller Umsatzsteuervergütungen anmelden sollte. Die Beschwerde gegen den Beschluss wurde dennoch zugelassen, weil die Frage, ob erhebliche steuerliche Pflichtverletzungen einem Anspruch auf Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke entgegenstehen, höchstrichterlich nicht geklärt ist.

 

Hinweis

Zunächst ist festzuhalten, dass es an einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke fehlt. Das FG Hamburg, Beschluss v. 30.8.2016, 6 V 105/16 hält die Ablehnung der Erteilung einer Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke nur in offensichtlichen Missbrauchsfällen für rechtens. Demgegenüber beruft sich das FG Berlin-Brandenburg auf allgemeine Grundsätze zur Missbrauchsbekämpfung. Seine Begründung liefert allerdings Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn der Antragsteller trotz all seiner Verfehlungen in der Vergangenheit aktuell eine Änderung seines Verhaltens an den Tag gelegt hätte und auch entsprechend kooperationsbereit gewesen wäre. Soll heißen: Wer ernstgemeinte Bemühungen zur Beseitigung von Altlasten an den Tag legt, kann trotz belastender steuerlicher Vergangenheit darauf hoffen, eine Steuernummer für Umsatzsteuerzwecke zu erhalten. Ob es auch ohne solch ernsthaften Besserungsbemühungen geht, muss noch abschließend entschieden werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2019, 7 V 7203/18

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