Leitsatz

Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens steht ungeachtet eines zeitlichen Zusammenfallens mit der Betriebsaufgabe nicht in dem – für die Annahme einer Veräußerung im Rahmen der Aufgabe des Betriebs i.S.d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. (später Satz 3, jetzt Satz 6) – erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe, wenn sie sich als Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit darstellt. Dies gilt insbesondere für die Veräußerung von Grundstücken im Zusammenhang mit der Aufgabe eines gewerblichen Grundstückshandels (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 21.11.1989, VIII R 19/85, BFH/NV 1990, 625).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG , § 16 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Drei Bauunternehmer hatten sich in einer GbR zusammengeschlossen, die Großimmobilien errichten und vermarkten wollte. Erstes Objekt war ein FA, das auf einem Erbbaurecht errichtet werden sollte. Nachdem ein Vertrag mit dem vorgesehenen Investor nicht durchgeführt werden konnte, stellten die Gesellschafter fest, das Vertriebskonzept sei gescheitert. Das Objekt solle noch fertiggestellt, mit weiteren Objekten solle aber nicht mehr begonnen werden. Mit Fertigstellung des FA solle der Betrieb der GbR aufgegeben und das Objekt in das Privatvermögen der Gesellschafter überführt werden. Kurze Zeit später fand sich aber doch noch ein Investor, an den das Erbbaurecht mit zu errichtendem Gebäude verkauft wurde.

Den Gewinn aus dem Verkauf sah die GbR als tarifbegünstigt an. Das FA war anderer Auffassung.

 

Entscheidung

Auch FG und BFH teilten im Ergebnis die Meinung des FA. Der BFH sah allerdings im Unterschied zum FG die GbR als von Anfang an gewerblich, insbesondere auch nachhaltig tätig an. Denn laut Gesellschaftsvertrag sei ursprünglich die Errichtung und Vermarktung mehrerer Objekte vorgesehen gewesen. Mit dem späteren Entschluss, es bei dem einen Objekt zu belassen, sei noch keine Betriebsaufgabe erfolgt. Das Erbbaurecht samt Gebäude habe sich deshalb bis zur Veräußerung im Umlaufvermögen der GbR befunden. Die Veräußerung von Umlaufvermögen sei i.d.R. als Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit nicht tarifbegünstigt, auch wenn ein zeitlicher Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe bestehe.

Weil dem Hilfsantrag der GbR entsprechend noch eine GewSt-Rückstellung zu berücksichtigen war, hatte die Revision in diesem Umfang Erfolg.

 

Hinweis

1. Das EStG enthält keine genaue Definition des – tarifbegünstigten – Gewinns aus der Aufgabe eines Betriebs. Geregelt werden im jetzigen § 16 Abs. 3 Sätze 5 ff. EStG nur einzelne Fragen der Gewinnermittlung bei der Betriebsaufgabe. Im Grundsatz gelten deshalb die Regelungen für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 2 EStG entsprechend auch für die Aufgabe des Betriebs. Aufgabegewinn ist danach der Betrag, um den der "Aufgabepreis" nach Abzug der Aufgabekosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt. Der "Aufgabepreis" setzt sich zusammen aus dem gemeinen Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter und dem Veräußerungspreis der im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußerten Wirtschaftsgüter (§ 16 Abs. 3 Sätze 6 und 7 EStG).

2. Mit der Frage, wann ein Wirtschaftsgut "im Rahmen der Aufgabe des Betriebs veräußert" wird, beschäftigt sich das Besprechungsurteil in der Hauptsache. Es bestätigt die bisherige Rechtsprechung, nach der die Veräußerung von Umlaufvermögen nicht im Rahmen der Betriebsaufgabe erfolgt, wenn sie sich als Fortsetzung der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit darstellt. Bei gewerblichen Grundstückshändlern gehört deshalb in der Regel auch der Verkauf der letzten Grundstücke noch zum laufenden Gewinn.

So sah es der BFH auch im Besprechungsfall. Dabei musste er sich von einem älteren BFH-Urteil vom 21.11.1989 (VIII R 19/85, BFH/NV 1990, 625) abgrenzen. Dort war eine Personengesellschaft nur zu dem Zweck gegründet worden, sanierungsreife Grundstücke aufzukaufen, um diese nach Sanierung und Teilung in Eigentumswohnungen zu vermarkten. Nach Jahren der Untätigkeit hatte die Gesellschaft das einzige ihr verbliebene Grundstück im Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe unsaniert veräußert. Den Gewinn hatte der BFH dem Aufgabegewinn zugeordnet.

Das damalige Urteil ist – wie der BFH schon früher betont hat und jetzt erneut ausdrücklich erklärt – als eine Einzelfallentscheidung anzusehen. Sie stützt sich allein darauf, dass die Veräußerung nicht dem Geschäftsgegenstand des aufgegebenen Unternehmens entsprach. Gehört die Veräußerung aber im weitesten Sinn zu den Geschäften, die das Unternehmen umfassen sollte, gilt der Grundsatz, dass der erzielte Gewinn auch dem laufenden Gewinn zugeordnet werden muss. Je enger also der Unternehmenszweck beschrieben ist, umso weitgehender kann die Abwicklung eines Betriebs unter Veräußerung von Umlaufvermögen der Tarifbegünstigung unterliegen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.1.2003, IV R 75/00

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