Leitsatz

Einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes steht für die Strommengen keine Steuerbegünstigung zu, die auf dem Betriebsgelände von Mitarbeitern eines anderen, rechtlich selbstständigen Unternehmens zur Erfüllung eines mit diesem Unternehmen abgeschlossenen Werkvertrags verbraucht werden.

 

Normenkette

§ 2 Nr. 4, § 9 Abs. 3 und 4, § 10 Abs. 1 StromStG

 

Sachverhalt

Ein Unternehmen stellt Wurst- und Schinkenerzeugnisse her und besitzt eine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom. In den Produktionsprozess war ein anderes Unternehmen eingebunden, das nicht über eine solche Erlaubnis verfügte. Dessen Arbeiter verarbeiteten – neben dem eigenen Personal des eingangs genannten Unternehmens – das in dessen Eigentum stehende Fleisch. Darüber war ein Vertrag geschlossen worden, nachdem die dem anderen Unternehmen übertragenen Tätigkeiten von diesem "selbstständig und eigenverantwortlich" zu erledigen waren, die Erlaubnisinhaberin ihm jedoch Betriebsflächen, Maschinen, Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen hatte und Qualitäts- und Hygienekontrollen durchführen durfte. Die Tätigkeiten wurden pro Stück oder Kilogramm, in Sonderfällen nach Stundenlohn vergütet.

Das HZA hat gegen die Erlaubnisinhaberin für das Jahr 2006 Stromsteuer festgesetzt, weil der zum ermäßigten Steuersatz bezogene Strom unberechtigt weitergegeben worden sei (FG München, Urteil vom 21.9.2011, 14 K 145/10, Haufe-Index 2808891, ZfZ 2012, Beilage 1, 14).

 

Entscheidung

Der BFH hält den Steuerbescheid für rechtmäßig.

 

Hinweis

Wer Bezugspunkt der Beurteilung stromsteuerlicher Vergünstigungen ist, regelt § 2 Nr. 4 StromStG: Das Gesetz stellt nicht auf Konzerne, Organschaften oder sonstige Unternehmensverbindungen ab, sondern auf die einzelne Rechtspersönlichkeit (kleinste rechtlich selbstständige Einheit). Wofür eine Steuerentlastung gewährt wird, ergibt sich indes, so könnte man jedenfalls meinen, aus § 9 Abs. 3 StromStG: für die Entnahme von Strom für betriebliche Zwecke eines Unternehmens des produzierenden Gewerbes.

Hängen beide Vorschriften in der Weise miteinander zusammen, dass der Betrieb eines solchen Unternehmens nur die betreffende Rechtspersönlichkeit umfasst, oder kann dieses rechtlich selbstständige Unternehmen seine betrieblichen Zwecke im Sinne des § 9 Abs. 3 StromStG auch unter Hinzuziehung anderer Rechtspersönlichkeiten verfolgen, welche Persönlichkeiten ich Subunternehmer nennen möchte?

Diese Fragestellung hat nicht nur verfahrensrechtliche Bedeutung. Gehört ein solcher Subunternehmer nämlich selbst zum produzierenden Gewerbe, kann er zwar, wenn er sich selbst zum Stromkunden macht, von der Steuerbegünstigung profitieren. Gehört er aber, für sich betrachtet, nicht zum produzierenden Gewerbe, geht die Steuerbegünstigung verloren, wenn man bei der Anwendung des § 9 Abs. 3 StromStG nicht zulässt, dass ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes von ihm entnommenen Strom einem Subunternehmer – gegebenenfalls unter noch zu definierenden, einschränkenden Voraussetzungen – überlässt, welcher zur Verfolgung der betrieblichen Zwecke in den Betriebsablauf eingeschaltet ist.

Der BFH scheint dies ausnahmslos nicht zulassen zu wollen, eine Steuerbegünstigung also nur zu gewähren für den Strom, der von dem betreffenden Unternehmen des produzierenden Gewerbes gleichsam eigenhändig (unter Einsatz eigener Arbeitskräfte) verbraucht wird. Allerdings stellt er in der Besprechungsentscheidung denn doch wieder unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts darauf ab, dass im Streitfall der Subunternehmer selbstständig und eigenverantwortlich an der Verfolgung der betrieblichen Zwecke des Unternehmens des produzierenden Gewerbes mit der stromsteuerlichen Erlaubnis – unter dessen Kontrolle und unter Einsatz ausschließlich von diesem zur Verfügung gestellter sächlicher Mittel – mitzuwirken hatte. Dies kann durchaus als eine gewisse Relativierung des durch § 2 Nr. 4 StromStG inspirierten rechtlichen Ansatzes des BFH empfunden werden.

Setzt man die Entscheidung des BFH konsequent um, ergibt sich das nicht leicht zu administrierende – und vielleicht mit den Zielen des Gesetzes nicht ohne Weiteres zu vereinbarende – Ergebnis, dass zum Beispiel der Stromverbrauch eines von einem Unternehmen herbeigerufenen Handwerkers oder eines Logistikbetriebes, das sich der Kräne und sonstige Verladevorrichtungen des Unternehmens bedient, aus dem begünstigten Stromverbrauch des Unternehmens des produzierenden Gewerbes herausgerechnet werden muss!

Im Übrigen wird man fragen müssen, ob bei der Einordnung eines Unternehmens als eines solchen des produzierenden Gewerbes ebenso zu verfahren wäre. Tätigkeiten eines Unternehmers – wie zum Beispiel eines Architekten oder Ingenieurs für ein Bauunternehmen oder eines auf bestimmte besondere Aufgaben spezialisierten Unternehmens – müssten entgegen der gerade bei Bauunternehmen in der statistischen Nomenklatur enthaltenen Vorgabe ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Man wird auch noch prüfen müssen, welche Regelungsstrategie §...

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