Leitsatz

1. Unterhaltsleistungen eines Steuerpflichtigen an seine mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebende, mittellose Lebenspartnerin sind ohne Berücksichtigung der sog. Opfergrenze als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbar (Anschluss an BFH, Urteil vom 29.05.2008, III R 23/07, BFH/NV 2008, 1911, BFH/PR 2008, 494).

2. Gehört der Haushaltsgemeinschaft ein unterhaltsberechtigtes Kind an, sind die für Unterhaltsleistungen zur Verfügung stehenden Mittel um den nach § 32 Abs. 6 S. 2 EStG bemessenen Mindestunterhaltsbedarf des Kinds zu kürzen.

3. Der Mindestunterhalt ist in Höhe des doppelten Freibetrags für das sächliche Existenzminimum des Kinds anzusetzen. § 1612a Abs. 1 S. 3 BGB kommt entsprechend zur Anwendung.

 

Normenkette

§ 33a Abs. 1 EStG, § 1609, § 1603, § 1612a Abs. 1, § 1615l Abs. 3 BGB

 

Sachverhalt

K und E lebten im Streitjahr 2005 in eheähnlicher Gemeinschaft. Zum Haushalt gehörte auch ihr 2004 geborenes gemeinsames Kind. K leistete an E Unterhalt (7 680 EUR). E bezog nur Lohnersatzleistungen von 253 EUR, aber keine Sozialleistungen. K erhielt einen Bruttoarbeitslohn von 21 345 EUR, dazu 924 EUR Kindergeld sowie eine ESt-Erstattung von 41 EUR. LSt und Soli betrugen 2 465 EUR und der Arbeitnehmeranteil zur SV 4 388 EUR. K entstanden Werbungskosten von 920 EUR. Als Nettobetrag verblieben 14 537 EUR.

K machte in seiner ESt-Erklärung 2005 die Unterhaltsleistungen (7 680 EUR) an E als außergewöhnliche Belastung geltend. Das FA berücksichtigte nur 3 489 EUR, weil nach der sog. Opfergrenze nur 24 % des Nettoeinkommens abziehbar seien.

Das FG gab der Klage insgesamt statt (Thüringer FG, Urteil vom 07.05.2008, IV 700/06, Haufe-Index 2093315).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf, entsprach der Klage aber nur teilweise (abziehbarer Unterhalt nur 6 270 EUR statt 7 680 EUR).

 

Hinweis

Die Frage des Besprechungsurteils war: In welcher Höhe kann bei nur geringen zur Verfügung stehenden Mitteln einer Haushaltsgemeinschaft mit Kind (Vater, Lebenspartnerin und gemeinsames Kind) der Vater an seine Lebenspartnerin Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung abziehen.

1. Der VI. Senat folgte der Rechtsprechung des III. Senats, wonach die sog. Opfergrenze auf Unterhaltsleistungen an den in Haushaltsgemeinschaft lebenden nicht ehelichen Partner nicht anzuwenden ist (dazu BFH, Urteil vom 29.05.2008, III R 23/07, BFH/NV 2008, 1911, BFH/PR 2008, 494). Also war auch hier davon auszugehen, dass K und E das ihnen gemeinsam zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufgeteilt haben.

2. Hier kam allerdings die Besonderheit hinzu, dass ein gegenüber dem Kläger gem. § 1615l Abs. 3 S. 3 BGB vorrangig unterhaltsberechtigtes Kind zur Haushaltsgemeinschaft gehörte. Damit war die Frage, wie dann das Nettoeinkommen unter den Lebenspartnern aufzuteilen ist. Die Antwort des BFH lautet: Bei der Ermittlung des verfügbaren Nettoeinkommens ist der Mindestunterhaltsbedarf des Kinds zuvor in Abzug zu bringen. Der Mindestunterhaltsbedarf bemisst sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kinds gem. § 32 Abs. 6 S. 2 EStG (3 648 EUR) unter entsprechender Anwendung der Altersstufenregelung in § 1612a Abs. 1 S. 3 BGB. Dem verdienenden Partner muss dabei nicht das steuerrechtliche Existenzminimum verbleiben. Insofern wirkt das Sozialrecht auf das ESt-Recht ein: Denn in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft ist das zur Verfügung stehende Nettoeinkommen gleichmäßig aufzuteilen. Insoweit folgte der VI. Senat nicht der Auffassung des III. Senats (BFH/PR 2008, 494).

K und E standen insgesamt 15 714 EUR zur Verfügung. Vorrangig abzuziehen war der Mindestunterhalt für das Kind (87 % von 3 648 EUR) = 3 174 EUR; danach verblieben der Lebenspartnerschaft 12 540 EUR. K konnte davon die Hälfte, also 6 270 EUR, als Unterhaltszahlung an E (außergewöhnliche Belastung) abziehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.12.2009 – VI R 64/08

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