Leitsatz

Eine Förderung von Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§§ 7h, 10f EStG) ist bei Gebäuden ausgeschlossen, die steuerrechtlich als Neubau im bautechnischen Sinn anzusehen sind. Dies ist der Fall, wenn die maßgeblichen tragenden Bauteile zu mehr als 68 % ersetzt wurden.

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um die Frage, ob in den Kalenderjahren 2004 bis 2006 für die von den Steuerpflichtigen (zusammen veranlagte Eheleute) erworbene und zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung ein Abzugsbetrag gem. §§ 7h, 10f EStG zu gewähren ist. Mit notariellem Kaufvertrag v. Juni 2003 erwarben sie von der Stadt M einen 120,78 / 441,43 Miteigentumsanteil an dem streitigen Gebäude mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 im 2ten Obergeschoss samt Balkonen und im Dachgeschoss sowie am Abstellraum Nr. 3 im Erdgeschoss. Der Verkäufer verpflichtete sich, auf dem Vertragsgrundbesitz nach den vereinbarten Bauplänen und der vereinbarten Baubeschreibung in angemessener Zeit nach den anerkannten Regeln der Baukunst und den Bauvorschriften die vereinbarte Wohnung im Rahmen einer umfassenden Sanierung unter weitgehender Erhaltung der Altbausubstanz zu errichten. In der Eigenheimzulageakte befindet sich ein Prüfbericht über eine Nachschau in der vorgenannten Wohnung. Der Bausachverständige kam dabei zu der Auffassung, dass die zuvor vereinbarte Baumaßnahme an dem leer stehenden Wohngebäude so umfangreich gewesen sei und dass der Anteil der tragenden Bauteile an der neuen Bausubstanz 68,45 % betrage, so dass es sich um ein bautechnisch neues Gebäude handele. Die Parteien teilen die Auffassung, dass das Gebäude als steuerrechtlicher Neubau im bautechnischen Sinn zu qualifizieren ist. In ihren Einkommensteuererklärungen beantragten die Steuerpflichtigen gem. § 10f Abs. 1 i. V. m. § 7h Abs. 1 EStG hinsichtlich der über die Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage hinausgehenden Baukosten die Berücksichtigung eines Abzugsbetrages, dessen Gewährung das Finanzamt jedoch mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen versagte.

 

Entscheidung

Das FG bestätigte die ablehnende Entscheidung des Finanzamtes, da durch die streitigen Baumaßnahmen ein nicht nach § 7h EStG geförderter Neubau im bautechnischen Sinne errichtet wurde. Denn durch einen grundlegenden Umbau des Gebäudes wurde dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes verliehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn, wie im Streitfall, verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmend sind, wie zum Beispiel Fundamente, tragende Außen- und Innenwände, Geschossdecken und die Dachkonstruktion. Im Streitfall waren nach den Feststellungen des Bausachverständigen des Finanzamtes der Dachstuhl erneuert, das Treppenhaus neu gebaut sowie Decken und tragende Wände teilweise erneuert worden. Bei der Baumaßnahme wurden mehr als 68 % der für die Nutzungsdauer des Gebäudes maßgeblichen tragenden Bauteile ersetzt. Der Bausachverständige kann zutreffend zu dem Ergebnis, dass ein Neubau im bautechnischen Sinne vorliegt. Diese Feststellungen sind auch zwischen den Parteien nicht streitig. Die Förderung nach den Regelungen in §§ 10f Abs. 1, 7h Abs. 1 EStG scheidet deshalb aus, weil sie Baumaßnahmen "an einem Gebäude" fördern wollen und nicht einen Neubau im bautechnischen Sinn.

 

Hinweis

Nach Wortlaut und Zielsetzung von § 7h Abs. 1 Satz 1 EStG sind nur Herstellungskosten an einem im Sanierungsgebiet liegenden bestehenden Gebäude begünstigt, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden. Die Vorschrift erkennt als steuerbegünstigt ausdrücklich nur die Herstellungskosten von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. v. § 177 BauGB an. Der Abbruch eines Gebäudes und dessen Neuerrichtung fällt jedoch weder unter den Begriff der Instandsetzung noch unter den der Modernisierung i. S. v. § 177 BauGB. Eine Instandsetzung ist vielmehr auf die Behebung von Mängeln zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes gerichtet und soll nur die weitere Nutzung des bisherigen Bestandes in der bisherigen Weise ermöglichen. Außerdem schließt eine Modernisierung i. S. v. § 177 BauGB nur Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln ein, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes beeinträchtigen. Erhebliche bauliche Änderungen eines Gebäudes wie dessen Ausbau, Umbau oder Erweiterung stellen weder eine Instandsetzung noch eine Modernisierung dar, weil Maßnahmen dieser Art nicht der Wiederherstellung eines vormals gegebenen, sondern der erstmaligen Herstellung eines neuen Zustandes dienen.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil vom 20.06.2012, 4 K 953/10

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