Leitsatz

1. Der Senat hält auch für Art. 5 Abs. 1 DBA-Luxemburg daran fest, dass Deutschland für Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Luxemburg befindlichen Betriebsstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (ständige Rechtsprechung).

2. Von der in § 2 Abs. 1 S. 3 AuslInvG bestimmten Nachversteuerung negativer ausländischer Betriebsstätteneinkünfte, welche in einem vorangegangenen Veranlagungszeitraum nach § 2 Abs. 1 S. 1 AuslInvG bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen worden sind, kann nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 S. 4 AuslInvG nur dann abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass nach den für ihn geltenden Vorschriften des ausländischen Staats ein Abzug von Verlusten in anderen Jahren als dem Verlustjahr allgemein nicht beansprucht werden kann. An einem derartigen "allgemeinen" Ausschluss des Verlustabzugs fehlt es, wenn sich der Abzugsausschluss lediglich aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des Einzelfalls verbietet (Bestätigung des Senatsbeschlusses; BFH, Beschluss vom 29.11.2006, I R 45/05, BFH/NV 2007, 1025, BFH/PR 2007, 211, BStBl II 2007, 398).

3. Art. 43 EG (Art. 49 AEUV) steht einer nationalen Steuerregelung wie jener in § 2 Abs. 1 AuslInvG nicht entgegen, nach der der Verlust einer Betriebsstätte, die in einem ausländischen Staat belegen ist, bei der Festsetzung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden kann, später aber, sobald die Betriebsstätte Gewinne erwirtschaftet, steuerlich wieder hinzugerechnet werden muss, wenn der Betriebsstättenstaat nur einen zeitlich begrenzten Vortrag von Verlusten zulässt und wenn nach einem zwischen den beiden Staaten abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Einkünfte der Betriebsstätte von der Steuer befreit sind (Anschluss an EuGH, Urteil vom 23.10.2008, C-157/07"Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt", BFH/NV 2009, 108, BFH/PR 2009, 15).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 AuslInvG, Art. 43 EG (Art. 49 AEUV)

 

Sachverhalt

Die inländische WM-GmbH war seit 1986 Kommanditistin der R-KG, einer luxemburgischen KG, für deren deutsche Gesellschafter die Klägerin – die deutsche Zweigniederlassung einer luxemburgischen S.A. – gemeinsame Empfangsbevollmächtigte i.S.d. § 183 Abs. 1 S. 1 AO ist.

In den Jahren 1986 bis 1989 hatte die WM-GmbH aus ihrer Beteiligung anteilige Verluste von 21 717 232 DM erlitten. Diese Verluste blieben im Rahmen der inländischen Besteuerung nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 DBA-Luxemburg im Grundsatz unberücksichtigt; sie wurden jedoch auf Antrag der Klägerin gem. § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 5 AuslInvG abgezogen.

Ab 1990 fielen für die WM-GmbH aus der Beteiligung an der Klägerin anteilige Gewinne an, die für 1990 bis 1994 insgesamt 2 806 651 DM und von 1995 bis 1998 insgesamt 963 865 DM betrugen. Im Streitjahr 1999 wurde ein Gewinn von 449 076 DM erwirtschaftet. Diesen Gewinn stellte das FA – nach § 2 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 8 AuslInvG unter Hinzurechnung der zuvor nach § 2 Abs. 1 S. 1 AuslInvG abgezogenen Verluste – einheitlich und gesondert fest.

Die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 05.02.2009, 9 K 654/03, Haufe-Index 2168881, EFG 2009, 1754).

 

Entscheidung

Auch vor dem BFH hatte die WM-GmbH kein "Glück": Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück, weil die Beschränkungen des luxemburgischen Steuerrechts zum Verlustabzug nicht nach Deutschland als Ansässigkeitsstaat importiert würden und weil sich deswegen keine "finalen" Verluste ergäben, die ausnahmsweise zu berücksichtigen seien und eine Nachversteuerung gem. § 2 Abs. 1 S. 1 AuslInvG ausschlössen.

 

Hinweis

1. Durch Urteil vom 15.05.2008 (EuGH, Urteil vom 15.05.2008, C-414/06"Lidl Belgium", BFH/NV Beilage 2008, 194, BFH/PR 2008, 302) hat der EuGH – auf Vorabentscheidungsersuchen des BFH (BFH, Beschluss vom 28.06.2006, I R 84/04, BFH/NV 2006, 2366, BFH/PR 2008, 508) – für den Abzug von Verlusten aus Auslandsbetriebsstätten jene Linie bestätigt, die er bereits in seinem Urteil vom 13.12.2005 (EuGH, Urteil vom 13.12.2005, C-446/03"Marks & Spencer", BFH/NV Beilage 2006, 117, BFH/PR 2006, 112) für die britische Gruppenbesteuerung judiziert hatte:

Verluste sind im Stammhausstaat (als Ansässigkeitsstaat) nur abzugsfähig, wenn sie im Betriebsstättenstaat (als Quellenstaat) endgültig ("final") sind. Die "symmetrische" Freistellung sowohl von Auslandsgewinnen als auch von Auslandsverlusten nach Abkommensrecht ("Symmetriethese") wird dadurch eingeschränkt und für den Fall der Finalität der Verluste aufgehoben. Im Einzelnen ist auf die dazu in BFH/PR 2008, 302 gegebenen Praxis-Hinweise zu verweisen.

2. Was ist aber, wenn sich ein Mitgliedstaat – aus Sicht des Europarechts und auch des Abkommensrechts sozusagen überobligatorisch – für einen Sofortabzug der ausländischen Betriebsstättenverluste entschließt? Darf er dann diesen Sofortabzug unter den Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung im Gewinnfall stellen? Und gibt es dafür...

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