Leitsatz

Die verdeckte Einlage einer im Betriebsvermögen gehaltenen 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft, an welcher der einlegende Steuerpflichtige ebenfalls zu 100 % beteiligt ist, führt auch dann zu einer Gewinnrealisierung, wenn auch die Beteiligung an der Zielkapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 EStG , § 7 Abs. 1 EStDV a.F.

 

Sachverhalt

Der Kläger überließ eine von ihm gemachte Erfindung lizenzweise gegen Umsatzbeteiligung der B-GmbH, an welcher er zu 100 % beteiligt war. Die B-GmbH erzielte durch die Auswertung dieser Erfindung einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze. Im Jahr 1991 legte der Kläger seine 100 %ige Beteiligung an der B-GmbH verdeckt in die I-GmbH ein. An dieser war der Kläger ebenfalls mit 100 % beteiligt. Das FA meinte, dass die verdeckte Einlage gem. § 16 i.V.m. § 34 EStG die Realisierung der in der Beteiligung des Klägers an der B-GmbH ruhenden stillen Reserven nach sich gezogen habe und erließ einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.

Das FG wies die Klage, mit der sich der Kläger auf die Erfolgsneutralität des Transfers berief, ab (vgl. EFG 2002, 960). Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidung

Der BFH ging zunächst – in Übereinstimmung mit den Beteiligten – davon aus, dass zwischen dem Kläger und der B-GmbH eine Betriebsaufspaltung bestanden habe. Zu Recht hätten FG und FA angenommen, dass die verdeckte Einlage der Anteile des Klägers an der B-GmbH in die I-GmbH zu einer gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 EStG i.V.m. § 34 EStG tarifbegünstigten Versteuerung der in der eingelegten Beteiligung enthaltenen stillen Reserven geführt habe. Obgleich auch die Beteiligung an der Zielkapitalgesellschaft (I-GmbH) notwendiges Betriebsvermögen des Klägers bei seinem Besitzunternehmen gewesen sei, erlaubten weder § 7 Abs. 1 EStDV a.F. noch § 20 Abs. 1 UmwStG eine Fortführung der stillen Reserven. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. scheide bereits deswegen aus, weil diese Vorschrift anders als § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Gleichstellung der 100 %igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit einem Teilbetrieb gerade nicht vorsehe.

 

Hinweis

1. Die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stellt nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH – anders als die offene, gegen die Gewährung neuer Gesellschaftsanteile vollzogene Einlage – einen unentgeltlichen Vorgang dar (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 24.3.1987, I R 202/83, BStBl II 1987, 705).

2. Die verdeckte Einlage von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des Gesellschafters in das Vermögen der Kapitalgesellschaft führt dazu, dass die Einlagegüter nunmehr einem anderen Rechtsträger (Steuerrechtssubjekt) zuzurechnen sind. Da sich dieser Vermögenstransfer unentgeltlich vollzieht (oben 1.), hat die empfangende Kapitalgesellschaft die eingelegten Wirtschaftsgüter gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 5 und § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert zu bilanzieren. Damit korrespondierend hat der einlegende Gesellschafter grundsätzlich einen Entnahmegewinn zu versteuern (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Denn der verdeckten Einlage von einzelnen Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters geht grundsätzlich eine Entnahme voraus (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.1990, VIII R 17/85, BStBl II 1991, 512).

3. Nach dem letztgenannten BFH-Urteil findet § 7 Abs. 1 EStDV a.F. keine Anwendung auf Fälle, in denen von dem (beherrschenden) Gesellschafter einer GmbH in diese ein ganzer Betrieb verdeckt eingelegt wird. Dies gilt nach diesem BFH-Urteil jedenfalls dann, wenn die Anteile an der GmbH (Zielgesellschaft) Privatvermögen darstellen.

Nach wie vor umstritten und nicht abschließend geklärt ist hingegen die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. für den Fall, dass die Beteiligung an der Zielkapitalgesellschaft – wie im vorliegenden Streitfall, in dem durch die verdeckte Einlage eine mittelbare Betriebsaufspaltung begründet wurde – ebenfalls zum Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters gehört. Auch das Besprechungsurteil hat sie nur für den Sonderfall verneint, dass den Gegenstand der verdeckten Einlage ein 100 %iger Anteil an einer Kapitalgesellschaft bildete. Das Besprechungsurteil begründet sein Ergebnis im Wesentlichen mit der Erwägung, dass § 7 Abs. 1 EStDV a.F. (nunmehr: § 6 Abs. 3 EStG) anders als § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG a.F. (jetzt: § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) die Gleichstellung der 100 %igen Beteiligung mit dem Teilbetrieb gerade nicht vorsieht.

Auch unter der Geltung der aktuellen Gesetzeslage (vgl. § 6 Abs. 3 und Abs. 6 Satz 2 EStG) ist die Frage der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG auf die verdeckte Einlage ganzer Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile umstritten und bedarf noch der höchstrichterlichen Klärung (vgl. z.B. Schmidt/Glanegger, EStG, 24. Aufl., § 6 Rz. 551, m.w.N.).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.7.200...

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