Leitsatz

Differenzbesteuerung setzt voraus, dass erworbener und gelieferter Gegenstand identisch sind

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte Umsätze aus der Veräußerung von gebrauchten Fahrzeugteilen. Diese hatte er zuvor aus von Privatpersonen erworbenen Altfahrzeugen ausgebaut. Die Einzelteile wurden insbesondere über die Auktionsplattform X per Versand verkauft, wobei vornehmlich Teile aus Motorrädern der Marke Z stammten. Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass der Kläger seine diesbezüglichen Umsätze zu Unrecht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterworfen habe. Insoweit fehle es an der Identität der erworbenen und veräußerten Gegenstände, so dass die Umsätze mit den Fahrzeugeinzelteilen dem Regelbesteuerungsverfahren unterlägen.

 

Entscheidung

Die dagegen erhobene Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach Ansicht des Finanzgerichts spricht der Wortlaut der Vorschrift des § 25a UStG für das vom Finanzamt zitierte Nämlichkeitsgebot. Die beim Kläger vorhandene Vorstellung, er erwerbe mit einem gebrauchten, nicht mehr funktionstüchtigen Motorrad eine Gesamtheit von einzeln veräußerbaren Ersatzteilen, steht nicht in Einklang mit der im Geschäftsverkehr üblichen Betrachtung eines solchen Vorgangs, wonach ein Motorrad (auch wenn es nicht mehr fahrtüchtig ist) ein Aliud gegenüber der Summe der Einzelteile darstellt. Dies gilt auch umgekehrt, d.h., selbst wenn der Kläger sämtliche Einzelteile eines Motorrads bis zur letzten Schraube veräußert, steht dies nicht der Veräußerung eines vollständigen Motorrads gleich, auch nicht der Veräußerung eines funktionsunfähigen Motorrads. Das sog. Identitätserfordernis steht auch mit dem Sinn und Zweck des § 25a UStG in Einklang, da nach dem 51. Erwägungsgrund der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der Zweck der Regelungen über die Differenzbesteuerung darin besteht, Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen im Bereich der Gebrauchtgegenstände zu vermeiden. Im Streitfall ist aber nicht ersichtlich, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen käme. Selbst wenn man davon abweichend auf Wettbewerbsverzerrungen zu Privatpersonen abstellen würde, wären diese hinzunehmen, denn der Kläger ist aufgrund seiner intensiven Branchenkenntnisse und der Breite seines Angebots in einem erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem der Wettbewerbsnachteil der Umsatzsteuerpflicht zurücktritt.

 

Hinweis

Wird aus mehreren Einzelgegenständen, die jeweils für sich die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung erfüllen, ein einheitlicher Gegenstand hergestellt oder zusammengestellt, unterliegt die anschließende Lieferung dieses "neuen" Gegenstands nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht der Differenzbesteuerung. Das gilt auch, wenn von einem erworbenen Gebrauchtgegenstand anschließend lediglich einzelne Teile geliefert werden (z. B. beim Ausschlachten eines Pkw - vgl. Abschn. 25a.1 Abs. 4 Satz 4 und 5 UStAE). Diese Auffassung entspricht der herrschenden Literaturmeinung, wonach es sich bei dem weiterveräußerten Gegenstand um den Nämlichen handeln muss (vgl. Bunjes/Leonard UStG § 25a, Rdnr. 29). Darüber hinaus hat das Finanzgericht Münster bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 27.04.1999 entschieden, dass der Handel mit Kfz-Ersatzteilen, die beim Ausschlachten von bei Privatpersonen eingekauften Gebrauchtfahrzeugen anfallen, nicht der Differenzbesteuerung unterliegt (Az: 15 K 7988/98 U). Insoweit erscheint die Rechtslage klar. Gleichwohl ist zu beachten, dass - soweit ersichtlich - hierzu noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, weshalb das nun beim BFH anhängige Revisionsverfahren (Az: V R 37/15) bis auf Weiteres Eingang in die Abwehrberatung finden sollte.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.10.2015, 7 K 7183/13

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