Leitsatz

Der im Jahr 2009 gewährte Einmalbetrag nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG von 100 EUR (sog. Kinderbonus) konnte nicht an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden.

 

Normenkette

§ 66 Abs. 1 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG

 

Sachverhalt

Die klagende Sozialagentur leistete für den in einer Betreuungseinrichtung lebenden behinderten S Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII. Das von der Familienkasse gegenüber der beigeladenen Mutter festgesetzte Kindergeld wurde ab Januar 2009 in Höhe von 118 EUR an die Klägerin abgezweigt. Im Juli 2009 zahlte die Familienkasse den Kinderbonus an die Beigeladene aus.

Den Antrag der Klägerin, den Kinderbonus an sie abzuzweigen, lehnte die Familienkasse ab. Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.12.2010, 4 K 305/10, EFG 2011, 1007, Haufe-Index 2602426).

 

Entscheidung

Die Revision war schon deshalb unbegründet, weil die Familienkasse den Kinderbonus bereits ausgezahlt hatte.

 

Hinweis

1. Kindergeld kann an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder Unterhalt schuldet, der geringer ist als das Kindergeld. Das Kindergeld kann auch an die Person oder Stelle abgezweigt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt. Zum Kindergeld gehört auch der im Jahr 2009 gezahlte Einmalbetrag von 100 EUR nach § 66 Abs. 1 Satz 2 EStG (sog. Kinderbonus).

2. Die Abzweigung gehört – anders als die Erstattung nach § 74 Abs. 2 EStG – nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht. Sobald die Familienkasse das Kindergeld an einen Elternteil ausgezahlt hat, scheidet eine Abzweigung auch dann aus, wenn der Abzweigungsantrag vor der Zahlung gestellt wurde (BFH, Urteil vom 26.8.2010, III R 21/08, BFHE 231, 520, BFH/NV 2011, 474, BFH/PR 2011, 179).

3. Die Abzweigung ist – wiederum im Gegensatz zur Erstattung – eine Ermessensentscheidung. Da der Kinderbonus einkommensschwachen Familien zugutekommen und deshalb nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden sollte, ist der Einmalbetrag nach dem Gesetz zur Nichtanrechnung des Kinderbonus’ bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Die Abzweigung an einen Sozialleistungsträger widerspräche daher den Intentionen des Gesetzgebers und wäre nicht ermessensgerecht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.9.2012 – III R 2/11

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