Kommentar

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind ( § 9 Abs. 1 Satz 1 - 2 EStG ).

1. Vorauszahlungen auf Bauleistungen sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (V+V) abziehbar, sondern zählen zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit ihnen Herstellungsleistungen gegenüberstehen. Dies gilt auch bei Schlechtleistung . Entscheidend ist nur, daß eine dem Herstellungsvorgang zuzurechnende Leistung tatsächlich erbracht wurde. Hingegen ist es ohne Bedeutung, ob diese vertragsgemäß oder mangelhaft ist. Unerheblich sind dabei auch Zahl und Gewicht der Mängel. Das gleiche gilt für überflüssige Maßnahmen , selbst wenn diese auf Veranlassung Dritter, z. B. der Baubehörde oder von Nachbarn, durchgeführt werden. Ob die Aufwendungen werterhöhend wirken, ist für deren Beurteilung als Herstellungskosten ebenfalls ohne Bedeutung.

2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG sind außer normalen linearen Absetzungen für Abnutzung (AfA) auch Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) zulässig. AfaA setzen entweder eine Substanzeinbuße eines bestehenden Wirtschaftsguts (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftlicher Abnutzung) voraus. Darüber hinaus ist erforderlich, daß ein von außen kommendes Ereignis unmittelbar körperlich auf das Wirtschaftsgut einwirkt. Diese Voraussetzungen sind bei mangelhaften Bauleistungen an einem noch nicht fertiggestellten Gebäude nicht erfüllt. Dabei ist unerheblich, ob die Baumängel vor oder nach der Fertigstellung des Gebäudes entdeckt werden. Bei den mangelhaften Bauleistungen kann es sich nicht nur um Fehler bei der Ausführung des Baues, sondern auch um solche bei der Planung, z. B. des Architekten, handeln.

AfaA sind ferner nicht abziehbar, wenn der Bauherr überhöhte Preise entrichtet. Daher können Mehraufwendungen infolge mangelhaften Baugrunds und von Fehlern des Architekten oder der beteiligten Baufirmen sowie überhöhte Preise nicht im Wege von AfaA berücksichtigt werden.

Auch soweit einzelne unselbständige Teile des Gebäudes oder einer Außenanlage während der Bauphase wieder abgetragen werden, sind AfaA auf die anteiligen, im Ergebnis vergeblichen Herstellungskosten nicht möglich. Zwar liegt in solchen Fällen ein Substanzverlust vor. Vor Fertigstellung des Gebäudes fehlt es aber an einem bestehenden, abnutzbaren Wirtschaftsgut. Gegenstand von Absetzungen sind, von gesetzlich ausdrücklich zugelassenen Sonderabschreibungen abgesehen, nur abnutzbare Wirtschaftsgüter im ganzen.

Hangstützmauern , die der Errichtung eines Gebäudes dienen, sind keine selbständigen Wirtschaftsgüter, sondern dem Gebäude als unselbständige Bestandteile zuzuordnen.

3. Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln vor Fertigstellung des Gebäudes sind auch keine als Erhaltungsaufwand sofort abziehbaren Werbungskosten , sondern gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Dies gilt auch für Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden am Bauvorhaben, die durch fehlerhafte Bauarbeiten verursacht wurden, sowie für sonstige Folgekosten, etwa Verteuerungen aufgrund von Bauverzögerungen. Solche Aufwendungen dienen ebenfalls der Herstellung des Gebäudes.

Nicht als Werbungskosten abziehbar sind danach die Aufwendungen für die Neueinklinkerung des Gebäudes und vergleichbare Arbeiten, für das Abtragen und Neueinrichten einzelner Teile des Bauvorhabens sowie für das Beseitigen von Frostschäden , ferner für die durch die Baustillegungen verursachten Mehrkosten.

4. Soweit Klinkersteine bei dem Bauvorhaben nicht verbraucht wurden, scheidet ein Werbungskostenabzug schon dann aus, wenn weder festgestellt noch schlüssig dargetan ist, daß der Steuerpflichtige diese Klinkersteine im Streitjahr erworben und bezahlt hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.08.1994, IX R 23/92

Hinweise:

Mit der vorstehenden Entscheidung bestätigt der BFH seine im Schrifttum (vgl. L. Schmidt/Drenseck , EStG, 13. Aufl., § 7 Anm. 9b m.w.N.) zum Teil angegriffene Rechtsprechung zur einkommensteuerrechtlichen Beurteilung anfänglicher Baumängel, die auch mir in verschiedener Hinsicht, vor allem zur Versagung der AfaA, zu streng zu sein scheint.

Großzügiger ist der BFH bei Fällen, in denen es um die Beseitigung von Schäden geht, die erst nach der Fertigstellung des Gebäudes oder eines Ausbaues eintreten . Hier hat er mit Urteil v. 19. 7. 1995, III R 170/80 (BFH/NV 1986 S. 24) sogar den Ersatz schadhaft gewordener Dachflächenfenster durch sogenannte Dachgauben als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand am Gebäude anerkannt.

Erhaltungsaufwand

Herstellungskosten

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