Leitsatz

1. Werden anlässlich einer auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich gestreckten entgeltlichen privaten Vermögensumschichtung gleichbleibende wiederkehrende Leistungen vereinbart, ist deren Ertragsanteil (Zinsanteil) bei verfassungskonformer Auslegung nicht als Sonderausgabe abziehbar, weil dieser Teil Entgelt für die Überlassung von Kapital (Zins) ist und private Schuldzinsen nicht abgezogen werden dürfen (Fortführung der Senatsurteile vom 27.02.1992, X R 136/88, Haufe-Index 64395, BStBl II 1992, 609 und vom 25.11.1992, X R 91/89, Haufe-Index 64150, BStBl II 1996, 666).

2. Wird das gegen Leibrente veräußerte Grundstück zum Teil betrieblich genutzt, ergibt sich der als Betriebsausgaben abziehbare anteilige Zins aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Rentenzahlungen einerseits und dem jährlichen Rückgang des Barwerts der Leibrentenverpflichtung andererseits (Anschluss an das BFH-Urteil vom 25.11.1992, X R 34/89, Haufe-Index 64151, BStBl II 1996, 663).

3. Beim Empfänger unterliegt der Ertragsanteil der Gegenleistungsrente der Besteuerung nach § 22 EStG; der Sparer-Freibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) ist nicht zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 12 Nrn. 1 und 2, § 20 Abs. 4, § 22 Nr. 1 EStG 1997, § 14 BewG

 

Sachverhalt

Im Jahr 1990 hatte der Kläger sein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück der Klägerin übertragen. Als Gegenleistung verpflichtete sich diese zur Zahlung einer lebenslänglichen wertgesicherten Rente. Die Kläger bewohnten das Einfamilienhaus gemeinsam. Einen Raum nutzte die Klägerin als Arbeitszimmer für ihre freiberufliche Tätigkeit. Seit der Eheschließung im Jahr 1992 wurden die Kläger zusammen veranlagt.

In den Streitjahren 1997 und 1998 besteuerte das FA beim Kläger die erhaltenen Rentenzahlungen mit dem Ertragsanteil. Bei der Klägerin berücksichtigte das FA den Ertragsanteil der Rente nur insoweit als Betriebsausgaben, als er auf das Arbeitszimmer entfiel. Der darüber hinausgehende Anteil wurde auch nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen. Das FG gab den Klagen statt; zu Unrecht habe das FA den strittigen Teil des Ertragsanteils nicht als Sonderausgaben abgezogen (FG Köln, Urteil vom 21.11.2000, 8 K 7309/99, 8 K 7310/99, Haufe-Index 565588, EFG 2001, 626).

Mit Beschluss vom 14.11.2001 (X R 32–33/01, BFH/NV 2002, 417, BFH/PR 2002, 132) hatte der BFH dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob die Besteuerung der Ertragsanteile mit ihrem vollen Nennbetrag ohne Berücksichtigung eines Sparer-Freibetrags mit Art. 3 GG vereinbar sei, obwohl es sich um pauschalierte Einkünfte aus Kapitalvermögen handele. Die Vorlage wurde als unzulässig verworfen (BVerfG, Beschluss vom 22.09.2009, 2 BvL 3/02, BVerfGE 124, 251).

 

Entscheidung

Der BFH hat die erstinstanzlichen Urteile aufgehoben. Den Klagen wurde teilweise stattgegeben. Das FA habe zu Recht den Abzug der von der Klägerin geleisteten Zahlungen als Sonderausgaben abgelehnt. Die mit ihrem Arbeitszimmer zusammenhängenden Zahlungen seien aber als Betriebsausgaben abziehbar. Sie seien jedoch nicht nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 2 EStG zu berechnen; anzusetzen sei vielmehr der anteilige Zinsanteil, der sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen den Rentenzahlungen einerseits und dem jährlichen Rückgang des Barwerts der Leibrentenverpflichtung andererseits ergebe.

 

Hinweis

Im Anschluss an die als unzulässig verworfene Richtervorlage bestätigt der X. Senat in dem darauf folgenden Urteil seine bisherige Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Veräußerungsrenten.

1. Eine als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last oder Rente liegt nicht vor, wenn wiederkehrende Leistungen ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach Entgelt für eine Nutzungsüberlassung sind. Ebenso sind Unterhaltsleistungen sowie freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht zugewendete wiederkehrende Leistungen (private Unterhaltsrente) nicht abziehbar (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG). Werden außerhalb des Sonderrechts der Vermögensübergabe wiederkehrende Leistungen vereinbart, greift der den Abzug als dauernde Last oder als Leibrente legitimierende Gesichtspunkt der "vorbehaltenen Vermögenserträge" nicht ein.

2. Rentenzahlungen im Rahmen einer Veräußerungsrente beruhen auf einer freiwillig eingegangenen Rechtspflicht im Rahmen eines entgeltlichen gegenseitigen Austauschvertrags; die für Sonderausgaben typische Zwangslage ist nicht gegeben.

3. Werden anlässlich einer auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich gestreckten entgeltlichen privaten Vermögensumschichtung gleichbleibende wiederkehrende Leistungen vereinbart, ist deren Ertragsanteil (Zinsanteil) bei verfassungskonformer Auslegung auch deshalb nicht als Sonderausgabe abziehbar, weil dieser Teil Entgelt für die Überlassung von Kapital (Zins) ist, der dem Verbot des Abzugs von privaten Schuldzinsen unterliegt. Da der Ertragsanteil einer Gegenleistungsrente wirtschaftlich betrachtet privaten Schuldzinsen entspricht, ist es im Hinblick auf das Leistungsfähigkeitsprinzi...

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