Leitsatz

Die Pension, die der zwischenzeitlich in den USA ansässige ehemalige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer inländischen KG für seine frühere Geschäftsführertätigkeit bezieht, kann nach Art. 18 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. unbeschadet des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2.. HalbsEStG nur in den USA besteuert werden. § 50d Abs. 10 i.V.m. § 52 Abs. 59a S. 8 EStG i.d.F. des JStG 2009 ändert daran nichts.

 

Normenkette

§ 50d Abs. 10, § 52 Abs. 59a S. 8 EStG i.d.F. des JStG 2009, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1, Abs. 1 S. 2, § 24 Nr. 2 EStG, Art. 3 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F.

 

Sachverhalt

Der (im Jahr 1935 geborene) Kläger hatte im Streitjahr 2001 seinen Wohnsitz in den USA. Er war Kommanditist einer inländischen GmbH & Co. KG und von 1967 bis 1984 Geschäftsführer der GmbH. Nach dem zwischen dem Kläger und der GmbH geschlossenen Dienstvertrag stand dem Kläger bei Eintritt in den Ruhestand auf Lebenszeit eine Pension zu.

1984 legte der Kläger sein Amt als Geschäftsführer nieder. Anlässlich dessen schlossen der Kläger und die GmbH einen Aufhebungsvertrag, wonach der Kläger vom 01.01.2001 an die ihm dienstvertraglich zustehende Pension erhalten sollte.

In der Folgezeit – im Jahr 1997 – wurden die Kommanditanteile (mehrfach) veräußert. Die Verpflichtungen u.a. aus den Pensionsansprüchen wurden von den Erwerbern (zuletzt eine GmbH) übernommen.

Das FA ging im Ergebnis übereinstimmend u.a. mit dem pensionsberechtigten Kläger davon aus, dass die Übernahme der Pensionsverpflichtungen als zusätzlicher Kaufpreis für die Übernahme der Kommanditanteile zu behandeln sei und dass es sich bei den Pensionen um nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 i.V.m. § 24 Nr. EStG) handle. Es legte die Einkünfte nach § 15 EStG der Besteuerung zugrunde.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.10.2009, 10 K 3312/08, Haufe-Index 2265500, EFG 2010, 238) …

 

Entscheidung

… und dabei blieb es auch vor dem BFH: Der BFH wies die Revision des FA durch einstimmigen Beschluss gem. § 126a FGO als unbegründet zurück: Für (nachträglich gezahlte) Ruhegelder stehe das Besteuerungsrecht den USA zu; § 50d Abs. 10 EStG stehe dem nicht entgegen.

 

Hinweis

Nach dem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 08.09.2010, I R 74/09 (BFH/NV 2011, 138, BFH/PR 2011, 70) nun eine weitere Entscheidung des BFH zur abkommensrechtlichen Behandlung von Sondervergütungen und zu dem insoweit "rechtsprechungsbrechenden"§ 50d Abs. 10 EStG:

1. Nochmals: Sondervergütungen sind aus Sicht des BFH abkommensrechtlich grundsätzlich nicht als Unternehmensgewinne (i.S.v. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA) aufzufassen, sondern den jeweils spezielleren Einkunftskategorien und den jeweils spezielleren Besteuerungszuteilungen in den DBA zuzuordnen. Im Fall nachgezahlter Ruhegelder, die ein (ehemaliger) Geschäftsführer (und Mitunternehmer) von "seiner" Personengesellschaft als Arbeitnehmer ­bezieht, ist das Art. 18 OECD-MA. Dass § 15 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Halbs. EStG derartige nachträgliche Einkünfte (vgl. § 24 Nr. 2 EStG) wegen der Mitunternehmerstellung den (gewerblichen) Sondervergütungen zurechnet, ändert daran nichts. Es handelt sich hierbei um eine rein nationale Einstufung, welche das abkommensrechtlich-autonome Verständnis nicht beeinflussen kann.

Da Art. 18 OECD-MA das Besteuerungsrecht für Ruhegelder aus unselbstständiger Arbeit dem Wohnsitzstaat des Empfängers zuteilt, geht der deutsche Besteuerungszugriff folglich verloren, wenn jener Empfänger (mittlerweile) im anderen Vertragsstaat lebt.

2. § 50d Abs. 10 EStG weist den Rechtsanwender nun aber an, Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. Halbs. und Nr. 3 2.Halbs. EStG, auf die die Vorschriften eines DBA, das keine solche Sondervergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält, anzuwenden sind, für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne gelten. § 52 Abs. 59a S. 8 EStG 2002 n.F. bestimmt, dass die neue Regelung des § 50d Abs. 10 EStG 2002 n.F. rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden ist.

Dazu, dass dem Gesetzgeber die Umsetzung es Besteuerungsanspruchs, den er damit erheben will, rechtstechnisch nicht so recht gelungen ist, wurde in besagtem Urteil vom 08.09.2010, I R 74/09 (BFH/NV 2011, 138, BFH/PR 2011, 70) alles gesagt. Darauf kann verwiesen werden.

3. Für die Situation der nachträglichen Sondervergütungen kommt ein Weiteres hinzu: § 50d Abs. 10 EStG nimmt zwar § 15 Abs. 1 S. 1 EStG in den einschlägigen Regelungsbereichen in Bezug, nicht aber § 15 S. 2 EStG. M.a.W.: Der Gesetzgeber verzichtet für derartige Vergütungen auf die abkommensverkehrende nationale Umdeutung der Vergütungen in Unternehmensgewinne. Ob das gewollt oder ungewollt ist, darüber ergibt sich aus den Regelungsmaterialien nichts. Der BFH versteht die Umqualifizierungsnorm des § 50d Abs. 10 EStG indes einmal mehr eng, weil sie der von ihm als richtig erkannten Abkommensauslegung widerspricht und anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber wusste, was er tat...

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