Rz. 36

Für eine Kapitalherabsetzung auf diesem Wege gibt es 2 Möglichkeiten. Entweder werden die Aktien zwangsweise eingezogen oder nach dem Erwerb der Aktien durch die Aktiengesellschaft. Beide Optionen ergeben sich aus § 237 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die Einziehung selbst kann nach § 237 Abs. 2 AktG als ordentliche Einziehung oder nach § 237 Abs. 3 AktG als vereinfachte Einziehung gestaltet werden. Die zwangsweise Aktieneinziehung im Wege eines ordentlichen Verfahrens ist (wie auch eine ordentliche Kapitalherabsetzung) an einen Hauptversammlungsbeschluss gebunden, der mit mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vorhandenen Grundkapitals erfolgte. § 237 Abs. 2 Satz 2 AktG bestimmt, dass in der Satzung oder in dem Beschluss der Hauptversammlung die Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung zu nennen sind. Im Rahmen der Zwangseinziehung ist den Aktionären ein Entgelt zu gewähren. Die Zahlung des Entgelts an die Aktionäre darf jedoch erst dann erfolgen, wenn seit der Bekanntmachung der Eintragung des Einziehungsbeschlusses 6 Monate vergangen sind und etwaigen Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung gewährt wurde. Über § 237 Abs. 2 Satz 1 AktG kommt auch die Gläubigerschutzvorschrift des § 225 Abs. 2 AktG zur Anwendung.

Diese Variante der Kapitalherabsetzung wird unter 2 alternativen Voraussetzungen (§ 238 AktG) wirksam

  • mit Eintragung des Beschlusses bzw. wenn die Einziehung zeitlich der Eintragung des Beschlusses nachgelagert ist, mit der Einziehung oder
  • mit der durch die Satzung angeordneten Zwangseinziehung.
 

Rz. 37

Infolge der Kapitalherabsetzung ist das gezeichnete Kapital (Grundkapital) um den Nennbetrag der eingezogenen Aktien zu kürzen und entsprechend reduziert auszuweisen. Aufgrund der beiden unterschiedlichen Wirkungszeitpunkte für die Kapitalherabsetzung ergeben sich für den Bilanzausweis auch 2 unterschiedliche Zeitpunkte. Entweder ist das reduzierte Grundkapital ab dem Zeitpunkt der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister in der Bilanz auszuweisen oder zum Zeitpunkt der faktischen Einziehung der Aktien. Wenn die Einziehung der Aktien der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses zeitlich nachgelagert ist, dann ist für den bilanziellen Ausweis lediglich der Zeitpunkt der tatsächlichen Einziehung maßgeblich.

Der Ertrag aus einer Kapitalherabsetzung im ordentlichen Verfahren ist nach § 240 Satz 1 AktG in der GuV zu zeigen und zwar hinter dem Posten "Entnahmen aus Gewinnrücklagen".

 

Rz. 38

Die zwangsweise Aktieneinziehung kann daneben auch im Wege eines vereinfachten Verfahrens erfolgen. Die diesbezüglichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 237 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AktG. Danach brauchen die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung nicht befolgt zu werden, wenn Aktien mit voll eingezahltem Ausgabebetrag der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren dann nicht, wenn derartige Aktien zulasten des Bilanzgewinns oder einer frei verfügbaren Rücklage eingezogen werden. Aus § 237 Abs. 5 AktG ergibt sich, dass in derartigen Fällen in die Kapitalrücklage ein Betrag einzustellen ist, der dem auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag des Grundkapitals gleichkommt.

Eine weitere Anwendung für das vereinfachte Verfahren ergibt sich aus § 237 Abs. 1 Nr. 3 AktG für Stückaktien, wenn der Beschluss der Hauptversammlung bestimmt, dass sich durch die Einziehung der Anteil der übrigen Stückaktien am Grundkapital nach § 8 Abs. 3 AktG erhöht. In Bezug auf den Zeitpunkt eines handelsbilanziellen Ausweises gilt der gleiche Zeitpunkt, wie auch bei der Einziehung im ordentlichen Verfahren.

Für die Abbildung in der GuV gilt § 240 Satz 1 AktG, danach ist der erzielte Betrag als "Ertrag aus der Kapitalherabsetzung" zu zeigen. Ein Verstoß gegen die materielle Gläubigerschutzbestimmung des § 237 Abs. 5 AktG führt i. d. R. zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach § 256 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Grundsätzlich hat der Abschlussprüfer bei Feststellung eines Verstoßes gegen § 240 AktG das Testat nach § 322 HGB zu versagen.[1] Daneben ergeben sich nach Maßgabe des § 240 Satz 3 Nr. 3 AktG Erläuterungspflichten im Anhang, die darauf gerichtet sind, ob und in welcher Höhe Beträge aus der Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage eingestellt wurden.[2]

[1] Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 240 Rz. 7.
[2] Vgl. Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 240 Rz. 6.

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