3.1.1 Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft

 

Rz. 22

Für den Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft gelten zunächst die §§ 242 ff. HGB. Danach hat die Kapitalgesellschaft auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Dieser Jahresabschluss muss nach § 246 HGB vollständig sein, Posten der Aktivseite dürfen grundsätzlich nicht mit der Passivseite, Aufwendungen dürfen nicht mit Erträgen verrechnet werden. Gem. § 246 Abs. 2 HGB muss aber eine Saldierung von ausschließlich der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienenden Vermögensgegenständen, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind, mit den Pensionsverpflichtungen erfolgen, womit primär das Planvermögen von Pensionsfonds o. Ä. gemeint ist.[1]

Zusätzlich zu diesen allgemeinen Vorschriften der §§ 242 ff. HGB gelten für Kapitalgesellschaften die ergänzenden Vorschriften der §§ 264-335c HGB. Diese Vorschriften enthalten detaillierte Regelungen, wie der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft aufzustellen ist. Kapitalgesellschaften sind häufig sehr große Gesellschaften, die im Rahmen der Gesamtwirtschaft einen erheblichen Einfluss ausüben können. Sie sind auch häufig in der Form der Aktiengesellschaft organisiert, deren Anteile an der Börse notiert sind. Es besteht daher ein erhebliches Bedürfnis der Aktionäre und Gläubiger, aber auch der Öffentlichkeit, über die finanzielle und wirtschaftliche Lage dieser Kapitalgesellschaften informiert zu werden. Diesem Informationsbedürfnis dienen die ergänzenden Vorschriften der §§ 264 ff. HGB. Sie verpflichten die Kapitalgesellschaften zu einer erheblich umfangreicheren Rechnungslegung, als dies für natürliche Personen und Personengesellschaften nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 242 ff. HGB der Fall ist, bis hin zur Prüfung und Offenlegung. Dies kann als Preis für die Haftungsbeschränkung verstanden werden.[2]

Die Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften mit Ausnahme der Straf- und Bußgeldvorschriften, d. h. die §§ 264-330 HGB, gelten nach § 264a HGB auch für Personengesellschaften, bei denen unmittelbar oder mittelbar (über zwischengeschaltete Personengesellschaften) keine natürliche Person unbeschränkt haftet. Dies betrifft die GmbH & Co. KG bzw. mehrstöckige GmbH & Co. KG-Konstruktionen. Dies muss nicht gelten, soweit die Personengesellschaft in einen Konzernabschluss einbezogen ist.[3] Für die Erleichterungen bei Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vgl. Rz. 27.

 

Rz. 23

Die für (große) Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften sind auch von Unternehmen, die dem Publizitätsgesetz unterliegen, anzuwenden. Dies sind nach § 3 Abs. 1 PublG

  • Einzelkaufleute,
  • Personenhandelsgesellschaften, für die nicht bereits ein Abschluss nach §§ 264a, 264b HGB aufgestellt wird,
  • wirtschaftliche Vereine,
  • rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, wenn sie ein Gewerbe betreiben,
  • Körperschaften, Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts, die Kaufmann i. S. d. § 1 HGB sind oder als Kaufmann im Handelsregister eingetragen sind,

welche die folgenden sich aus § 1 Abs. 1 PublG ergebenden Größenmerkmale erfüllen:

  • an 3 aufeinander folgenden Abschlussstichtagen eine Bilanzsumme von mehr als 65 Mio. EUR,
  • innerhalb von 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag Umsatzerlöse von mehr als 130 Mio. EUR,
  • innerhalb von 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag Beschäftigung von durchschnittlich mehr als 5.000 Arbeitnehmern.

Nicht dem Publizitätsgesetz unterliegen Genossenschaften, Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit einer Gebietskörperschaft, Verwertungsgesellschaften sowie Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen.[4] Kommunale Eigenbetriebe haben nach den jeweiligen Landesgesetzen i. d. R. auch die Rechnungslegungsregeln der großen Kapitalgesellschaft zu befolgen.

 

Rz. 24

Die ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften geben für die Rechnungslegung erheblich geringere Spielräume, als das nach den §§ 242 ff. HGB der Fall ist. Durch die zwingenden Gliederungsschemata für die Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung zielen die §§ 264 ff. HGB auf einen standardisierten Jahresabschluss, der die Vergleichbarkeit der finanziellen Verhältnisse zwischen den einzelnen Kapitalgesellschaften fördert. Die ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften sind daher für die externe Abschlussanalyse von erheblicher Bedeutung.

 

Rz. 25

Da das reine Zahlenwerk der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung häufig nicht aussagekräftig genug ist, insbesondere die Ausübung von Wahlrechten und Bewertungsspielräumen nicht erkennen lässt, wird der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaften um einen Anhang[5] erweitert; zusätzliche Informationen enthält darüber hinaus der von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften zu erstellende Lagebericht,[6] der außerhalb des Jahresabschlusses steht. Durch diese beiden Instrumente (Anhang im Rahmen des Jahresabschlusses, Lageber...

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