1.1 Begriff der Kapitalgesellschaft

 

Rz. 1

Das HGB enthält keine Definition des Begriffs der Kapitalgesellschaften, lediglich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ergibt sich eine Aufzählung derjenigen Gesellschaftsformen, die als Kapitalgesellschaften eingeordnet werden: Europäische Gesellschaften (SE), Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Ihrem Wesen nach sind Kapitalgesellschaften Körperschaften. Als Kapitalgesellschaften können daher nur solche Gebilde bezeichnet werden, die eine körperschaftliche Struktur aufweisen. Eine Körperschaft ist eine durch Organisation und Struktur gegenüber den Mitgliedern verselbstständigte "Verbandsperson", die in ihrer Vermögenssphäre und ihrer Existenz von den Gesellschaftern zu unterscheiden ist. Aus der Trennung der Gesellschaftersphäre von der Sphäre der Körperschaft und der von den Gesellschaftern unabhängigen Existenz der Körperschaft ergibt sich, dass die Körperschaft selbst handlungsfähig ist. Die Gesellschafter sind nicht kraft Gesetzes die Geschäftsführer ("Selbstorganschaft", wie bei den Personengesellschaften), vielmehr können nicht an der Körperschaft beteiligte Personen zur Geschäftsführung bestellt werden ("Fremdorganschaft"). Die Handlungsfähigkeit der Körperschaft wird nicht von der Handlungsfähigkeit der Gesellschafter abgeleitet. Vielmehr besitzt die Körperschaft eigene Handlungsfähigkeit, die sich auch in der Existenz von Organen ausdrückt, die nicht mit den Gesellschaftern identisch sind.[1]

 

Rz. 2

Die Kapitalgesellschaften als besondere Untergruppe der Körperschaften lassen sich dadurch von anderen Formen der Körperschaften unterscheiden, dass bei ihnen eine kapitalmäßige Beteiligung des Mitglieds wesensnotwendig ist. Bei Kapitalgesellschaften treten daher regelmäßig die persönlichen Beziehungen zwischen den Mitgliedern untereinander gegenüber der kapitalmäßigen Beteiligung an der Körperschaft in den Hintergrund. Die Berechtigung des Mitglieds an der Kapitalgesellschaft richtet sich regelmäßig nach der Höhe der Kapitalbeteiligung. Eine persönliche Beziehung zwischen den Mitgliedern ist nicht erforderlich. Die Kapitalgesellschaft eignet sich daher besonders für die Ansammlung von Kapital durch anonyme Kapitalgeber. Diese Anonymität der Mitglieder ermöglicht eine leichte Übertragbarkeit der Anteile an der Kapitalgesellschaft und damit eine Notierung der Anteile an Börsen.

[1] Zur Definition und Struktur von Körperschaften vgl. Schäfer, in Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, Vorbemerkung vor § 705 BGB, Rz. 12 ff.

1.2 Strukturmerkmale

1.2.1 Kapitalgesellschaft als juristische Person

 

Rz. 3

Kapitalgesellschaften sind juristische Personen, und zwar AG und KGaA nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG, die GmbH nach § 13 GmbHG. Die SE besitzt nach Art. 1 Abs. 3 SE-VO,[1] die in der Bundesrepublik als unmittelbar geltendes Recht gilt, eigene Rechtspersönlichkeit.

In der Rechtsfähigkeit der Kapitalgesellschaften kommt in besonderem Maße die gegenüber den Gesellschaftern verselbstständigte Stellung der Kapitalgesellschaft zum Ausdruck. Sie ist dadurch in ihrer Existenz von der Existenz der Gesellschafter unabhängig und sie hat eine Vermögenssphäre, die von der Vermögenssphäre der Gesellschafter getrennt ist. Zivilrechtlich sind Kapitalgesellschaften Rechtssubjekte, sodass sie selbstständig Träger von Rechten und Pflichten sein und klagen und verklagt werden können. Steuerrechtlich sind Kapitalgesellschaften selbstständige Steuerrechtssubjekte, die selbst, nicht nur als Gesamtheit der Gesellschafter, der jeweiligen Steuer unterliegen.

Die Eigenschaft als juristische Person erhalten die Kapitalgesellschaften – anders als wirtschaftliche Vereine – nicht aufgrund einer staatlichen Verleihung, sondern bei Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen kraft Gesetzes.

[1] Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), Abl EG Nr. L 294 v. 10.11.2001. Letzte Änderung mit Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates v. 20.11.2006, Abl EG Nr. L 363 v. 20.12.2006.

1.2.2 Beschränkte Haftung der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft

 

Rz. 4

Ein weiteres Strukturmerkmal der Kapitalgesellschaft ist, dass ihre Gesellschafter grundsätzlich beschränkt haften. Beschränkte Haftung bedeutet, dass die Gläubiger der Kapitalgesellschaft ihre Forderungen nur gegen das Gesellschaftsvermögen geltend machen können. Die Gesellschafter haften diesen Gläubigern nicht persönlich, sondern nur mit ihrer Kapitaleinlage, die in das Vermögen der Kapitalgesellschaft übergegangen ist. Genau genommen ist es daher unrichtig, von einer beschränkten Haftung der Gesellschafter zu sprechen. Sie haften den Gesellschaftsgläubigern mit dem ihnen gehörenden Vermögen überhaupt nicht. Eine Haftung für Gesellschaftsschulden besteht nur für das Gesellschaftsvermögen der Körperschaft, nicht für das (Privat-)Vermögen der Gesellschafter.

Eine Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft kann sich nur ergeben, wenn die Gesellschafter das durch Satzung vorgeschriebene Kapital nicht aufgebracht haben; insoweit haften sie für den Fehlbetrag des Kapitals persönlich.

 

Rz. 5

Jed...

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