Der Liquidationsgewinn ergibt sich durch Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens[1] und des Abwicklungs-Anfangsvermögens.[2] Der Abwicklungsgewinn enthält insbesondere aufgedeckte stille Reserven sowie die Gewinne aus der Zeit seit der Auflösung.

 
Abwicklungs-Endvermögen (§ 11 Abs. 3 KStG)
./.
Abwicklungs-Anfangsvermögen (§ 11 Abs. 4 KStG)
=
Liquidationsgewinn (§ 11 Abs. 2 KStG)

3.3.1 Abwicklungs-Anfangsvermögen

Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist. Maßgebend sind die Buchwerte der letzten Steuerbilanz (je nach Ausübung des Wahlrechts gem. R 11 Abs. 1 Satz 3 KStR 2015 des letzten Wirtschaftsjahrs oder des Rumpfwirtschaftsjahrs).

War am Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums kein Betriebsvermögen vorhanden, gilt als Abwicklungs-Anfangsvermögen die Summe der später geleisteten Einlagen (Stammkapital zzgl. Aufgelder). Dies hat Bedeutung für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft bereits vor Ablauf ihres ersten Wirtschaftsjahrs aufgelöst und kein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet wird.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH

Die Gründung der X-GmbH erfolgte zum 1.3.06. Das Wirtschaftsjahr stimmt mit dem Kalenderjahr überein. Die Eröffnungsbilanz hat folgendes Aussehen:

 
Aktiva Eröffnungsbilanz X-GmbH 1.3.06 Passiva
Bank 300.000 EUR   Stammkapital 500.000 EUR
Ausstehende Einlagen 200.000 EUR      
  500.000 EUR     500.000 EUR

Zum 1.8.06 wird bereits die Auflösung der X-GmbH beschlossen. Es gab keine Geschäftsvorfälle.

Als Abwicklungs-Anfangsvermögen ist gem. § 11 Abs. 5 KStG die Summe der von der Gründung bis zur Auflösung geleisteten Einlagen (300.000 EUR) anzusetzen.

Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist um den Gewinn eines vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zu kürzen, der im Abwicklungszeitraum ausgeschüttet worden ist. Dies gilt auch für Gewinnausschüttungen, die von einer Kapitalgesellschaft in Liquidation nach der Auflösung für Wirtschaftsjahre vor Beginn der Liquidation beschlossen wurden.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung des Abwicklung-Anfangsvermögens

Die Gesellschafterversammlung der X-GmbH, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, beschließt am 30.4.06 eine Gewinnausschüttung i. H. v. 100.000 EUR für das Wirtschaftsjahr 05. Die Auszahlung erfolgt am 15.5.06. Am 1.4.06 wurde die Auflösung der X-GmbH beschlossen.

Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist gem. § 11 Abs. 4 KStG i. H. v. 100.000 EUR für das Wirtschaftsjahr 05 zu kürzen.

3.3.2 Abwicklungs-Endvermögen

Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen, vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen, z. B. Investitionszulage, offene und verdeckte Einlagen, die im Abwicklungszeitraum zugeflossen sind.[1] Die Bewertung des Abwicklungs-Endvermögens erfolgt nach den Regelungen der §§ 5 und 6 EStG. Da sämtliche stille Reserven aufzudecken und zu besteuern sind, ist für Sachwerte der gemeine Wert gem. § 9 BewG anzusetzen. Maßgeblicher Bewertungszeitpunkt ist dabei der Tag der Übertragung an die Gesellschafter.[2]

Zum Abwicklungs-Endvermögen gehören auch Vorschüsse auf das Abwicklungsergebnis, z. B. Liquidationsraten und verdeckte Zuwendungen. Dies ergibt sich aus § 11 Abs. 6 KStG, wonach "im Übrigen die sonst geltenden Vorschriften anzuwenden sind".

Hinzuzurechnen sind daher

  • Abschlagszahlungen,
  • der Wert unentgeltlich den Gesellschaftern im Abwicklungszeitraum zugewendeter Gegenstände bzw. der Differenzbetrag bei verbilligten Zuwendungen,
  • Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag,
  • Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen,
  • nicht abzugsfähige Spenden,
  • gem. § 4 Abs. 5 KStG nicht abzugsfähige Ausgaben.

Abzurechnen vom Abwicklungs-Endvermögen sind dagegen

  • steuerbefreite Einnahmen (z. B. Investitionszulage oder nach DBA steuerfreie ausländische Einkünfte),
  • offene und verdeckte Einlagen,
  • erstattete Körperschaftsteuer bzw. erstatteter Solidaritätszuschlag,
  • gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG abzugsfähige Spenden[3],
  • gem. § 10d EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG abzugsfähige Verluste.
 
Praxis-Beispiel

Ermittlung des Abwicklungsgewinns

Die X-GmbH, deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, wird zum 1.1.14 aufgelöst. Der Buchwert des Betriebsvermögens in der Bilanz zum 31.12.13 beträgt 60.000 EUR. Im Juli wird für 13 eine Dividende i. H. v. 50.000 EUR an die Gesellschafter ausgeschüttet. U. a. ergaben sich während des Liquidationszeitraums folgende Geschäftsvorfälle:

  • In 14 wurden Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen i. H. v. 20.000 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag (1.100 EUR) als Aufwand verbucht.
  • Es wurden Aufsichtsratsvergütungen i. H. v. 5.000 EUR gezahlt und als Aufwendungen verbucht.
  • Die X-GmbH erhielt im Jahr 15 eine Dividende i. H. v. 40.000 EUR aus der Beteiligung an der Y-GmbH (Buchwert: 10.000 EUR). Die Kapitalertragsteuer i. H. v. 10.000 EUR zzgl. 550 EUR Solidaritätszuschlag wurde als Aufwand verbucht. Die Beteiligung wurde Ende 15 zu einem Preis von 60....

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