1 Grundsachverhalte

1.1 Begriff

 

Rz. 1

Die Kapitalflussrechnung, die auch als Finanzfluss-, Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung oder Cashflow Statement bezeichnet wird, ist ein spezielles Instrument für die Einschätzung der finanziellen Lage von Unternehmen und somit zentrale Basis etwa für die Solvenzbeurteilung oder die Analyse der finanziellen Auswirkungen verfolgter Strategien. Das Instrument wurde im internen Rechnungswesen zur Unterstützung der Finanzsteuerung entwickelt und dann in rechtlich determinierten Ausgestaltungsformen in die Rechnungslegung übernommen. In Deutschland treten gerade bei diesem Instrument noch erhebliche Probleme bei der Anwendung auf. So befand sich die Kapitalflussrechnung seit dem Jahre 2005 bis zum Jahr 2020 mit nur 5 Ausnahmen in der Aufzählung der Prüfungsschwerpunkte der inzwischen mit dem FISG[1] abgeschafften Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR)[2] auch als Ergebnis von vielen in diesem Bereich festgestellten Einzelfehlern in den Tätigkeitsberichten der DPR.[3] In den Tätigkeitsberichten werden jeweils die Ergebnisse der untersuchten Jahres- und Konzernabschlüsse zusammengefasst. Seit 2014 scheinen die Unternehmen und Abschlussprüfer die Regelungen genauer zu befolgen, sodass seither in diesem Bereich weniger Fehler aufgetreten sind.[4] Gleichwohl sah sich die DPR noch im Jahr 2018 veranlasst, für die Kapitalflussrechnung 4 Hinweise herauszugeben.[5]

 

Rz. 2

Grundsätzlich lassen die obligatorischen Bestandteile des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang) eine adäquate Beurteilung der Finanzlage nur begrenzt zu. Als Zusatzinstrument für die Dokumentation von Entwicklung, Herkunft und Verwendung der Finanzmittel bietet sich die Kapitalflussrechnung an, durch die neben der Darstellung von Vermögen und Kapital in Form von Stichtagswerten in der Bilanz sowie der Erträge und Aufwendungen in Form von Zeitraumrechnungen in der GuV dann auch die Ein- und Auszahlungen der betrachteten Periode abgebildet werden.

 

Rz. 3

Das Ziel der Kapitalflussrechnung ist nach DRS 21.1, den Einblick in die Fähigkeit des Unternehmens zu verbessern, künftig finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und Ausschüttungen an die Anteilseigner zu leisten. Dabei muss die Kapitalflussrechnung die Veränderung des Finanzmittelfonds zeigen, wozu für die Berichtsperiode die Zahlungsströme darzustellen sind. Zudem ist darüber Auskunft zu geben, wie das Unternehmen aus der laufenden Geschäftstätigkeit Finanzmittel erwirtschaftet hat und welche zahlungswirksamen Investitions- und Finanzierungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Dies entspricht inhaltlich der Zielsetzung von IAS 7.4.

[1] Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz) v. 3.6.2021, BGBl I 2021 S. 1534 ff.
[2] Vgl. DPR, Prüfungsschwerpunkte der jeweiligen Jahre (Abrufbar unter https://www.frep.info/presse/pressemitteilungen.php; letzter Abruf 26.6.2021).
[3] Vgl. insbesondere DPR, Tätigkeitsberichte 2010, 2011, S. 7, 2013, S. 6. (Abrufbar unter https://www.frep.info/presse/taetigkeitsberichte.php; letzter Abruf: 26.6.2021).
[4] Vgl. zuletzt DPR, Tätigkeitsbericht 2019, 2020, S. 7. (Abrufbar unter https://www.frep.info/docs/jahresberichte/2019/2019_tb.pdf; letzter Abruf: 26.6.2021).
[5] Vgl. DPR, Tätigkeitsbericht 2018, S. 10. (Abrufbar unter https://www.frep.info/docs/jahresberichte/2019/2019_tb.pdf; letzter Abruf 21.6.2021.

1.2 Aufstellungsverpflichtung

 

Rz. 4

In den angelsächsischen Ländern bzw. nach internationalen Rechnungslegungsnormen gehört ein Cashflow Statement bereits seit Jahren zum Pflichtbestandteil des Jahresabschlusses. Dabei sind nach IFRS IAS 7 "Cash Flow Statements" und für die US-GAAP SFAS 95 "Statement of Cash Flows" relevant. In Deutschland ist die Kapitalflussrechnung erst seit 1998 gem. § 297 Abs. 1 Satz 1 HGB ein Pflichtbestandteil des Konzernabschlusses. Zunächst nur für börsennotierte Gesellschaften eingeführt, haben mit der Verabschiedung des Bilanzrechtsreformgesetzes 2004 inzwischen sämtliche Mutterunternehmen ihren Konzernjahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung zu ergänzen, wobei bis zum 31.12.2014 DRS 2[1] zu beachten war und seit dem 1.1.2015 der DRS 21[2] zu beachten ist.[3] Seit dem Geschäftsjahr 2010 ist die Kapitalflussrechnung auch für den Einzelabschluss nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB relevant, allerdings nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind. Gleichwohl wurden auch schon vorher Kapitalflussrechnungen auf freiwilliger Basis veröffentlicht. Gründe dafür liegen in der zunehmenden Bedeutung der Corporate Governance, des "Investor-Relations-Gedankens" und nicht zuletzt auch in der wachsenden Tendenz zur Konzernierung und Globalisierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte sowie vor allem der Finanzmärkte. Selbst kleine und mittelständische Unternehmen waren dadurch oft gezwungen, sich den Informationserwartungen eines internationalen Aktionärs- oder Geschäftspartnerkreises bzw. der Fremdkapita...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge