Rz. 104

Der größte Nutzen wird bei den Daten des externen Rechnungswesens grundsätzlich durch ihre bilanzanalytische Auswertung und Interpretation erzielt. Daher soll hier das Instrumentarium zur bilanzanalytischen Untersuchung von Kapitalflussrechnungen vorgestellt werden.

 

Rz. 105

Da in den wenigsten Fällen die zur Auswertung vorliegenden Daten den Anforderungen einer betriebswirtschaftlich sachgerechten Analyse entsprechen, ist zunächst eine zweckorientierte Aufbereitung erforderlich.[1] Dabei ist die Zuordnung der verschiedenen Ein- und Auszahlungen zu den einzelnen Teilbereichen auf ihre Richtigkeit und Angemessenheit hin zu überprüfen und bei offensichtlichen Fehlern zu korrigieren. Die Notwendigkeit zur Aufbereitung der Kapitalflussrechnung resultiert insbesondere aus dem Einsatz bilanzpolitischer Maßnahmen, wie oben bereits beschrieben. Im Wesentlichen sollte sichergestellt werden, dass die gezahlten und erhaltenen Zinsen sowie die erhaltenen Dividenden im operativen Bereich erfasst werden.

 

Rz. 106

Der entsprechend aufbereitete Cashflow (aus laufender Geschäftstätigkeit) kann als Instrument der Abschlussanalyse dazu dienen, mögliche abschlusspolitische Gestaltungen bei der Ermittlung des Jahresergebnisses (Erfolgsindikator) und andererseits den finanzwirtschaftlichen Überschuss aus der betrieblichen Erfolgstätigkeit der Periode aufzudecken (Finanzindikator).[2] Der Cashflow als Erfolgsindikator ist als eigenständiger Erfolgsausdruck zu betrachten, der den aus Erfolgsvorgängen der Periode stammenden finanziellen Überschuss verkörpert, d. h. die operativen Nettoeinnahmen aus Erfolgstätigkeit.[3] Während der Cashflow – allerdings unter Ausblendung von erfolgsrechnerischen Periodisierungstatbeständen – als retrospektiver Erfolgsmaßstab im Rahmen der Unternehmensanalyse Aussagen über die Entwicklung der Ertragslage in den vergangenen Perioden liefern soll, ermöglicht der Cashflow als prospektiver Erfolgsmaßstab Aussagen über die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens.[4]

 

Rz. 107

Zur Analyse von Kapitalflussrechnungen ist die Ermittlung von Kennzahlen genauso sinnvoll wie bei der Analyse der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung. Mittlerweile sind eine Reihe von Cashflow-Kennzahlen entwickelt worden, die das Informationspotenzial der Kapitalflussrechnung ausschöpfen. Es ist theoretisch möglich, jeden Zahlenwert der Kapitalflussrechnung zu einer beliebigen Verursachungsgröße in Beziehung zu setzen. In "Bilanzanalyse in der HGB- und IFRS-Rechnungslegung" sind exemplarisch einige sinnvolle Kennzahlen vorgestellt und ihr jeweiliger Aussagewert dargestellt.[5]

 

Rz. 108

Zudem ermöglicht eine Cashflow-Verwendungsrechnung eine Interpretation im Hinblick auf das Ausmaß der mit dem Cashflow ermöglichten finanziellen Aufgabenerfüllung. Das Prinzip einer solchen Rechnung besteht darin, finanzielle Verwendungen vom Cashflow ausgehend und entsprechend einer Dringlichkeitsfolge abzuziehen, um zu verdeutlichen, in welchem Ausmaß das Unternehmen seine finanziellen Verpflichtungen aus den selbst erwirtschafteten Mitteln zu bestreiten vermag. Die finanzielle Lage des Unternehmens ist umso stabiler, je weiter der Cashflow im Rahmen dieser Verwendungsrechnung reicht.[6] Da der Cashflow so konzipiert ist, dass die unmittelbar mit Auszahlungen verbundenen Aufwendungen bereits abgedeckt sind, kann er gedanklich in Relation zu Investitionen, Schuldentilgungen, Gewinnausschüttungen und Liquiditätsaufbau gesehen werden. Damit wird deutlich, in welchem Ausmaß das Unternehmen existenzentscheidende Verpflichtungen aus selbst erwirtschafteten Finanzmitteln zu bestreiten vermag. Im Hinblick auf die Shareholder-Value-Analyse sowie die Unternehmensbewertung ist der Ansatz, durch Abzug bestimmter Verwendungen aus dem Cashflow den Free Cashflow bzw. entziehbaren Überschuss abzuleiten, ebenfalls von großer Bedeutung.

[1] Vgl. Meyer, Cashflow-Reporting und Cashflow-Analyse, 2007, S. 484.
[2] Vgl. Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, 10. Aufl. 2012, S. 189 ff. m. w. N.
[3] Vgl. Lachnit, WiSt 5/1975, S. 223.
[4] Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 25. Aufl. 2018, S. 1122 ff.
[5] S. "Bilanzanalyse in der HGB- und IFRS-Rechnungslegung", Rz. 171 ff.
Zu weiterführenden Hinweisen vgl. z. B. Lachnit/Müller, Bilanzanalyse, 2. Aufl. 2017; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 25. Aufl. 2018; Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, 10. Aufl. 2012.
[6] Vgl. Lachnit/Müller, Bilanzanalyse, 2. Aufl. 2017, S. 295 f.

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