Rz. 25

Die Ableitung der Kapitalflussrechnung soll an folgendem vereinfachten Beispiel verdeutlicht werden.[1] Gegeben sind die 2 folgenden Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnung des zu betrachtenden Jahres 01:

 
A Bilanz 31.12.00 P
Sachanlagen 80 Eigenkapital 100
Finanzanlagen 40 Jahresergebnis 10
Vorräte 20 Rückstellungen 30
Forderungen 60 Verbindlichkeiten aus L.+L. 40
Liquide Mittel 10 Bank-Verbindlichkeiten 30
  210   210
 
A Bilanz 31.12.01 P
Sachanlagen 70 Eigenkapital 110
Finanzanlagen 50 Jahresergebnis 15
Vorräte 20 Rückstellungen 30
Forderungen 80 Verbindlichkeiten aus L.+L. 30
Liquide Mittel 15 Bank-Verbindlichkeiten 50
  235   235
 
A GuV 1.1. – 31.12.01 P
Materialaufwand 80 Umsatzerlöse 150
Personalaufwand 40 sonst. betr. Erträge 10
Abschreibungen 10 (Ertrag Abgang AV)  
sonst. betr. Aufwand 15    
Gewinn 15    
  160   160

Abb. 6: Bilanz der Jahre 00 und 01 sowie GuV des Jahres 01

 

Rz. 26

Zur Ermittlung der Kapitalflussrechnung ist zunächst die Beständeänderungsbilanz zu erstellen. Hierfür werden die Vorjahreswerte von den aktuellen Werten der Bilanz abgezogen und dabei in die Kategorien Aktivminderung (A-) und Passivmehrung (P+) als Mittelherkunft (MH) sowie Aktivmehrung (A+) und Passivminderung (P-) als Mittelverwendung (MV) sortiert.

 
Beständeänderungsbilanz 01 00

MV

A+ P-

MH

A- P+
Sachanlagen 70 80   10
Finanzanlagen 50 40 10  
Vorräte 20 20    
Forderungen 80 60 20  
Liquide Mittel 15 10 5  
Eigenkapital 110 100   10
Jahresergebnis 15 10   5
Rückstellungen 30 30    
Verbindlichkeiten aus L.+L. 30 40 10  
Bank-Verbindlichkeiten 50 30   20

Abb. 7: Beständeänderungsbilanz (netto)

 

Rz. 27

Diese Differenzenbilanz ist jedoch sehr grob und sagt noch nicht viel über die dahinter liegenden Geldflüsse aus. Zudem ist die Veränderung des Eigenkapitals genauer zu prüfen. Die 10 GE Jahresergebnis von Jahr 00 sind thesauriert worden und haben zur Erhöhung des Eigenkapitals geführt. Die Änderung von insgesamt 15 GE resultiert somit allein aus dem Jahresergebnis von Jahr 01. Wenn statt dieses Betrags die gesamte GuV in die Rechnung integriert wird, ergibt sich folgendes Bild:

 
  01 00

MV

A+ P-

MH

A- P+
Sachanlagen 70 80   10
Finanzanlagen 50 40 10  
Vorräte 20 20    
Forderungen 80 60 20  
Liquide Mittel 15 10 5  
Eigenkapital 110 110    
Rückstellungen 30 30    
Verbindlichkeiten aus L.+L. 30 40 10  
Bank-Verbindlichkeiten 50 30   20
Materialaufwand 80   80  
Personalaufwand 40   40  
Abschreibungen 10   10  
Sonst. betr. Aufwand 15   15  
Umsatzerlöse 150     150
Sonst. betr. Erträge (Ertrag Abgang AV) 10     10

Abb. 8: Beständeänderungsbilanz (teilbrutto inkl. GuV)

 

Rz. 28

Auf dieser Basis können zunächst die sich entsprechenden Beträge, die keinen Finanzfluss darstellen, eliminiert werden. Dies betrifft die Abschreibungen und die Verringerung des Sachanlagevermögens, die zunächst fälschlich als Mittelverwendung bzw. als Mittelherkunft interpretiert worden sind und in der Abb. 8 fett und unterstrichen gesetzt wurden. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Abgrenzungsrechnung, die die investierte Summe zur periodengerechten Gewinnermittlung auf die Perioden der Nutzungsdauer verteilt. Auch bei anderen Positionen muss nicht immer eine Zahlungsentsprechung gegeben sein. So konnten die Umsatzerlöse von 150 GE in der Periode nicht komplett als Einzahlungen realisiert werden, da die Forderungen um 20 GE gestiegen sind. Dies ist bei der Berechnung der Ein- und Auszahlungen zu berücksichtigen. Die weiteren notwendigen Änderungen können der nachstehend wiedergegebenen Kapitalflussrechnung für das Jahr 01 entnommen werden:

Abb. 9: Derivativ abgeleitete Kapitalflussrechnung bei direkter Darstellung des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit

 

Rz. 29

Die Unterteilung in die Kategorien Erfolgstätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanztätigkeit ist nicht immer trennscharf und bedarf häufig einiger Annahmen.[2] Wichtig ist, dass die Liquiditätswirkung der Periode, die über die Kapitalflussrechnung auf deren Ursachen zurückgeführt ermittelt wird, mit dem Ausweis in der Beständeänderungsbilanz, d. h. der Änderung der liquiden Mittel lt. Bilanz, übereinstimmt.

[1] In Anlehnung an Müller/Müller, Unternehmenscontrolling, 3. Aufl. 2020, S. 182 ff. Vgl. zu einem weiteren Beispiel Freidank/Velte, Rechnungslegung und Rechnungslegungspolitik, 2007, S. 644 ff.
[2] Vgl. Müller, Konvergentes Management-Rechnungswesen, 2003, S. 178.

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