Rz. 69

IFRS 1 eröffnet dem erstmals nach IFRS Bilanzierenden beim Übergang auf die IFRS-Rechnungslegung folgende Wahlrechte, die sich auf den Konzernabschluss auswirken:

  • Behandlung von Unternehmenszusammenschlüssen gemäß IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C
  • Differenzen aus der Währungsumrechnung im Konzernabschluss gemäß IFRS 1.18 i. V. m. IFRS 1. Appendix D 12 f.
  • Unterschiedliche Umstellungsstichtage für den Einzel- und Konzernabschluss gemäß IFRS 1.18 i. V. m. IFRS 1. Appendix D 16 f.
 

Rz. 70

Das zentrale Wahlrecht enthält IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C. Diese Vorschrift entfaltet ihr gesamtes Potenzial an Vereinfachung im Zusammenhang mit der Regelung zur Erfassung der kumulierten Translationsanpassung. Danach kann der auf die IFRS-Rechnungslegung übergehende Konzern den nach landesrechtlichen Vorschriften aufgestellten Konzernabschluss zum Ausgangspunkt der Aufstellung der IFRS-Konzerneröffnungsbilanz wählen.

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Anpassungen, die beim goodwill vorgenommen werden. Bei Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel des IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C gilt:

 
  goodwill (Ausgangswert nach landesrechtlicher Konzernbilanz)
+ Buchwert immaterieller Vermögenswerte aus einem Unternehmenserwerb, die nicht die Ansatzkriterien des IAS 38 erfüllen
Aktivierung von immateriellen Vermögenswerten, welche die Kriterien des IAS 38 erfüllen, aber nach landesrechtlichen Kriterien nicht aktiviert werden durften
= goodwill nach IFRS vor asset impairment test
asset impairment
= goodwill in IFRS-Konzerneröffnungsbilanz
 

Rz. 71

Hat beispielsweise ein Konzern aufgrund der bisher angewendeten landesrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften seine Geschäftswerte aus vergangenen Unternehmensakquisitionen stets gegen das Eigenkapital verrechnet,[1] so lebt dieser Geschäftswert in der IFRS-Konzerneröffnungsbilanz bei Inanspruchnahme des IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C nicht wieder auf.[2] Alternativ könnte der Konzern aber auch retrospektiv IFRS 3 mit der Folge anwenden, dass es zum Ansatz eines goodwill – entweder ermittelt nach der Full-Goodwill-Methode oder nach der Neubewertungsmethode – käme. Behandelt der auf IFRS übergehende Konzern einen bestimmten Unternehmenszusammenschluss jedoch retrospektiv nach den Regeln des IFRS 3 und somit nicht nach IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C, dann müssen alle Unternehmenszusammenschlüsse, welche zeitlich auf diesen Unternehmenszusammenschluss folgen, nach den Vorschriften des IFRS 3 ebenfalls retrospektiv bilanziert werden.[3] Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass prinzipiell (d. h. bei Vorhandensein entsprechender Informationen) die retrospektive Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen zu präferieren ist.

Weiterhin vermeidet ein Konzern bei früherer ergebnisneutraler Verrechnung der Geschäftswerte und gleichzeitiger Anwendung des IFRS 1.18 i. V. m. Appendix C potenzielle zukünftige Wertminderungsaufwendungen nach IFRS 3. Dementsprechend wirkt sich die vor Übergang zur IFRS-Bilanzierung nach Landesrecht vorgenommene Bilanzpolitik bei Erfassung und Behandlung des goodwill unmittelbar auf den IFRS-Konzernabschluss aus.

 

Rz. 71a

Das vorstehend dargestellte Wahlrecht des IFRS 1. Appendix C gilt auch für in der Vergangenheit erworbene Anteile an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen.[4]

Zudem wirkt sich die Entscheidung, einen bestimmten Unternehmenszusammenschluss retrospektiv – und nicht nach der in IFRS 1. Appendix C dargestellten Methode – zu behandeln, unmittelbar auch auf die Abbildung der Erwerbe von Anteilen an assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen nach diesem Stichtag des Unternehmenszusammenschlusses aus; mit anderen Worten, diese Anteilserwerbe sind dann ebenso retrospektiv abzubilden.[5]

[1] Vgl. § 309 Abs. 1 Satz 3 HGB a. F. (i. d. F. vor Novellierung durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz).
[2] Vgl. IFRS 1 Appendix C4 (i).
[3] Vgl. IFRS 1.18 i. V. m. IFRS 1. Appendix C1.
[4] IFRS 1. Appendix C 5 Satz 1.
[5] Vgl. IFRS 1. Appendix C 5 Satz 2.

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