Rz. 63

IFRS 3.19 gewährt dem nach der IFRS-Rechnungslegung Bilanzierenden für jeden einzelnen Unternehmenszusammenschluss das Wahlrecht, die Anteile nicht beherrschender Gesellschafter entweder zum beizulegenden Zeitwert oder zu dem den Anteilen nicht beherrschender Gesellschafter zustehenden Anteil am identifizierbaren Nettovermögen nach Maßgabe der IFRS 3.10–3.31 zu bewerten. Im erstgenannten Fall enthält der Anteil nicht beherrschender Gesellschafter nicht nur den ihnen zustehenden Anteil am identifizierbaren Nettovermögen, sondern auch den auf sie entfallenden goodwill (sog. Full-Goodwill-Methode). Der Ansatz der Anteile nicht beherrschender Gesellschafter mit dem auf die nicht beherrschenden Gesellschafter entfallenden Anteil am identifizierbaren Reinvermögen nach Maßgabe der IFRS 3.10–3.31 wird als Neubewertungsmethode bezeichnet, da die auf die nicht beherrschenden Gesellschafter entfallenden stillen Reserven (Differenzen zwischen beizulegenden Zeitwerten zum Erwerbszeitpunkt und Buchwerten im Einzelabschluss) im identifizierbaren Nettovermögen – unter Beachtung der Bewertungsvorschriften der IFRS 3.10–3.31 – aufgedeckt werden.

 

Rz. 64

 
Praxis-Beispiel

Die Muttergesellschaft M-AG erwirbt zum 1.1.01 eine 60 %-ige Beteiligung an dem Unternehmen T-GmbH zu 900.000 EUR. Für den Erwerb der beherrschenden Beteiligung an der T-GmbH wird keine Beherrschungsprämie von der M-AG gezahlt. Zwischen M-AG und T-GmbH liegt ab 1.1.01 ein Beherrschungsverhältnis vor. Der beizulegende Zeitwert der (unbebauten) Grundstücke beträgt zum Erwerbszeitpunkt 1.1.01 250.000 EUR und derjenige der technischen Anlagen 500.000 EUR. Eventualschulden bestehen nicht. Der anzuwendende Steuersatz ist 30 %. Die Bilanz der T-GmbH hat folgendes Aussehen:

 
  Bilanz der T-GmbH zum 1.1.01  
A. Langfristiges Vermögen   A. Eigenkapital  
Grundstücke (unbebaut) 50.000 Gezeichnetes Kapital 300.000
Technische Anlagen 400.000 Gewinnrücklagen 400.000
Betriebsausstattung 350.000    
       
B. Kurzfristiges Vermögen   B. Fremdkapital  
Vorräte 100.000 Pensionsverpflichtungen 300.000
Forderungen aus LuL 350.000 sonstige Rückstellungen 100.000
Bank, Kasse 250.000 Verbindlichkeiten aus LuL 220.000
sonstige Verbindlichkeiten 180.000
Bilanzsumme 1.500.000 Bilanzsumme 1.500.000

Abb. 8: Bilanz der Tochtergesellschaft T-GmbH zum 1.1.01

Das der Gegenleistung für die T-GmbH gegenüberzustellende identifizierbare Nettovermögen, bewertet nach den Wertansätzen nach IFRS 3.10–3.31, ermittelt sich wie folgt:

 
  Eigenkapital zu Buchwerten 1.1.01 700.000 EUR
+ Differenz zwischen beizulegenden Zeitwerten und Buchwerten in  
  * unbebauten Grundstücken 200.000 EUR
  * technischen Anlagen 100.000 EUR
passive latente Steuern auf Differenzen zwischen beizulegenden Zeitwerten und Buchwerten (30 % * 300.000 EUR) – 90.000 EUR
= identifizierbares Nettovermögen nach IFRS 3.10–3.31 910.000 EUR

a) Full-Goodwill-Methode

Aufgrund der Annahme, dass der Kaufpreis für die 60 % der Anteile an der T-GmbH auch dem anteiligen beizulegenden Zeitwert für die T-GmbH entspricht und damit keine Beherrschungsprämie bezahlt wurde, kann der beizulegende Zeitwert der T-GmbH durch proportionale Hochrechnung auf 100 % der Anteile ermittelt werden. Der Geschäfts- oder Firmenwert ermittelt sich somit zum Erstkonsolidierungszeitpunkt (1.1.01) wie folgt:

 
  Kaufpreis (Gegenleistung) für 60 % der Anteile an der T-GmbH 900.000 EUR
+ Anteile nicht beherrschender Gesellschafter zum anteiligen beizulegenden Zeitwert der T-GmbH  
  (40 % / 60 % * 900.000 EUR) 600.000 EUR
= beizulegender Zeitwert der T-GmbH (IFRS 3.32a)) 1.500.000 EUR
identifizierbares Nettovermögen zu Wertansätzen nach IFRS 3.10–3.31 910.000 EUR
= Geschäfts- oder Firmenwert (Full-Goodwill-Methode) 590.000 EUR

Der Anteil nicht beherrschender Gesellschafter umfasst folglich das anteilige identifizierbare Nettovermögen nach Maßgabe der Bewertungsvorschriften der IFRS 3.10–3.31 sowie auch den anteiligen Geschäfts- oder Firmenwert in Höhe von 236.000 EUR (40 % * 590.000 EUR). Demgemäß ermittelt sich der Anteil nicht beherrschender Gesellschafter nach der Full-Goodwill-Methode wie folgt:

 
  anteiliges Eigenkapital zu Buchwerten (40 %) 280.000 EUR
+ anteilige stille Reserven in Grundstücken (40 %) 80.000 EUR
+ anteilige stille Reserven in Technischen Anlagen (40 %) 40.000 EUR
passive latente Steuern auf anteilige stille Reserven (40 %) – 36.000 EUR
+ anteiliger Geschäfts- oder Firmenwert (40 %) 236.000 EUR
= Anteil nicht beherrschender Gesellschafter (Full-Goodwill-Methode) zum 1.1.01 600.000 EUR

Daraus ergibt sich folgende Konsolidierungsbuchung bei der Erstkonsolidierung der T-GmbH im Konzernabschluss der Muttergesellschaft M-AG:

 
Geschäfts- oder Firmenwert 590.000 an Beteiligungen 900.000
Grundstücke 250.000   Pensionsverpflichtungen 300.000
Technische Anlagen 500.000   sonstige Rückstellungen 100.000
Betriebsausstattung 350.000   Verbindlichkeiten aus LuL 220.000
Vorräte 100.000   sonstige Verbindlichkeiten 180.000
Forderungen aus LuL 350.000   Anteile n...

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