1 Begriff der Kompetenz

 

Rz. 1

Unter Kompetenz ist zunächst die Zuständigkeit für eine bestimmte Aufgabe zu verstehen. Daraus leitet sich wiederum die Verantwortlichkeit für deren ordnungsmäßige Erledigung ab. Wenn eine gesetzliche Verpflichtung zu einer Handlung – wie bei der Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß § 242 Abs. 1 HGB bzw. § 140 AO – vorliegt, trifft diese denjenigen, der mit der entsprechenden Kompetenz ausgestattet ist.

 

Rz. 2

Unter Aufstellungskompetenz ist somit die Verpflichtung, unter Rückgriff auf die Buchhaltung einen Jahresabschlussentwurf zur Feststellung vorzulegen, zu verstehen, der sich im Rahmen von Gesetz, Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und Gesellschaftsvertrag bzw. Satzung bewegt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Jahresabschlussaufstellung verschiedene Entscheidungen über Bilanzierungs- und Bewertungsfragen getroffen werden müssen. Dabei umfasst der Begriff der Aufstellungskompetenz auch den Einfluss auf diesen Entscheidungsprozess, denn, wie zu zeigen sein wird, hat der zur Aufstellung des Jahresabschlusses Verpflichtete je nach Rechtsform unterschiedliche, über Gesetz und Gesellschaftsvertrag hinausgehende Interessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus umfasst die Aufstellungskompetenz ggfs. auch die Verpflichtung, einen Lagebericht nach § 264 Abs. 1 HGB zu erstellen.

 

Rz. 3

Kapitalgesellschaften bestimmter Größe, Personengesellschaften nach § 264a HGB, andere Kaufleute und Genossenschaften müssen den Jahresabschluss grundsätzlich von einem Abschlussprüfer gemäß § 316 Abs. 1 HGB prüfen lassen.[1] Konzernabschlüsse sind ebenfalls nach § 316 Abs. 2 HGB prüfungspflichtig. Sofern eine Gesellschaft über einen Aufsichtsrat verfügt, hat auch dieser den aufgestellten Jahresabschluss zu prüfen. Somit hat er grundsätzlich neben – häufig aber auch statt – der Gesellschafter die Prüfungskompetenz.

 

Rz. 4

Die Feststellung des Jahresabschlusses stellt den Beschluss dar, ihn für die Gesellschaft nach innen wie auch nach außen für verbindlich zu erklären, vgl. § 46 Nr. 1 GmbHG. Diese Kompetenz ist bei den einzelnen Rechtsformen unterschiedlich geregelt. Mit der Feststellung werden damit die bei der Aufstellung getroffenen Entscheidungen für alle Beteiligten verbindlich. Deshalb wird unter der Feststellungskompetenz des Jahresabschlusses die Berechtigung verstanden, den Beschluss zu fassen sowie den aufgestellten Entwurf für verbindlich zu erklären. Der Jahresabschluss wird durch die Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 1 GmbHG genehmigt.

 

Rz. 5

Nach der Feststellung des Jahresabschlusses ist ein weiterer Beschluss notwendig, nämlich der über die Verwendung des Jahresergebnisses. Dies kann die Entscheidung über die Abdeckung eines Jahresfehlbetrages wie auch die Verwendung des Bilanzgewinnes sein. Im Rahmen dieser Darstellung wird unter Ergebnisverwendungskompetenz die Berechtigung verstanden, einen Beschluss über die Verwendung des Ergebnisses herbeizuführen. Sofern bei der Aufstellung des Jahresabschlusses Entscheidungen getroffen werden, die der Sache nach Ergebnisverwendung darstellen, stehen diese ebenfalls grundsätzlich in der Kompetenz der gleichen Personen/Organe, die über die Verteilung des Bilanzergebnisses zu befinden haben. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes geregelt ist, beschließt über die Ergebnisverwendung bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß §§ 42a Abs. 2 Satz 1 bzw. 46 Nr. 1 GmbHG die Gesellschafterversammlung.

 

Rz. 6

Kapitalgesellschaften und bestimmte andere Rechtsformen sind verpflichtet, ihren Jahresabschluss ganz oder in Teilen offenzulegen. Diese Offenlegung erfolgt grundsätzlich durch Einreichung zum elektronischen Bundesanzeiger innerhalb von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag, vgl. § 325 ff. HGB.

[1] Vgl. § 316a HGB für Unternehmen von öffentlichem Interesse.

2 Jahresabschlusskompetenz beim Einzelkaufmann

 

Rz. 7

Gemäß § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB hat jeder Kaufmann zum Beginn seines Handelsgewerbes und zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres grundsätzlich eine Bilanz aufzustellen. Bei den einzelnen Geschäftsjahren während des Bestands des Unternehmens kommt noch eine Gewinn- und Verlustrechnung hinzu (§ 242 Abs. 2 HGB). Dies hat nach § 243 Abs. 3 HGB innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist vor dem Hintergrund des Einzelfalles auszulegen. Ein längerer Zeitraum als bei Kapitalgesellschaften erscheint angemessen. Jedoch darf der Zeitraum von 12 Monaten nicht überschritten werden.[1] Für die ordnungsmäßige Aufstellung des Jahresabschlusses und seine Ableitung aus dem Rechnungswesen ist der Kaufmann stets selbst verantwortlich. Eine Abwälzung der operativen Tätigkeit – nicht aber der Verantwortung – auf Mitarbeiter oder externen Steuerberater kommt in Betracht.

Ausgenommen von der Buchführungspflicht i. S. d. § 238 HGB sind solche Einzelkaufleute, die folgende Schranken nicht überschreiten (§ 241a HGB):

  • Umsatzerlöse  600.000 EUR
  • Jahresüberschuss   60.000 EUR

Diese Schwellenwerte dürfen an 2 aufeinanderfolgend...

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