Rz. 63

Eine Genossenschaft[1] ist eine eigene Rechtsform, die weder den Personengesellschaften noch den Kapitalgesellschaften zuzurechnen ist. Sie besitzt Elemente von beiden und ist durch ihren gesetzlichen Förderauftrag gekennzeichnet. Nach § 1 Abs. 1 GenG handelt es sich bei Genossenschaften um Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (mitgliedschaftiche Organisation). Die Genossenschaft ist nach § 2 GenG eine juristische Person, bei welcher zwingend gemäß § 9 Abs. 1 GenG ein Vorstand und grundsätzlich ein Aufsichtsrat zu bilden ist. Es besteht keine Drittorganschaft, da die Mitglieder dieser beiden Organe nach § 9 Abs. 2 Satz 1 GenG Genossen sein müssen.[2]

[2] Eine Ausnahme besteht für Arbeitnehmervertreter in einem mitbestimmten Aufsichtsrat einer Genossenschaft.

8.1 Aufstellungskompetenz

 

Rz. 64

Die Aufstellung des Jahresabschlusses bei der Genossenschaft obliegt als Handlung der Geschäftsführung dem Vorstand. Gemäß § 336 Abs. 1 Satz 1 HGB hat der Vorstand der Genossenschaft den aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang bestehenden Jahresabschluss aufzustellen und darüber hinaus noch einen Lagebericht zu erstatten. Nach § 336 Abs. 1 Satz 2 HGB sind der Jahresabschluss und der Lagebericht in den ersten 5 Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Jeder zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses bestellte Vorstand hat diesen ungeachtet einer eventuellen Ressortaufteilung nach § 245 HGB zu unterzeichnen.

 

Rz. 65

Im Grundsatz sind die für Kapitalgesellschaften geltenden Regelungen auch auf Genossenschaften anzuwenden. Doch halten die §§ 336 Abs. 2 Satz 1 und 338 Abs. 3 HGB diverse Erleichterungen der Bewertungs- und Angabevorschriften bereit.[1]

 

Rz. 66

Zwischenzeitlich gewährt der Gesetzgeber Genossenschaften entsprechender Größe sowohl die Aufstellungserleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften als auch die Ausweiserleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB bzw. § 267 a HGB.

 

Rz. 67

Der genossenschaftliche Prüfungsverband führt gemäß § 53 Abs. 1 GenG eine Pflichtprüfung durch,[2] die, weil sie auch die Geschäftsführung erfasst, über die Jahresabschlussprüfung bei Kapitalgesellschaften nach § 316 Abs. 1 HGB hinausgeht, letztere aber grundsätzlich einschließt (§ 53 Abs. 2 GenG).

 

Rz. 68

Der Aufsichtsrat hat den aufgestellten Jahresabschluss, den Lagebericht und den Ergebnisverwendungsvorschlag des Vorstands ebenfalls zu prüfen. Über das Ergebnis dieser von ihm vorgenommenen Prüfung muss er gemäß § 38 Abs. 1 Satz 5 GenG in der Generalversammlung berichten. Der Aufsichtsrat hat mit dem Prüfer des Verbandes am Schluss der Prüfung gemäß § 57 Abs. 4 Satz 1 GenG eine gemeinsame Schlusssitzung zusammen mit dem Vorstand abzuhalten und die Ergebnisse zu erörtern.

[2] Bei kleinen Genossenschaften können bei der Prüfung 2 Geschäftsjahre gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GenG zusammengefasst werden.

8.2 Feststellungskompetenz

 

Rz. 69

Bei der Genossenschaft stellt die Generalversammlung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GenG verpflichtend den Jahresabschluss fest. Die Generalversammlung kann beschließen, dass der Prüfungsbericht verlesen wird. Wird der Jahresabschluss in der Generalversammlung geändert, muss eine erneute Prüfung erfolgen.

 

Rz. 70

In der Generalversammlung haben die Mitglieder bis zur Beschlussfassung über die Genehmigung des Jahresabschlusses ein Auskunftsrecht, damit eine verantwortungsbewusste Stimmabgabe gewährleistet ist. Der zur Teilnahme an der Generalversammlung berechtigte[1] Prüfungsverband kann nach § 59 Abs. 3 letzter Halbsatz GenG ebenfalls verlangen, seinen Bericht ganz oder in Teilen zu verlesen.

Teile der Ergebnisverwendung können durch Vorwegzuweisungen zu den Ergebnisrücklagen im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses erfolgen. Dies erscheint unbedenklich, da dasselbe Gremium den Abschluss feststellt und anschließend über die Verteilung des Bilanzgewinns entscheidet.

8.3 Ergebnisverwendungskompetenz

 

Rz. 71

Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 GenG liegt die Kompetenz über die Entscheidung der Verwendung des Jahresergebnisses bei der Generalversammlung. Ihr steht der ungeteilte Jahresüberschuss zur Verwendung zu. Sie ist allerdings an den festgestellten Jahresabschluss gebunden. Sofern im vorgelegten Jahresabschluss Vorwegzuweisungen zu den Rücklagen enthalten sind, die von der Mitgliederversammlung nicht gewünscht werden, ist dies vor der Feststellung des Jahresabschlusses in der Form einer Bilanzänderung vorzunehmen. Entsprechende Satzungsregelungen zur Dotierung von Rücklagen sind ebenfalls zu berücksichtigen.

 

Rz. 72

Sofern eine genossenschaftliche Rückvergütung nach § 22 Abs. 1 KStG gewährt wird, wird diese regelmäßig von Vorstand und Aufsichtsrat im alten Geschäftsjahr beschlossen und...

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