Rz. 71

Der Lagebericht (§ 289, § 315 HGB) ist ein zusätzliches Berichtsinstrument, das den Jahresabschluss ergänzt.[1] Er ist pflichtmäßig nur von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften zu erstellen. Kleine Kapitalgesellschaften können freiwillig einen Lagebericht aufstellen (§ 264 Abs. 1 Satz 4 HGB). Anteilseigner kleiner Kapitalgesellschaften können eine Aufstellung des Lageberichts per Satzung von den gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft verlangen. Der Lagebericht soll die Informationsfunktion des Jahresabschlusses in Ergänzung zu den Bestandteilen des Jahresabschlusses unterstützen, indem er ein umfassendes Bild der tatsächlichen Verhältnisse der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens zeichnet. Dem Lagebericht kommt eine Informations- (Ergänzungs-, Komplementär-, Beurteilungs- und Verdichtungsfunktion) und Rechenschaftsfunktion zu.

Der Lagebericht ist kein Teil des Jahresabschlusses, jedoch erfolgt üblicherweise eine gemeinsame Veröffentlichung von Jahresabschluss und Lagebericht im Geschäftsbericht. Die Teile müssen klar erkennbar voneinander getrennt dargestellt werden.[2]

Für die Lageberichterstattung existiert keine Normierung für eine Gliederungsstruktur. Seit 2013 ist DRS 20 (Lageberichterstattung) für die Erstellung des Lageberichts bei der Konzernrechnungslegung zu beachten (DRS 20.1); eine Anwendung ist für den Einzelabschluss empfohlen (DRS 20.2). Außerdem sind die Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung zu beachten. Dazu zählen gem. DRS 20.12–35 der Grundsatz der Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Ausgewogenheit, Klarheit und Übersichtlichkeit, Vermittlung der Sicht der Konzernleitung, Wesentlichkeit und Informationsabstufung.

 

Rz. 72

Die folgenden Pflichtbestandteile des Lageberichts werden gem. Handelsrecht (§§ 289, 289a–f HGB) unterschieden:

 
Wirtschaftsbericht (§ 289 Abs. 1 Sätze 1–3, Abs. 3 HGB)
Prognosebericht mit Chancen und Risiken (§ 289 Abs. 1 Satz 4 HGB)
Lageberichtseid (nur für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB)
Risikomanagementbericht (für Finanzinstrumente, § 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB)
Forschungs- und Entwicklungsbericht (§ 289 Abs. 2 Nr. 2 HGB)
Zweigniederlassungsbericht (nur Einzelabschluss, § 289 Abs. 2 Nr. 3 HGB)
Wesentliche Merkmale des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems im Hinblick auf die Rechnungslegung (nur für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, § 289 Abs. 4 HGB)
Übernahmerelevante Angaben (nur für AG und KGaA, die einen organisierten Markt in Anspruch nehmen, § 289a HGB)
Nichtfinanzielle Erklärung für bestimmte große Kapitalgesellschaften (§ 289b – 289e HGB)
Erklärung zur Unternehmensführung einschließlich Beschreibung des Diversitätskonzepts im Lagebericht oder auf der Internetseite mit entsprechendem Verweis im Lagebericht sowie eine Bezugnahme auf die Internetseite der Gesellschaft, auf der der Vergütungsbericht über das letzte Geschäftsjahr und der Vermerk des Abschlussprüfers gemäß § 162 AktG, das geltende Vergütungssystem gemäß § 87a Abs. 1 und 2 Satz 1 des AktG und der letzte Vergütungsbeschluss gemäß § 113 Abs. 3 AktG öffentlich zugänglich gemacht werden (nur für kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften, § 289f HGB (bis zum Geschäftsjahr 2020 ist der Vergütungsbericht Teil des Lageberichts (§ 289a Abs. 2 HGB a. F.); §§ 87a, 113 und 162 AktG gelten erst ab dem Geschäftsjahr 2021)

Abb. 17: Berichtsteile im Lagebericht (Handelsrecht)

Im Rahmen des Wirtschaftsberichts fordert § 289 Abs. 1 HGB eine Darstellung des Geschäftsverlaufs, einschließlich Geschäftsergebnis und Lage des Unternehmens. Zudem hat der Lagebericht eine ausgewogene und umfassende Analyse von Geschäftsverlauf und Lage des Unternehmens unter Einbeziehung von finanziellen Leistungsindikatoren zu enthalten; große Kapitalgesellschaften haben außerdem nichtfinanzielle Leistungsindikatoren (z. B. Umwelt und Arbeitnehmerbelange) einzubeziehen.[3]

Darüber hinaus ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken (Verlustrisiken aus Preis-, Wechselkurs- und Zinsentwicklungen) zu beurteilen und zu erläutern. Der Prognosebericht kann getrennt von oder gemeinsam mit dem Risiko- und Chancenbericht erfolgen (DRS 20.117).

Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft bzw. eines Mutterunternehmens haben zu versichern, dass der (Konzern-)Lagebericht so dargestellt wird, dass sich daraus ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergibt (Lageberichtseid).

Im Risikomanagementbericht werden alle wesentlichen Sicherungsgeschäfte, bei denen Finanzinstrumente verwendet werden, anhand der Ziele und Methoden des Risikomanagements dargestellt und die Vorgehensweise zur Absicherung von Preisänderungs-, Preisausfall-, Liquiditäts- und Cashflow-Schwankungen aufgezeigt.

Der Forschungs- und Entwicklungsbericht gibt einen allgemeinen Überblick über die Aktivitäten und Intensitäten der Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten.

Der Zweigniederlassungsbericht gewährt einen Einblick i...

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