Die Istversteuerung erfolgt nicht automatisch. Der Unternehmer muss einen Antrag stellen. Der Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist von Gesetzes wegen zwar weder an eine Form noch eine Frist gebunden. Allerdings ist ein Wechsel der Besteuerungsart nur bis zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig.[1] Von Neugründern wird ein Antrag auf Istversteuerung regelmäßig bereits im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung wegen Aufnahme einer gewerblichen bzw. selbstständigen Tätigkeit gestellt. Das Finanzamt wird dem Antrag unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs entsprechen, wenn eine der Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt ist.

 
Praxis-Beispiel

Antrag nur bis zur formellen Bestandskraft möglich

Ein Unternehmer wird im Rahmen einer Außenprüfung durch das Finanzamt darauf hingewiesen, dass er die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durchgeführt hat, obwohl er keinen Antrag auf Istversteuerung gestellt hat.

In Anbetracht dessen, dass der Antrag nur bis zur formellen Bestandskraft der jeweiligen Jahresfestsetzung möglich ist, kann der Antrag für das laufende Voranmeldungsverfahren noch nachträglich gestellt werden, nicht dagegen für bestandskräftige Jahresfestsetzungen. Die Jahresfestsetzungen werden grundsätzlich nach Ablauf eines Monats nach Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung formell bestandskräftig.

Das Finanzamt wird jedoch im Ausnahmefall den Antrag auf Genehmigung der Istversteuerung ablehnen. Zwar kann der Unternehmer grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Genehmigung geltend machen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings kann es unter besonderen Voraussetzungen auch ermessensfehlerfrei sein, einen Antrag abzulehnen.

 
Praxis-Beispiel

Istversteuerung dient der Vereinfachung und nicht zur Einräumung von Steuervorteilen

Der selbstständige Erfinder und Autor E ist unternehmerisch tätig. Die Verwertung seiner Patente, Gebrauchsmuster und Autorenrechte überträgt er einer zu diesem Zweck gegründeten GmbH, an der er zu 80 % beteiligt ist. Über mehrere Jahre hinweg erteilt E der GmbH Tantiemeabrechnungen mit offenem Steuerausweis, erklärt aber für diese Jahre keine bzw. nur sehr geringe Umsätze mit der Begründung, er brauche nur die vereinnahmten Umsätze zu versteuern. Denn bei ihm lägen die Voraussetzungen für die Istversteuerung vor. Die GmbH habe aber die vereinbarten Entgelte bisher nicht an ihn bezahlt.

Das FG München[2] entschied für einen derartigen Fall, dass die vom Gesetz beabsichtigte Vereinfachung der Besteuerung für E bei einer nachträglichen Bewilligungserteilung nicht mehr erreicht werden kann. Die von E praktizierte Verfahrensweise, zwischen seinem Einzelunternehmen und der GmbH Abrechnungen vorzunehmen, die einerseits den Vorsteuerabzug ermöglichen, andererseits zu keiner Umsatzsteuerschuld führen, schließt die Genehmigung einer Istversteuerung aus. Denn die Genehmigung einer Istversteuerung soll der Vereinfachung der Besteuerung dienen, nicht aber dazu, das Steueraufkommen zu gefährden oder – wie vorliegend von verbundenen Unternehmen – den Vorsteuerabzug ohne eine korrespondierende Umsatzsteuerschuld zuzulassen.

Nach den vorstehenden Grundsätzen verfährt die Verwaltung in Fällen, in denen ein Unternehmer Leistungen an nahe stehende Personen[3] erbringt und Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erteilt, aber die Entgelte über unverhältnismäßig lange Zeit nicht vereinnahmt. Anträge auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten werden in diesen Fällen abgelehnt, bereits erteilte Genehmigungen mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Die Istversteuerung kann auch bereits für das Erstjahr bei Betriebseröffnung oder Gründung einer Gesellschaft beantragt werden. In diesem Fall ist die maßgebliche Gesamtumsatzgrenze auf einen voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz hochzurechnen.

 
Praxis-Beispiel

Beim Neugründer ist der Jahresgesamtumsatz maßgebend

Unternehmer U beginnt mit seiner unternehmerischen Tätigkeit am 1.6. eines Jahres. Er möchte von Anfang an die Istversteuerung. Seinen Gesamtumsatz[4] schätzt er für die Zeit vom 1.6. bis 31.12. dieses Jahres auf 250.000 EUR.

Der auf das Kalenderjahr hochgerechnete Jahresgesamtumsatz beträgt mit 428.571 EUR (12/7 von 250.000 EUR) nicht mehr als 600.000 EUR. U kann die Istversteuerung erhalten.

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