Leitsatz

1. Verpflegt der Arbeitgeber die Besatzungsmitglieder an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffs unentgeltlich, so ist der den Arbeitnehmern gewährte Vorteil dann kein Arbeitslohn, wenn das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an einer Gemeinschaftsverpflegung wegen besonderer betrieblicher Abläufe den Vorteil der Arbeitnehmer bei Weitem überwiegt.

2. Bei der Nachforderung von LSt dürfen die Beträge nicht zugerechnet werden, die der Arbeitgeber bei einer Auswärtstätigkeit steuerfrei hätte ersetzen dürfen.

3. Die Bewertungsregelung des § 8 Abs. 3 EStG kommt zur Anwendung, wenn aus der Küche eines Flusskreuzfahrtschiffs neben den Passagieren auch die Besatzungsmitglieder verpflegt werden.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 3 Nr. 16, § 8 Abs. 3, § 40 EStG

 

Sachverhalt

K führte Flusskreuzfahrten durch. Das auf den Schiffen eingesetzte Personal erhielt während der Kreuzfahrten freie Unterkunft und Verpflegung. Das FA erfasste die unentgeltliche Verpflegung an Bord als geldwerten Vorteil und erließ auf Antrag einen Nachforderungsbescheid. Dagegen wandte K ein, dass während der gesamten bis zu 15 Tage umfassenden Reise das Personal im Schichtbetrieb an Bord arbeite, währenddessen nicht an Land gehe, in der Abwesenheit der Passagiere wesentliche Arbeiten zu erledigen habe, und keine Möglichkeit habe, sich selbst zu verpflegen. Die für die Essensaufbewahrung und Essenszubereitung zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten seien begrenzt. Die wenigen vorhandenen Herdplatten zwingen zu Einheitsverpflegung, die Essenseinnahme erfolge in einem kleinen separaten Raum neben der Küche.

Das FG (FG Nürnberg, Urteil vom 17.04.2008, 7 K 106/2007, Haufe-Index 2143161) wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab dem FG auf, die unter Praxishinweisen genannten Punkte erneut zu prüfen.

 

Hinweis

Hier stellten sich gleich drei Rechtsfragen: 1. ist angesichts der besonderen betrieblichen und organisatorischen Abläufe an Bord eines Flusskreuzfahrtschiffs die unentgeltliche Verpflegung des Personals im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und daher kein Arbeitslohn? 2. ist die Tätigkeit auf einem Kreuzfahrtschiff Auswärtstätigkeit, unentgeltliche Verpflegung daher jedenfalls teilweise steuerfrei? 3. gilt dafür der besondere Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG?

1. Die erste Frage beantwortet die ständige Rechtsprechung des Senats (dazu BFH, Urteil vom 21.01.2010, VI R 2/08, BFH/NV 2010, 998, BFH/PR 2010, 207) danach, ob solche Vorteile lediglich notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung sind und aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt werden, weil der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Diese in erster Linie vom FG als Tatsacheninstanz vorzunehmende Gesamtwürdigung hielt hier revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Offen blieb, ob das Personal tatsächlich während der Reisen nicht an Land gehen durfte sowie, ob die Räumlichkeiten auf den Schiffen Selbstversorgung der Arbeitnehmer zuließen. Das ist nun im zweiten Rechtsgang zu prüfen und dabei etwa zu berücksichtigen, ob die Arbeitnehmer auf die Gestellung von Verpflegung einen arbeitsrechtlichen Anspruch hatten und ob K eine Brutto- oder Nettolohnvergütung schuldete.

2. Sollte das FG die kostenlose Verpflegung auch im zweiten Rechtsgang als Arbeitslohn würdigen, bliebe § 3 Nr. 16 EStG zu beachten. Bei Verpflegungsmehraufwand ist die Erstattung der Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG auch dann steuerfrei, wenn der Arbeitgeber keinen Geldbetrag, sondern die Leistung selbst zuwendet. Erwerbsbedingter Verpflegungsmehraufwand wird berücksichtigt, wenn sich Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit befinden. Merke: Auswärtstätigkeit = vorübergehend von Wohnung und ortsgebundenem Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt, oder typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt. Als Faustformel für Auswärtstätigkeit gilt: kein dauerhaft angelegter ortsgebundener Bezugspunkt (vgl. "Maiurteile" zu Reisekosten, z.B. BFH, Urteil vom 11.05.2005, VI R 16/04, BFH/NV 2005, 1692, BFH/PR 2005, 406, unter II. 2. a und b der Gründe; BFH, Urteil vom 18.06.2009, VI R 61/06, BFH/NV 2009, 1874, BFH/PR 2009, 456). Das war hier offensichtlich der Fall, die Tätigkeit auf einem Flussschiff ist eine Fahrtätigkeit (zum Hochseeschiff: BFH, Urteil vom 19.12.2005, VI R 30/05, BFH/NV 2006, 872, BFH/PR 2006, 185).

3. Zu prüfen blieb noch der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG. Der gilt aber nur für Waren und Dienstleistungen aus dem Liefer- und Leistungsangebot des Arbeitgebers. Er gilt nicht bei für den Arbeitnehmerbedarf hergestellten, vertriebenen Waren und erbrachten Dienstleistungen, also auch nicht für verbilligte Mahlzeiten in fremden Gaststätten oder in der eigenen Kantine. Auf dem Schiff wurden die Speisen vorrangig für die Pas...

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