Leitsatz

Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d EStG ist bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. An der wirtschaftlichen Identität fehlt es, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt (§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F.). Ein Branchenwechsel ist eine Einstellung des bisherigen Geschäftsbetriebes und führt zum Verlust der wirtschaftlichen Identität. Die Branche einer Kapitalgesellschaft, die Mitunternehmerin einer auf sie angewachsenen Personengesellschaft gewesen ist, ist in Anwendung des Transparenzprinzips nach der Branche zu bestimmen, die dem Geschäftsfeld der Personengesellschaft entspricht.

Eine steuerschädliche Übersanierung ist nur anzunehmen, wenn unverhältnismäßig viel neues Betriebsvermögen mit entsprechendem Gewinnpotenzial zugeführt wird, welches in keinem Zusammenhang mit dem Verlustbetrieb steht, sondern vorrangig dem Zweck dient, die Verlustvorträge möglichst schnell steuerlich nutzbar zu machen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die als Kommanditistin zu 17 % an einer GmbH & Co. KG beteiligt war, welche die Herstellung und den Handel mit Z-Waren betrieb. Nach dem Gesellschaftsvertrag war Unternehmensgegenstand der Klägerin der Erwerb und das Halten von Beteiligungen. Im Rahmen einer Umstrukturierung im September 2004, bei der der 100%-ige Anteilseigner der Klägerin wechselte, erwarb die Klägerin die übrigen Kommanditanteile und übernahm nach Ausscheiden der Komplementär-GmbH das Vermögen der GmbH & Co. KG durch Anwachsung. Nach dem neugefassten Gesellschaftsvertrag war nunmehr Gegenstand des Unternehmens "Herstellung von und Handel mit Z-Waren".

Die Klägerin erklärte unter Berücksichtigung des Verlustvortrags aus dem Jahr 2003 und der Verluste des Jahres 2004 einen verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2004. Der Beklagte versagte den begehrten Verlustvortrag soweit die Verluste auf den Zeitraum bis zur Umstrukturierung entfielen. Er begründet dies unter Hinweis auf § 8 Abs. 4 KStG a. F. mit dem Verlust der wirtschaftlichen Identität, welcher durch den Branchenwechsel der Klägerin verursacht wurde, denn sie habe ihren Unternehmensgegenstand vom "Erwerb und Halten von Beteiligungen" zur "Herstellung und Handel mit Z-Waren" geändert.

Auch liege eine steuerunschädliche Sanierung i. S. von § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG a. F. nur dann vor, wenn die Zuführung des Betriebsvermögens allein der Sanierung dient. Die Zuführung der durch die erworbenen Kommanditanteile verkörperten Mitunternehmeranteile am Aktivvermögen der GmbH & Co. KG haben nicht dazu gedient, dass Unternehmen der Klägerin (Holdinggesellschaft) zu sanieren, sondern den Geschäftsbetrieb der GmbH & Co. KG vollständig zu übernehmen.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass der Beklagte (FA) zu Unrecht den begehrten Verlustabzug versagt hat.

Dies begründet es damit, dass zwar durch den Wechsel der Anteilseigner der Klägerin und die anschließende Betriebsvermögenszuführung durch den Erwerb sämtlicher Kommanditanteile an der GmbH & Co. KG der Verlust der wirtschaftlichen Identität und damit der Tatbestand des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F. grundsätzlich gegeben sei, jedoch im zu beurteilenden Fall eine steuerunschädliche Sanierung i. S. d. § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG vorliege.

Das FG führt aus, nur der den Verlustvortrag verursachende Geschäftsbetrieb könne begünstigt saniert werden, was voraussetzt, dass dieser nicht eingestellt worden ist. Ein Branchenwechsel kann allenfalls dann als Einstellung des Geschäftsbetriebes zu werten sein, soweit er mit einer wesentlichen Änderung der personellen und sachlichen Voraussetzungen verbunden ist.

Ein Branchenwechsel liegt nach Auffassung des FG nicht vor, denn die Klägerin war vor der Umstrukturierung keine Holdinggesellschaft sondern Mitunternehmerin und betrieb als solche bereits gemeinsam mit den übrigen Mitunternehmern die "Herstellung von und Handel mit Z-Waren". Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, nicht die Gesellschaft als solche Träger des Unternehmens. Für die Frage, über welches Vermögen eine Kapitalgesellschaft verfügt oder ob überwiegend neues Betriebsvermögens i. S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG zugeführt worden ist, ist das anteilige Aktivvermögen nachgeordneter Personengesellschaften anteilig einzubeziehen. Wird aber insoweit die Personengesellschaft als transparent behandelt, sind auch für die Bestimmung der Branche die Verhältnisse der Personengesellschaft maßgebend.

Auch begründet nach Ansicht des FG das zugeführte Betriebsvermögen keine Übersanierung. Eine steuerschädliche Übersanierung ist nur anzunehmen, wenn unverhältnismäßig viel neues Betriebsvermögen mit entsprechendem Gewinnpotenzial zugeführt wird, welches in keinem Zusammenhang mit dem Verlustbetrieb steht, sondern vorrangig dem...

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