Zusammenfassung

 
Begriff

Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes sowie zum Schluss jedes Geschäftsjahrs ein Verzeichnis zu erstellen, das die Vermögensgegenstände des Unternehmens erfasst. Dieses Verzeichnis wird als Inventar bezeichnet, der Vorgang zur Erstellung des Inventars als Inventur. Eine Inventur ist handels- und steuerrechtlich erforderlich, andernfalls kann die Buchführung mangels Ordnungsmäßigkeit verworfen werden. In wirtschaftlich kritischen Situationen können zusätzliche Inventuren auf "Wunsch" von Banken – monatlich oder quartalsweise – erforderlich werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die handelsrechtlichen Regelungen zu Inventar und Inventurvereinfachungsverfahren enthalten die §§ 240 ff. HGB. Steuerrechtlich sind die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach den §§ 140 ff. AO und die Regelungen nach R 5.3 ff. EStR 2012 zu beachten. Daneben gilt der Maßgeblichkeitsgrundsatz.

1 Allgemeines

Grundsätzlich ist jeder Kaufmann nach § 240 HGB dazu verpflichtet, bei der Geschäftseröffnung und auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs neben der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ein Verzeichnis der Vermögensgegenstände und Schulden, d. h. ein Inventar, aufzustellen. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind nach § 241a HGB nur Kaufleute, die an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600.000 EUR Umsatz und nicht mehr als 60.000 EUR Jahresüberschuss erzielt haben. Bei einer Neugründung gilt diese Befreiung bereits, wenn die Größenkriterien am ersten Abschlussstichtag eingehalten wurden. Über die §§ 140, 141 AO gelten die handelsrechtlichen Bestimmungen auch für das Steuerrecht.

Auf die körperliche Bestandsaufnahme des beweglichen Anlagevermögens kann allerdings verzichtet werden, wenn das Unternehmen ein Bestandsverzeichnis führt, in das alle Zu- und Abgänge eingetragen werden, sodass die am Bilanzstichtag vorhandenen Wirtschaftsgüter anhand dieses Verzeichnisses ermittelt werden können.

Aus dem Verzeichnis des beweglichen Anlagevermögens müssen darüber hinaus folgende Angaben ersichtlich sein:[1]

  • der Tag der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands,
  • die Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten und
  • der Tag des Abgangs.
 
Praxis-Tipp

Sachkonten als Bestandsverzeichnis

Die Sachkonten der Finanzbuchhaltung können als Bestandsverzeichnis gelten, wenn sie alle erforderlichen Angaben in übersichtlicher Form enthalten.[2]

Im Inventar werden jedoch nicht nur die Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens und des Vorratsvermögens erfasst, sondern auch

Sieht man einmal von Kassenbeständen ab, können diese Positionen im Gegensatz zum beweglichen Anlage- und Umlaufvermögen nicht durch eine körperliche Bestandsaufnahme erfasst, sondern müssen buchmäßig nachgewiesen werden. Diese Buchinventur erfolgt insbesondere durch

  • die Prüfung und Erfassung von Verträgen über den Erwerb von immateriellen Wirtschaftsgütern und Beteiligungen;
  • die Einholung von Depot- und Kontoauszügen für Wertpapier- und Kontenbestände;
  • die Prüfung der bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen anhand der Rechnungen sowie ggf. darüber hinaus durch die Einholung von Saldenbestätigungen von Kunden und Lieferanten.
 
Praxis-Tipp

Wirtschaftliches Eigentum an Wirtschaftsgütern

Bei der Durchführung der Inventur ist darauf zu achten, dass nur im wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmens stehende Wirtschaftsgüter erfasst werden. Daher sind z. B. dem Leasinggeber zuzurechnende Gegenstände und als Kommissionsware erhaltene Gegenstände nicht zu berücksichtigen. Weiterhin ist darauf zu achten, dass auch kurz vor dem Jahreswechsel ausgelieferte, aber noch nicht fakturierte Wirtschaftsgüter, insbesondere Waren, noch inventarisiert werden.

2 Inventurgrundsätze

Um als ordnungsgemäß anerkannt zu werden, müssen Inventur und Inventar insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Nach dem Vollständigkeitsgebot müssen alle Wirtschaftsgüter erfasst werden. Ausnahmen gelten jedoch für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis zu 250 EUR,[1] für geringwertige Wirtschaftsgüter und Poolwirtschaftsgüter,[2] die bereits in einem gesonderten Verzeichnis bzw. Konto erfasst wurden, sowie für bewegliche Wirtschaftsgüter, für die zulässigerweise ein Festwert gebildet worden ist.[3] Auch selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter müssen nicht erfasst werden, sofern nicht von dem Aktivierungswahlrecht in § 248 Abs. 2 HGB Gebrauch gemacht wird.[4]
  • Alle Wirtschaftsgüter sind einzeln zu bewerten, es sei denn, dass für diese ein Festwert angesetzt oder auf diese die Gruppenbewertung angewendet wird. Gegenstände, die eine geschlossene Anlage bilden, können zu einer Einheit zusammengefasst werden. Dies gilt z. B. für Versorgungsanlagen.
  • Um dem Richtigkeitsgebot zu genügen, müssen die gewählten Inventurmethoden korrekt angewendet, die Wirtschafts...

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