Gerade bei einer Vielzahl unterschiedlicher Vorräte gestalten sich individuelle Teilwertabschreibungen aufgrund mangelnder Gängigkeit recht schwierig. Hier bieten sich anstelle von Einzelschätzung und Einzelabschreibung pauschale Abschreibungsverfahren an.[1]

Mangelnde Gängigkeit schlägt sich im Allgemeinen in längerer Lagerdauer nieder. Eine lange Lagerdauer jedoch rechtfertigt für sich allein noch keine Teilwertabschreibung, solange die Waren noch zu ursprünglichen Preisen verkauft werden können. Die langen Lagerzeiten wirken sich zusätzlich auch finanziell aus durch:

  • hohe Lagerhaltungskosten,
  • hohe Finanzierungskosten,
  • geminderte Absatzmöglichkeit.

Anforderungen an die Gängigkeitsabschreibung

Folgende Anforderungen werden an Gängigkeitsabschreibungen gestellt:

  • Es sind tief gestaffelte Gängigkeitsklassen nach Alters-, Größen- und Preislagen zu definieren und diese eng voneinander abzugrenzen. Für jede Gängigkeitsklasse ist die voraussichtliche durchschnittliche Lagerdauer nach dem Bilanzstichtag festzustellen und der detaillierte Nachweis zu erbringen, dass der Teilwert unter den Anschaffungskosten liegt. Dafür sollten die Anschaffungskosten direkt aufgezeichnet worden sein und nicht etwa retrograd aus den Verkaufspreisen ermittelt werden.
  • Es ist zu berechnen, welche Lagerkosten während der durchschnittlichen Lagerdauer anfallen und welchen Einfluss diese auf den Teilwert haben. Lagerkosten sind Raumkosten, Kosten der Lagerverwaltung (insbesondere die damit verbundenen Personalkosten), Lagerrisiken, z. B. Beschädigung, Diebstahl, anteilige Fremdkapitalzinsen. Sie sind in einem Prozentsatz der Anschaffungskosten anzugeben.
 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Lagerkosten pro Gängigkeitsklasse

Die Lagerkosten betragen, bezogen auf die Anschaffungskosten, 12 % p. a. (= 1 % pro Monat). Bei der Aufteilung des Bestands in Gängigkeitsklassen ergeben sich daraus die durchschnittlichen künftigen Lagerkosten pro Klasse:

 
Gängigkeitsklasse Lagerreichweite in Monaten von – bis Lagerdauer in Monaten (Durchschnitt) Lagerkosten (Durchschnitt) in %
1–3 0–18 3–15 3 % bis 15 %
4 18–24 21 21 %
5 24–30 27 27 %
6 30–36 33 33 %
7 36–48 42 42 %
8 48–60 54 54 %
9 60 und mehr 68 68 %

Die Anschaffungskosten eines Vorratguts belaufen sich auf 500 EUR, die voraussichtlichen, unverändert bleibenden Verkaufspreise auf 800 EUR. Der durchschnittliche Unternehmergewinn wird mit 12,5 % der Verkaufspreise (= 100 EUR) angenommen. Die für die Bestände nach dem Bilanzstichtag noch anfallenden allgemeinen Verwaltungs- und Vertriebskosten sollen weitere 12,5 % der Verkaufspreise (= 100 EUR) ausmachen. Es ergeben sich für die Gängigkeitsklassen 4–9 folgende Teilwerte und Teilwertabschreibungen:

 
  Gängigkeitsklassen
In den Gängigkeitsklassen 1–3 liegt der Teilwert über den Anschaffungskosten; Teilwertabschreibungen entfallen hier 4 5 6 7 8 9
Verkaufspreis 800 800 800 800 800 800
  • jeweils 12,5 % von 800 für Gewinn und VV-Kosten
./.200 ./.200 ./.200 ./.200 ./.200 ./.200
  • künftige Lagerkosten (Prozentsatz x 500 EUR)
./.105 ./.135 ./.165 ./.210 ./.270 ./.340
= Teilwert 495 465 435 390 330 260
– Anschaffungskosten 500 500 500 500 500 500
Erforderliche Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert 5 35 65 110 170 240
Teilwertabschreibung in % der Anschaffungskosten 1 % 7 % 13 % 22 % 34 % 48 %
[1] Hierzu ausführlich Sauren, Teilwertabschreibungen in der Steuerbilanz auf Warenbestände von Handelsunternehmen, DStR 2017, S. 408.

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